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Israel soll Gas über Ägypten nach Europa liefern

Eilig suchen Spitzenpolitiker nach Wegen, um Europa vom russischen Gas zu lösen - nun auch in Kairo und Jerusalem. Neue Gasexporte an die EU werden dabei als Durchbruch gefeiert. Hallen sie aber ins Gewicht?

EU-Kommissionspräsidentin in Ägypten
Ursula von der Leyen (l-r), Präsidentin der Europäischen Kommission, Tarek El-Molla, Ägyptens Minister für Öl und natürliche Ressourcen und die israelische Energieministerin Karine Elharrar bei ihrem Treffen in Kairo. Foto: Amr Nabil
Ursula von der Leyen (l-r), Präsidentin der Europäischen Kommission, Tarek El-Molla, Ägyptens Minister für Öl und natürliche Ressourcen und die israelische Energieministerin Karine Elharrar bei ihrem Treffen in Kairo.
Foto: Amr Nabil

Israel soll über Ägypten künftig verflüssigtes Gas nach Europa liefern. Während eines Besuchs von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Kairo am Mittwoch unterzeichneten Minister der beiden Länder eine entsprechende Absichtserklärung.

Für die europäische Seite unterschrieb EU-Energiekommissarin Kadri Simson. Die Einigung komme zu einer »sehr schwierigen Zeit« für die EU - während eines Kriegs auf europäischem Boden, sagte von der Leyen. Ziel seien fossile Brennstoffe von »vertrauenswürdigen Lieferanten«.

Der Erklärung zufolge soll Israel Gas ins benachbarte Ägypten liefern, das dort verflüssigt und mit Tankern nach Europa exportiert werden soll. Die Vereinbarung gilt zunächst für drei Jahre. Für Ägypten wie auch für den Nachbar Jordanien ist Israel dank einer bestehenden Leitung schon zu einem der wichtigsten Gaslieferanten geworden. »Was für ein besonderer Moment«, sagte von der Leyen.

Europa sucht andere Energiequellen

Mit der Einigung will sich die EU unabhängiger machen vom Gas aus Russland. Seit der russischen Invasion in der Ukraine sucht die EU zunehmend nach anderen Energiequellen. Der Krieg habe bei »unseren Freunden in Europa die schwerste Energiekrise der vergangenen Jahre« ausgelöst, sagte die israelische Energieministerin Karine Elharrar vor der Unterzeichnung.

Im Vergleich zu den russischen Importen dürften die erwarteten Mengen aus Israel allerdings kaum ins Gewicht fallen: Durch die Kairoer Einigung rechnet die EU-Kommission für 2023 mit Lieferungen von rund 10 Milliarden Kubikmetern Gas. Aus Russland führte die EU vergangenes Jahr dagegen mehr als das 15-Fache ein. Die Kommission hält es aber für möglich, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus Russland bis zum Jahresende um zwei Drittel zu verringern.

Pipeline in Planung

Im Mittelmeer ist seit Jahren eine 1900 Kilometer lange Pipeline in Planung, um Gas von Israel über Zypern nach Griechenland und damit in die EU zu leiten. Dieser Weg wäre billiger als die Umwandlung in Flüssiggas. Die EU ist schon jetzt der größte Importeur von Erdgas weltweit. Erdgas macht derzeit rund ein Viertel des Energieverbrauchs der EU aus. Ein Großteil davon wird eingesetzt, um Gebäude zu heizen.

Im östlichen Mittelmeer wurden große Gasvorkommen entdeckt, darunter die israelischen Felder Tamar und Leviathan und das ägyptische Zohr-Feld. Um diese konkurrieren Energiekonzerne wie Eni, BP und Total, die sich mit ihren Gas-Portfolios breiter aufstellen und sich unabhängiger machen wollen vom Öl.

Die Mittelmeeranrainer beraten im Gas-Forum EMGF schon länger über die Förderung und Nutzung der wertvollen Bodenschätze, die durch den Ukrainekrieg nun noch stärker in den Fokus gerückt sind. Jordaniens Energieminister sprach beim Treffen am Mittwoch von »globalen geopolitischen Spannungen«. Sein griechischer Amtskollege Kostas Skrekas sagte: »Wir haben die Energiesicherheit in Europa zu lange als selbstverständlich betrachtet.«

© dpa-infocom, dpa:220615-99-673168/3