Wegen dramatischer Engpässe in den USA fliegt die US-Regierung über ihren Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz weitere Säuglingsmilchnahrung ein.
Die US-Regierung kündigte am Sonntagabend für die kommenden Tage einen zweiten Flug von Ramstein aus in die USA an. Mit der Maschine werde Babynahrung des Schweizer Herstellers Nestlé in die US-Hauptstadt Washington geflogen und von dort aus in ein Nestlé-Werk im Bundesstaat Pennsylvania gebracht, teilte das Weiße Haus mit. Dann werde die spezielle Säuglingsmilchnahrung für Babys mit Kuhmilch-Allergie von einem Logistikunternehmen in den Vereinigten Staaten weiterverteilt.
Am Sonntag war eine Militärmaschine mit einer ersten Lieferung von Spezial-Babynahrung von Ramstein aus nach Indianapolis im US-Bundesstaat Indiana geflogen. US-Präsident Joe Biden schrieb während seiner Asien-Reise auf Twitter, an Bord der ersten Militärmaschine seien mehr als 70.000 Pfund (knapp 32 Tonnen) Säuglingsmilchnahrung gewesen. »Unser Team arbeitet rund um die Uhr, um allen, die es brauchen, sichere Babynahrung zukommen zu lassen.«
Produktion in großer Fabrik gestoppt
Hintergrund der Engpässe ist der Ausfall einer Fabrik von Abbott, dem größten Hersteller von Säuglingsmilchnahrung in den USA. Abbott hatte mehrere Produktlinien zurückgerufen, nachdem möglicherweise wegen bakterieller Verunreinigungen vier Säuglinge erkrankt und zwei gestorben waren. Die Produktion in einem Werk der Firma im Bundesstaat Michigan wurde im Februar vorerst gestoppt.
Biden hat die Engpässe zur Chefsache erklärt und unter anderem ein für Kriegszeiten gedachtes Gesetz aktiviert, um die Produktion anzukurbeln. Das Weiße Haus teilte mit, auf Basis dieses Gesetzes werde Abbott und einem weiteren Hersteller Priorität bei der Bestellung von Zutaten für Babynahrung gewährt. So könne Abbott beispielsweise trotz Engpässen in Versorgungsketten mit Vorrang Rohstoffe wie Zucker und Maissirup bestellen.
Zusätzlich hatte Biden vergangene Woche die »Operation Fly Formula« (in etwa: »Operation Babynahrung Fliegen«) ausgerufen. Das Weiße Haus hatte mitgeteilt, wegen der Dringlichkeit würden dafür zunächst Militärflugzeuge aus Ramstein eingesetzt, weil am Wochenende keine kommerziellen Flüge verfügbar gewesen seien. Künftig würden die meisten Lieferungen aber mit kommerziellen Fliegern abgewickelt.
Abbott-Chef kündigt Maßnahmen an
Abbott-Chef Robert Ford hatte am Samstag sein Bedauern über die Engpässe und die Konsequenzen ausgedrückt. »Es tut uns leid für jede Familie, die wir im Stich gelassen haben, seit unser freiwilliger Rückruf den Mangel an Babynahrung in unserem Land verschärft hat«, schrieb Ford in einem Gastbeitrag in der »Washington Post«. Man glaube dennoch, dass der Rückruf richtig gewesen sei. »Wir werden keine Risiken eingehen, wenn es um die Gesundheit von Kindern geht.« Man wisse, dass wegen fehlender Abbott-Spezialnahrung einige Kinder, die andere Nahrung und Milch nicht verdauen könnten, ins Krankenhaus gekommen seien. »Das ist tragisch und herzzerreißend.«
Ford kündigte Maßnahmen an, um die Engpässe zu überwinden. Der Herstellung dieser Spezialnahrung werde die höchste Priorität eingeräumt, schrieb der Abbott-Chef. Den betroffenen Familien solle mit einem Fonds von 5 Millionen Dollar (4,73 Millionen Euro) geholfen werden. Außerdem sei nun ein anderes Abbott-Werk, das sonst Produkte für Erwachsene herstelle, auf Babynahrung umgestellt worden. Zusätzlich werde Babynahrung von einer Fabrik in Irland eingeflogen. Man gehe davon aus, das Werk in Michigan in der ersten Juniwoche wieder öffnen zu können. Abbott investiere außerdem in Maßnahmen, damit es nicht wieder zu solchen Engpässen komme.
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