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US-Jury verurteilt Bayer zu zwei Milliarden Schadenersatz

Bayer muss im Streit um die Frage, ob der umstrittene Wirkstoff Glyphosat krebserregend ist, in den USA erneut eine Niederlage einstecken. Der Pharmariese will Rechtsmittel einlegen.

Roundup
Das Unkrautvernichtungsmittel »Roundup« in einem Ladenregal in San Francisco. Foto: Haven Daley/AP
Das Unkrautvernichtungsmittel »Roundup« in einem Ladenregal in San Francisco. Foto: Haven Daley/AP

OAKLAND. Neue Niederlage für Bayer vor einem US-Gericht: Der Agrarchemie- und Pharmakonzern hat auch den dritten wichtigen Prozess um womöglich krebserregende Produkte der Tochter Monsanto verloren.

Die Geschworenen-Jury des zuständigen Gerichts im kalifornischen Oakland verurteilte das Unternehmen am Montag zu Schadenersatz in Höhe von insgesamt über zwei Milliarden Dollar (1,78 Milliarden Euro) an die beiden Kläger. Ein Rentnerehepaar macht geltend, wegen des von der Bayer-Tochter Monsanto erzeugten, hochumstrittenen Wirkstoffs Glyphosat an Krebs erkrankt zu sein.

Der größte Teil der Zahlung entfällt auf sogenannten Straf-Schadenersatz, wofür es im deutschen Recht keine Entsprechung gibt. Bayer macht für die Krebserkrankungen der beiden Kläger umfangreiche Vorerkrankungen verantwortlich und kündigte umgehend an, Rechtsmittel einzulegen. Es gebe keine wissenschaftlichen Beweise, dass es ohne den Einsatz von Glyphosat nicht zu der Krebserkrankung gekommen wäre.

Man sei von der Entscheidung enttäuscht, erklärte das Unternehmen in einer Stellungnahme. Das Urteil der Jury stehe in direktem Widerspruch zu der Einschätzung der US-Umweltbehörde EPA, die erst im vergangenen Monat im Rahmen der vorläufigen Zulassungsüberprüfung veröffentlicht worden sei. Die Kläger hätten dagegen nur Teile von Studien angeführt, die so nicht ausreichend belastbar seien.

Während des Ende März begonnenen Prozesses hatte die Anklage immer wieder versucht, die Geschworenen nicht nur davon zu überzeugen, dass Monsantos Produkte Krebs verursachen, sondern auch, dass etwa mit manipulierten Studien Risiken verschleiert wurden.

Für Bayer ist der Fall hochbrisant: Es ist bereits der dritte Schuldspruch innerhalb weniger Monate und weitere Prozesse werden folgen. Zuletzt war der Konzern in den USA nach eigenen Angaben mit rund 13.400 Klagen wegen des Unkrautvernichters Roundup konfrontiert. Bayer hat in den ersten beiden Fällen Berufung eingelegt. Der Konzern weist Gesundheitsgefahren von Monsanto-Produkten vehement zurück.

Bayer vertritt dagegen die Auffassung, dass auf dem Wirkstoff Glyphosat basierende Produkte, darunter das Unkrautvernichtungsmittel Roundup seit mehr als 40 Jahren erfolgreich in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Regulierungsbehörden in aller Welt hätten diese Herbizide bei sachgemäßer Anwendung als sicher eingestuft.

Angesichts der sich häufenden Schlappen vor US-Gerichten wird die Lage für Bayer und Konzernchef Werner Baumann jedoch kritischer. Der Aktienkurs hat bereits gelitten, bei der Hauptversammlung im April verpassten die Aktionäre der Bayer-Führung einen historischen Denkzettel und verweigerten Baumann die Entlastung. Der Börsenwert des Konzerns liegt mittlerweile deutlich unter den rund 63 Milliarden Dollar (56 Mrd Euro), die sich die Leverkusener den Monsanto-Kauf vergangenes Jahr hatten kosten lassen.

Auch wenn Bayer sich bislang beharrlich dagegen sträubt, dürften Verhandlungen über einen Vergleich mit US-Klägern durch die dritte Niederlage im dritten Prozess wahrscheinlicher werden. US-Richter Vince Chhabria, bei dessen Bundesbezirksgericht in San Francisco mehrere Hundert Klagen von Landwirten, Gärtnern und Verbrauchern gebündelt sind, drängte bereits im April auf eine gütliche Einigung der Streitparteien. Sollten die beiden Seiten keine einvernehmliche Lösung finden, werde ein Mediator gerichtlich bestellt.

Offiziell geht Bayer davon aus, dass das Geschworenen-Urteil aus Oakland keinen Einfluss auf weitere Verfahren hat. Es werde einige Zeit dauern, bis der gesamte Verfahrenskomplex abgeschlossen sei, hieß es. Bislang habe noch kein Fall die Berufung durchlaufen, bei der wichtige rechtlich relevante Entscheidungen der Verfahren bewertet würden. (dpa)