FRANKFURT/MAIN. Passagiere der Lufthansa müssen an diesem Sonntag (20. Oktober) in Frankfurt und München mit Flugausfällen und Verspätungen rechnen - wenn es nach dem Willen der Gewerkschaft Ufo geht.
Die hat sämtliche Flugbegleiter und Kabinenchefs (Purser) der Kerngesellschaft Lufthansa zu einem Warnstreik zwischen 06.00 und 11.00 Uhr aufgerufen, wie der Vize-Vorsitzende Daniel Flohr in einer Video-Botschaft verkündet hat.
Anders als bei ähnlichen Ankündigungen in den Vorjahren will Lufthansa den Flugplan vollständig aufrechterhalten und keinerlei Verbindungen vorsorglich absagen. Man sei sehr zuversichtlich, sämtliche Flüge stattfinden zu lassen, erklärte eine Unternehmenssprecherin in Frankfurt. Die Warnstreiks seien rechtswidrig, so dass auch rechtliche Schritte geprüft würden.
Die Ufo drohte mit weiteren Arbeitskämpfen in anderen Flugbetrieben des Konzerns in Deutschland. Man habe auch für die Gesellschaften Germanwings, Eurowings, Cityline und SunExpress streikfähige Tarifforderungen aufgestellt. In der kommenden Woche sollten die jeweiligen Tarifkommissionen über Urabstimmungen zu unbefristeten Streiks beraten. Flohr warf dem Lufthansa-Konzern vor, einen Machtkampf gegen die Spartengewerkschaften im Hause zu führen. Das hätten auch die Piloten von der Vereinigung Cockpit erlebt.
Tatsächlich zweifelt Lufthansa schon länger die Legitimität des einst siebenköpfigen Vorstands der Ufo an, dem neben Flohr noch die Vorsitzende Sylvia De La Cruz und Julia Trojan angehören. Die gewerkschaftliche Tariffähigkeit der Ufo will der DAX-Konzern in einem Gerichtsverfahren überprüfen lassen. Zuletzt hatte das Arbeitsgericht Frankfurt in erster Instanz festgestellt, dass Ufo die Tarifverträge bei der Lufthansa-Kerngesellschaft rechtmäßig gekündigt hat. Weitere Prozesse und Gerichtsentscheidungen will die Gewerkschaft nach eigener Ankündigung nicht abwarten, weil Lufthansa ständig neue Vorwürfe erhebe.
Die Spartengewerkschaft Ufo ist seit 2002 Tarifpartner des Airline-Konzerns, Streiks der Flugbegleiter hatte sie in den Jahren 2012 und 2015 organisiert.
Vor dem Showdown am Sonntag legt Lufthansa härtere Bandagen an: Man werde alle Streikaktivitäten dokumentieren, Teilnehmern das Gehalt individuell kürzen und etwaige weitere Konsequenzen prüfen, heißt es in einem Brief des lufthansa-dominierten Arbeitgeberverbandes an die Gewerkschaft. In der Vergangenheit mussten die Flugbegleiter häufig gar nicht streiken, weil das Unternehmen die Flüge im Vorfeld abgesagt hatte. Auch die Streikkasse der Ufo wurde so geschont, weil kein Streikgeld ausgezahlt werden musste.
Für den Fall, dass Flieger stehenbleiben sollten, werde man Schadenersatz geltend machen, kündigte Lufthansa zudem an. »Das Unternehmen spekuliert anscheinend darauf, genügend Streikbrecher zu finden, die bereit sind, auf ihr Streikrecht zu verzichten. Das Risiko von kurzfristigen Streichungen, falls dies misslingt, ist den Kunden gegenüber völlig unverantwortlich«, erklärte dazu Flohr.
Die Lufthansa strebe mit der Konkurrenz-Gewerkschaft Verdi einen neuen Tarifvertrag für die Kabine an, sagte Flohr. Über Inhalte sei man sich bereits weitgehend einig. »Hier werden Tarifgeschenke verteilt, um die unbequeme Ufo loszuwerden«, sagte Flohr.
Eine Verdi-Sprecherin bestätigte in Berlin aber lediglich, dass man am vergangenen Freitag Lufthansa zu Gesprächen über verschiedene Tarifthemen aufgefordert habe, die den eigenen Mitgliedern auf den Nägeln brennen. Diese Option werde nun geprüft, so die Lufthansa. Aber auch mit einer satzungsgemäß aufgestellten Ufo wolle man in Zukunft Tarifverträge abschließen können. Es ist unklar, welche der beiden Gewerkschaften bei der Lufthansa-Kernmarke mehr Flugbegleiter organisiert.
Ufo hat einen heftigen internen Führungsstreit hinter sich, in dessen Verlauf zahlreiche Vorstände und Beiratsmitglieder zurückgetreten sind, darunter der langjährige Vorsitzende Nicoley Baublies, der zwischenzeitlich auch aus seinem Lufthansa-Job entlassen worden ist. In Medien wurde über einen deutlichen Mitgliederschwund spekuliert. Bei einer Mitgliederversammlung am 1. November muss sich der verbliebene Rumpfvorstand Abwahlanträgen stellen.