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Starke Stürme, Hitze, Dürre werden häufiger

Die Welt scheint unruhiger zu werden. In einigen Regionen der Erde nimmt die Häufigkeit und Schwere von Naturkatastrophen zu. Dementsprechend werden nach einer Analyse der Munich Re auch die Schäden größer.

Hurrikan »Ian« in Florida
Die Luftaufnahme zeigt schwere Schäden nach dem Hurrikan Ian in Fort Myers in Florida. Foto: Joe Cavaretta
Die Luftaufnahme zeigt schwere Schäden nach dem Hurrikan Ian in Fort Myers in Florida.
Foto: Joe Cavaretta

Zunehmend heftige Stürme und extreme Wetterlagen lassen nach Einschätzung des Rückversicherers Munich Re in den kommenden Jahren steigende Naturkatastrophenschäden auf der Erde befürchten. Im vergangenen Jahr verursachten Überschwemmungen, Stürme, Waldbrände und andere Katastrophen weltweit volkswirtschaftliche Schäden von 270 Milliarden Dollar (251,53 Mrd. Euro), wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte.

Das war zwar weniger als 2021 mit Schäden von 320 Milliarden Dollar, reihte sich aber in die »schadenintensiven« vergangenen fünf Jahre ein. Finanziell schwerwiegendste Katastrophe des vergangenen Jahres war demnach mit 100 Milliarden Dollar Schaden der Hurrikan »Ian«, der Ende September die US-Ostküste traf.

Teurere Naturkatastrophen

Naturkatastrophen werden auch für Versicherungen zunehmend teuer: Von den 270 Milliarden Dollar Gesamtschaden waren rund 120 Milliarden versichert. »Wir haben so etwas wie eine neue Normalität mit 100 Milliarden jährlichen Schäden für die Versicherungswirtschaft«, sagte Ernst Rauch, Leiter der Geoforschung bei der Munich Re. »Wir haben in der jüngeren Vergangenheit fünfmal diese Grenze überschritten. In Zukunft werden wir die hundert Milliarden immer häufiger erreichen oder überschreiten.«

Die Munich Re dokumentiert seit Jahrzehnten Naturkatastrophen, da die Daten für die Berechnung der Versicherungsbeiträge von Bedeutung sind. Nordamerika wird häufig am schwersten getroffen, so auch im vergangenen Jahr mit 150 Milliarden Dollar Gesamtschaden.

Hurrikane sind dabei ein maßgeblicher Faktor. »Die Hurrikanstatistik im Atlantik geht bis 1851 zurück«, sagte Rauch. »Im Mittel gab es seither etwa elf bis zwölf benannte tropische Wirbelstürme pro Jahr, allerdings sind die Beobachtungsdaten aus früheren Jahrzehnten nicht unbedingt vollständig.«

Mehr Stürme im Nordatlantik

Gesicherte Daten gebe es seit Beginn der Satellitenbeobachtung Ende der 1970er Jahre. »Und seither hatten wir eine durchschnittliche Zahl von etwa 14 bis 15 benannten Stürmen pro Jahr, viele davon in Hurrikanstärke. Auch unsere Beobachtung in den letzten Jahren ist, dass die Zahl der Stürme im Nordatlantik zugenommen hat.«

Die Munich Re geht davon aus, dass der für die US-Ostküste und die Karibik beunruhigende Trend anhält: »Zugenommen hat auch der Anteil der besonders starken Stürme, und dieser wird im Zuge des Klimawandels weiter zunehmen«, sagte Rauch.

An zweiter Stelle der Naturkatastrophenschäden folgt die Region Asien/Pazifik mit rund 70 Milliarden Dollar. Die Schäden in Europa beliefen sich auf etwa 25 Milliarden. Ungewöhnlich waren nach Einschätzung der Geowissenschaftler des Unternehmens vor allem extreme Trockenheit und Temperaturen.

"In Hamburg und in London hatten wir erstmals über 40 Grad, und wieder - ähnlich wie 2018 - eine starke Dürre gesehen", sagte Rauch. Es gibt nicht viele Jahre, in denen man in Deutschland den Klimawandel so unmittelbar spüren kann." Rauchs Erwartung für die Zukunft: "Diese Kombination von Hitze und Dürre werden wir in Zukunft öfter sehen."

Nach Auswertungen des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus war der Sommer 2022 der wärmste bisher gemessene in Europa, das Gesamtjahr 2022 das zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen 1979. Heißer war bislang nur das Jahr 2020.

Gravierendere Schäden durch Naturkatastrophen

Hinzu kommt, dass einzelne Naturkatastrophen mittlerweile in manchen Weltregionen sehr viel gravierendere Schäden als in der Vergangenheit verursachen: »Die Überschwemmungen in Australien zeigen eine sprunghafte Schadenentwicklung, die wir in manchen Ländern und bei manchen Naturgefahren zunehmend beobachten«, sagte Rauch. So summierten sich die Flutschäden in Australien auf 4,7 Milliarden Dollar, deutlich mehr als das Doppelte des bis dahin größten Überschwemmungsschadens von 1,8 Milliarden.

Das betrifft auch Deutschland: »Im Ahrtal übertraf der versicherte Schaden mit acht Milliarden Euro den vorherigen Schadenrekord durch Hochwasser in Deutschland um den Faktor vier«, nannte Rauch die Flut des Sommers 2021 als Beispiel.

Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) rief die deutsche Politik daher auf, mehr für Vorbeugung und Schadenbegrenzung zu tun: »Prävention und Klimafolgenanpassung sind der Dreh- und Angelpunkt, um Naturkatastrophen wie die Ahrtalflut zu verhindern«, sagte Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. »Wir Versicherer appellieren an die Politik, dies in der Diskussion um eine Elementarschadenabsicherung in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen zu stellen.« Das bezieht sich auf die immer wieder aufflammenden Debatten um eine Versicherungspflicht gegen Überschwemmungen und Hochwasser für Hausbesitzer.

Europa erwärmt sich am stärksten

Nach den Analysen des EU-Programms Copernicus sind die Temperaturen in Europa in den vergangenen 30 Jahren mehr als doppelt so schnell gestiegen wie im globalen Durchschnitt, von allen sieben Kontinenten erwärmt sich Europa am stärksten. Die Konzentrationen von Kohlendioxid und Methan in der Atmosphäre sind demnach 2022 auf Rekordwerte gestiegen: Im Jahresdurchschnitt auf 417 ppm (Teile pro Million) für Kohlendioxid und 1894 ppb (Teile pro Milliarde) für Methan.

Die Messungen zeigten, »dass die atmosphärischen Konzentrationen weiter ansteigen, ohne dass es hierbei Anzeichen für eine Verlangsamung gibt«, sagte Vincent-Henri Peuch, Leiter des Copernicus-Monitoring-Dienstes. Grundlage der Beobachtungen sind Messungen am Boden, in Luft und Wasser sowie von Erdbeobachtungs- und Wettersatelliten.

© dpa-infocom, dpa:230110-99-164321/4