Russland hat seine Auslandsschulden erstmals nur in Rubel statt in US-Dollar beglichen. Insgesamt geht es um Zahlungen für Eurobonds über 649,2 Millionen Dollar (595,3 Mio Euro).
Den eigentlich in Dollar zu zahlenden Betrag überwies das russische Finanzministerium diesmal in Rubel, nachdem eine amerikanische Korrespondenzbank sich geweigert hatte, die Zahlungsanweisung in der US-Währung auszuführen. Hintergrund sind die Sanktionen des Westens gegen Russlands Krieg in der Ukraine.
Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte am Mittwoch, dass es keinen Grund für einen Staatsbankrott gebe. »Russland verfügt über alle nötigen Ressourcen, um seine Auslandsschulden zu bezahlen«, betonte er. Zugleich klagte er, dass »erhebliche Summen unserer Reserven« im Ausland eingefroren und blockiert seien.
Sollte dieser Zustand anhalten, sei Russland gezwungen, auf Rubelzahlungen umzusteigen, sagte Peskow. Erst wenn auch die Rubelzahlungen blockiert würden, könne eine »künstliche Bankrottsituation« herbeigeführt werden.
Am Mittwoch hatte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, erklärt, dass Moskau die Wahl habe zwischen dem langsamen Auszehren der wertvollen Devisenreserven und der Erklärung des Staatsbankrotts.
Experten und Rating-Agenturen warnen angesichts des stark beschränkten Zugriffs auf Währungs- und Goldreserven schon seit Wochen vor einer drohenden Staatspleite Russlands. Allerdings dürfte es sich wegen der außergewöhnlichen Situation durch die Sanktionen zunächst nur um einen technischen oder teilweisen Zahlungsausfall handeln, nicht um eine staatliche Insolvenz im eigentlichen Sinne.
An den Finanzmärkten gilt das Risiko eines Zahlungsausfalls Russlands als fest einkalkuliert, aber aufgrund der relativ geringen internationalen Verflechtungen als überschaubar. Die meisten Analysten rechnen nicht mit einem Finanzmarktschock. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF, Kristalina Georgieva, bezeichnete das Engagement internationaler Banken in Russland im März als »definitiv nicht systemrelevant«.
Nach jüngsten Daten der Deutschen Bundesbank vom November 2021 beliefen sich die Forderungen deutscher Banken gegenüber Russland auf rund 6 Milliarden Euro. Einschließlich der Forderungen ihrer Auslandsfilialen und -töchter waren es etwa 7,5 Milliarden Euro. Das sind laut Bundesbank nur knapp 0,4 Prozent der gesamten Auslandsforderungen deutscher Institute. Die Wertpapiere von öffentlichen Haushalten in Russland, zu denen auch Staatsanleihen zählen, bei deutschen Banken beliefen sich auf 119 Millionen Euro.
Der letzte Zahlungsausfall Russlands erfolgte 1998 im Zuge fallender Ölpreise und der Asienkrise, betraf damals aber nur die Binnenschulden in Rubel. Sollte das Land seine Rechnungen bei internationalen Gläubigern nicht bezahlen, so wäre es das erste Mal seit der Russischen Revolution 1917, dass die Auslandsschulden nicht bedient werden. In der Regel greift bei Staatsanleihen aber zunächst eine 30-tägige Verzugsfrist, bevor ein Zahlungsausfall eintritt.
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