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Mehrere EU-Länder lehnen Gas-Solidaritätsabkommen ab

Um die Gasversorgung für besonders sensible Gruppen in der EU zu gewährleisten, sollen die Mitgliedstaaten seit 2018 sogenannte Solidaritätsabkommen zur Gaslieferung im Notfall abschließen. Doch bei einigen Verträgen mit Deutschland gibt es große Probleme.

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Eine Deutschlandflagge (r) und eine Europaflagge: Kommen alle Solidaritätsabkommen mit Deutschland zur Gaslieferung im Notfall zustande? Foto: Carsten Koall
Eine Deutschlandflagge (r) und eine Europaflagge: Kommen alle Solidaritätsabkommen mit Deutschland zur Gaslieferung im Notfall zustande?
Foto: Carsten Koall

Mehrere Nachbarländer wollen derzeit keine Abkommen mit Deutschland über gegenseitige Gaslieferungen in Notsituationen abschließen. Das geht aus einem aktuellen schriftlichen Bericht des Wirtschaftsministeriums für den Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte die »Welt« über das Schreiben berichtet.

Laut Schreiben gestaltet es sich mit einigen EU-Ländern gegenwärtig schwierig, diese Notfall-Gaslieferverträge abzuschließen. Deutschland habe bis dato mit Dänemark und Österreich ein Solidaritätsabkommen dieser Art abgeschlossen, heißt es. »Demgegenüber entziehen sich Belgien, Luxemburg, Niederlande sowie Polen den konstruktiven Verhandlungen und Abschlüssen der bilateralen Solidaritätsverträge mit uns.«

In den Solidaritätsverträgen sollen Prozesse und gegenseitige Verpflichtungen über Lieferungen von Erdgas geregelt werden, die »zur Gewährleistung der lebenswichtigen Erdgasversorgung geschützter Kunden (Haushaltskunden, soziale Dienste, im weiteren Sinn: Netzstabilität gewährleistende Gaskraftwerke)« gebraucht würden, heißt es in dem Papier.

Laufende Verhandlungen mit Tschechien und Italien

Auch in den derzeit laufenden Verhandlungen mit Tschechien und Italien gibt es Hürden. »Die italienische Seite kann aber erst wieder nach den Parlamentswahlen aktiv werden«, heißt es. Insgesamt würden die Gespräche dem Bericht zufolge häufig an den geplanten Entschädigungsregeln scheitern: »Sollte Gas in Deutschland enteignet werden müssen, um es den Nachbarländern zur Verfügung zu stellen, so müsste Deutschland den enteigneten Unternehmen u.a. Entschädigung für das Gas und ausgefallene Produktion zahlen; insbesondere die genannten Staaten lehnen diese auf Reziprozität basierende Regelung ab.« Aktuell seien deshalb »kaum Fortschritte bei einer Verhandlungsaufnahme für bilaterale Solidaritätsabkommen zu erwarten«.

Auf dpa-Anfrage verwies das Wirtschaftsministerium am Freitag auf die sogenannte Gasversorgungssicherheitsverordnung, die bereits Ende 2018 in Kraft getreten war. Danach seien über Leitungen miteinander verbundene EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, bilaterale Solidaritätsabkommen zur Versorgung besonders geschützter Kundengruppen abzuschließen.

Das Wirtschaftsministerium habe sich im Juli mit Tschechien darauf verständigt, bis zum Beginn des Winters einen Vertrag abzuschließen. Die Niederlande habe öffentlich erklärt, »dass es im Fall einer schweren Gasmangellage Deutschland in jedem Fall beistehen würde«. Mit anderen Ländern liefen die Verhandlungen.

© dpa-infocom, dpa:220909-99-694755/2