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Thomas-Cook-Insolvenz gibt Tui Rückenwind

Die Boeing-Krise lässt den Reisekonzern Tui einfach nicht los. Das Sommergeschäft brummt dennoch, auch wegen der Insolvenz des Konkurrenten Thomas Cook. Der Konzernchef sieht sogar einen Rekord.

Hauptversammlung Tui
Der Vorstandsvorsitzende der Tui Group, Friedrich Joussen auf der Hauptversammlung. Foto: Peter Steffen/dpa
Der Vorstandsvorsitzende der Tui Group, Friedrich Joussen auf der Hauptversammlung. Foto: Peter Steffen/dpa

Hannover (dpa) - Das Flugverbot für den Unglücksflieger Boeing 737 Max trübt weiterhin das Geschäft des weltgrößten Reisekonzerns Tui.

»Der Ausfall bedeutet einen enormen wirtschaftlichen Schaden«, sagte Tui-Chef Fritz Joussen bei der Hauptversammlung am Dienstag in Hannover. Hoffnung macht Tui dagegen der Reiseabsatz im Sommer, der nach der Insolvenz des Rivalen Thomas Cook deutlich steigen soll.

Die Boeing-Krise belaste den Tui-Konzern in diesem Jahr mit rund 350 Millionen Euro, sagte Joussen. Im vergangenen Geschäftsjahr waren es rund 300 Millionen Euro. »Das sind sehr hohe Werte, sie liegen aber für dieses Jahr innerhalb unserer Prognose.« Derzeit werde mit Boeing über Schadenersatz verhandelt.

Besserung ist bei den Fliegern noch nicht in Sicht. »Wir erwarten in diesem Geschäftsjahr keine Auslieferung der Max-Jets mehr«, sagte Joussen. Bis zu 34 Flugzeuge des Typs 737 Max müsse Tui dieses Jahr ersetzen. Der Tui-Chef sicherte aber zu: »Wir fliegen unseren Flugplan und streichen keine Flüge.«

Die Buchungen zeigten, dass das operative Geschäft nach der Insolvenz von Thomas Cook gut laufe. »Alleine bei den wichtigen Sommerbuchungen wachsen wir derzeit mit 14 Prozent.« Nach dem Cook-Aus habe Tui »praktisch sofort deren Hotels in unser Programm aufgenommen«. Der Januar 2020 sei zudem »der mit Abstand beste Buchungsmonat der Firmengeschichte« gewesen, sagte Joussen. »Der Reisemarkt in Deutschland und Großbritannien wird voraussichtlich schrumpfen, aber wir werden Marktanteile gewinnen.« Aufsichtsratschef Dieter Zetsche betonte mit Blick auf Thomas Cook, »dass wir nicht in der Entwicklung verharren dürfen, sondern uns konsequent weiterentwickeln müssen«.

Die Art des Tourismus, an der Tui verdient, hat aber auch Kritiker. So protestierte die Tierrechtsorganisation Peta vor der Tui-Arena mit Videos aus Delfinarien und Slogans wie »Tui profitiert vom Leid der Orcas«. Auch das wachsende Kreuzfahrtgeschäft stößt Umweltschützern sauer auf. Die Geschäfte von Tui seien »derzeit nicht mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens vereinbar«, sagte Daniel Rieger von der Naturschutzorganisation Nabu vor der Hauptversammlung.

Erst vor wenigen Tagen hatte Tui mitgeteilt, dass das Geschäft mit Luxus-Kreuzfahrten weiter wachsen soll. Dafür wird die Zusammenarbeit mit dem Branchenriesen Royal Caribbean Cruises ausgeweitet.

Einen weiteren Trend sieht der Chef von Tui Deutschland, Marek Andryszak, darin, den Urlaub ohne Kinder verbringen. »Die Tui hat sehr viele Familienhotels im Angebot. Aber die Zielgruppe «Adults only» wird immer bedeutender in Deutschland«, sagte Andryszak in einem Interview des Redaktionsnetzwerks Deutschland. »Ich halte das für legitim, dass ein Elternpaar auch mal sagt: Wir brauchen jetzt ein Wochenende ohne Kinder.«

Für das laufende Geschäftsjahr bis Ende September erwartet Tui ein Umsatzplus im hohen einstelligen Prozentbereich. Der um Sonderposten bereinigte operative Gewinn soll zwischen 850 Millionen und 1,05 Milliarden Euro liegen. Damit ist die Untergrenze zwar 100 Millionen Euro niedriger als zuletzt angekündigt. Doch dafür hat Tui erstmals die Mehrkosten für eine über den gesamten Sommer verlängerte 737-Max-Krise eingerechnet - ebenso wie zu erwartende Schadenersatzzahlungen von Boeing.

Im ersten Geschäftsquartal bis Ende Dezember stieg der saisontypische operative Verlust im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 77 Prozent auf rund 147 Millionen Euro. Miete und Mehrkosten für Ersatzflugzeuge summierten sich auf 45 Millionen Euro. Unter dem Strich verringerte sich der Nettoverlust allerdings um fast acht Prozent auf 129 Millionen Euro.

Reiseanbieter schreiben in der reiseschwachen Wintersaison in der Regel rote Zahlen, weil sie ihre Fixkosten nicht decken können. Ihre Gewinne fahren sie vor allem in der Hauptreisezeit im Sommer ein.