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Schweizer UBS holt Ex-Chef Ermotti zurück

Jahrelang stand Sergio Ermotti an der Spitze der größten Schweizer Bank. Jetzt kehrt der Manager überraschend zurück. Auf ihn wartet die Integration der Rivalin Credit Suisse.

Sergio Ermotti
Die größte Schweizer Bank UBS holt Sergio Ermotti an die Konzernspitze zurück. Foto: Walter Bieri
Die größte Schweizer Bank UBS holt Sergio Ermotti an die Konzernspitze zurück.
Foto: Walter Bieri

Profifußballer wollte Sergio Ermotti (62) eigentlich werden, der alte neue Chef der Schweizer Großbank UBS. Und ein guter Schüler war er auch nicht. Darüber und wie wichtig es sei, nicht nur mit kühlem Kopf, sondern nach Bauchgefühl zu entscheiden, plauderte der Banker 2020 nicht mit einem Wirtschaftsjournal, sondern dem Boulevardblatt »Schweizer Illustrierte«. Ermotti, der nahbare Mann von nebenan: Nach so einer charismatischen Figur sehnte sich der Bankenplatz Schweiz nach dem Credit-Suisse-Debakel, um wieder Vertrauen aufzubauen.

Die »Neue Zürcher Zeitung« hat den Untergang der Credit Suisse auch an der schlechten Kommunikation der »knallharten Zahlenmenschen« an der Spitze festgemacht. Im Kontrast dazu blickte sie wehmütig auf den Ex-UBS-Chef zurück: »Sergio Ermotti, der mit Fotos seiner Joggingrunde und persönlichen Interviews den Leuten das Gefühl zu geben vermochte: «Ich bin einer von euch. Mir könnt ihr vertrauen.»«

Er kommt aus einfachen Verhältnissen

Hinter der Managerfassade den Menschen zu zeigen, das ist Ermotti. Der Mann, der dem Aussehen nach oft mit Hollywood-Herzensbrecher George Clooney verglichen worden ist, war auch dabei, als vor ein paar Jahren unter Promis die Eiskübel-Challenge umging - sich für einen guten Zweck einen Eimer Eiswasser über den Kopf zu schütten.

Ermotti wuchs im italienischsprachigen Tessin auf, seine Eltern waren aus Italien eingewandert. Sein Vater war Bankangestellter, die Familie nicht auf Rosen gebettet. Sein sehnlicher Wunsch als Junge, ein Fußballtrikot vom FC Lugano zu bekommen, war »nicht drin«, wie er der »Schweizer Illustrierten« sagte. Er absolvierte eine Banklehre bei einer kleinen Lokalbank im Tessin.

Von da an ging es aber schnell steil bergauf, über die Citibank, Merrill Lynch und andere Banken, Stationen etwa in London und New York, bis er 2011 bei der UBS landete. Er wurde als Krisenmanager angeheuert. Die Bank hatte schwere Jahre hinter sich. Sie musste nach einer risikoreichen Expansionsstrategie auf dem US-Markt in der globalen Finanzkrise 2008 von der Schweizerischen Nationalbank gerettet werden. Ermotti brachte die UBS wieder auf Kurs.

»Für mich ist das ein Ruf der Pflicht«

Nach seinem Rückzug 2020 wurde er in den Verwaltungsrat des Rückversicherers Swiss Re berufen und wurde 2021 dessen Präsident. Heute zählt Ermotti, seit rund 30 Jahren verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Söhnen, mit einem geschätzten dreistelligen Millionen-Vermögen zu den reichsten Schweizern.

Der Banker redet gerne von Werten: Fehler zugeben können, Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber, nicht mit Geld um sich schmeißen, Pflicht erfüllen. »Für mich ist das ein Ruf der Pflicht«, sagte er bei seiner Wiederernennung am Mittwoch. »Mir sind die Verantwortung und die Erwartung voll und ganz bewusst.« Er mischt sich auch politisch ein. Mit einem »Fünf-Pfeiler-Programm« sprach er sich 2015 unter anderem gegen neue Steuern und für eine enge Zusammenarbeit mit der EU aus. Mehr Selbstbewusstsein statt Selbstgefälligkeit forderte er in einem Vortrag 2021 über die »Zukunftsfähigkeit der Schweiz« in Schaffhausen.

Als er die UBS verließ, sagte Ermotti, ihm werde nicht die Macht, sondern das Adrenalin fehlen. »Du hast jeden Tag ein Problem zu lösen, deine Meinung ist gefragt, man muss Entscheidungen treffen. Du bist im Zentrum eines großen Systems. Das kreiert eine positive Energie.« Die hat der neue Bankenkoloss UBS dringend nötig, um die Übernahme der Credit Suisse erfolgreich zu verdauen.

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