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Heizungspläne: FDP hat Bedenken, SPD Änderungswünsche

Der Heizungstausch hat offiziell die Rückendeckung der Bundesregierung. Der Bundestag hat ihn aber längst noch nicht beschlossen. Mit jedem Tag wird deutlicher: Es stehen harte Verhandlungen an.

Wärmepumpe
Wärmepumpen sind in einem Heizungsraum zu sehen. Foto: Moritz Frankenberg
Wärmepumpen sind in einem Heizungsraum zu sehen.
Foto: Moritz Frankenberg

Nur wenige Tage nach der Verabschiedung der Pläne im Kabinett melden FDP und SPD weiteren Korrekturbedarf beim Heizungstausch an. Der FDP-Parteitag verabschiedete am Wochenende einen Antrag mit dem Titel »Gebäudeenergiegesetz: Smarter Klimaschutz statt Angriff auf das Eigentum«. SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach forderte beim geplanten schrittweisen Austausch von Öl- und Gasheizungen großzügige Ausnahmeregelungen für Krankenhäuser, Pflege- und Reha-Einrichtungen. CDU-Vertreter kritisierten die Pläne harsch.

Grünen-Fraktionschefin erinnert FDP an Verabredungen

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge erinnert nun den Koalitionspartner FDP an Vereinbarungen zum Heizungstausch. »Eine Partei oder Fraktion in Regierungszeiten verantwortungsvoll zu führen bedeutet, zu dem zu stehen, was man geeint hat«, sagte Dröge der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. »Wir gehen davon aus, dass die Absprachen und Zusagen, die die FDP gegenüber dem Kanzler und in der Koalition trifft, verlässlich sind.«

Die Bundesregierung hatte die Reform des so genannten Gebäudeenergiegesetzes am Mittwoch beschlossen, wenn auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) seine Bedenken zu Protokoll gab. Demnach bleibt es im Kern dabei, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Es dürften damit keine reinen Gas- oder Ölheizungen mehr neu installiert werden. Es soll aber Ausnahmen, Übergangsfristen und eine umfassende Förderung geben.

FDP: »Dogmatische Vorfestlegungen«

Der ursprüngliche Entwurf von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zur Reform des Gebäudeenergiegesetzes stehe beispielhaft für »die falsche Klima- und Energiepolitik der Grünen«, heißt es in einem FDP-Parteitagsbeschluss zum Thema. »Dogmatische Vorfestlegungen auf einzelne Technologien, planwirtschaftliche Regelungswut bis ins Detail und ignorante Überforderung der Betroffenen«. In einem anderen Beschluss unterstreichen die Delegierten: »Das Gebäudeenergiegesetz bedarf großer Änderungen, um mit den Zielen und Werten der Freien Demokraten in Einklang gebracht zu werden. Der Staat soll den Menschen in Deutschland ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen, doch das Gebäudeenergiegesetz greift tief in die freie Entscheidung der Menschen ein.« Die FDP hat also schwerwiegende und grundsätzliche Vorbehalte, der Parteitag machte den eigenen Abgeordneten im Bundestag aber keine kleinteiligen Vorgaben für die bevorstehenden Verhandlungen.

Spezifischere Forderungen nach Nachbesserungen kamen aus der SPD. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verlangte in der »Bild am Sonntag« (BamS) bei der Heizungserneuerung großzügige Ausnahmeregelungen für Krankenhäuser, Pflege- und Reha-Einrichtungen. »Wir werden nicht zulassen, dass steigende Energie- und Heizkosten Krankenhäuser in ihrer Existenz gefährden«, sagte er. Konkret soll es den Einrichtungen möglich sein, unter bestimmten Umständen auch in Zukunft etwa den Einbau einer neuen Gasheizung zu beantragen.

Auch Kritik an Plänen für Holz- und Pelletheizungen

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch meldete Skepsis mit Blick auf die von Habeck und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) geplanten Einschränkungen für die Nutzung von Holz- und Pelletheizungen an. Hauseigentümern müssten auch in Zukunft unterschiedliche Möglichkeiten des Heizens zur Verfügung stehen, »auch Biomasse«, sagte Miersch der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (NOZ). »Hauptsache mindestens 65 Prozent erneuerbar.« Miersch betonte: Die Umstellung auf klimafreundliche Heizungstechnologien müsse »für alle leistbar« sein. Laut Kabinettsbeschluss soll das Heizen mit Biomasse wie etwa Holz nur in Bestandsgebäuden eine Option bleiben, in denen andere Lösungen nicht machbar oder sinnvoll sind, etwa wegen des Denkmalschutzes.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer kritisierte die jüngsten klimapolitischen Pläne der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und SPD heftig. »Die Pläne dieser Regierung führen zu Deindustrialisierung und zu Aufruhr in der Bevölkerung«, sagte der CDU-Politiker der »Bild am Sonntag« (»BamS«). »Viele Bürger werden sich den geforderten Umbau ihres Häuschens oder ihrer Wohnung schlicht nicht leisten können.«

Die Bundesregierung plant einen Fördersatz von 30 Prozent für den Heizungstausch, kommen Zuschläge in Form so genannter Klimaboni hinzu, wären bis zu 50 Prozent Förderung möglich. CDU-Chef Friedrich Merz warnte vor unkalkulierbaren Folgen für den Bundeshaushalt. »Es werden Milliardenbeträge sein, die man jetzt den privaten Haushalten zur Verfügen stellen muss, um diese Entscheidung mit der Brechstange zu finanzieren«, sagte er im »Interview der Woche« des Deutschlandfunks. Finanzminister Lindner hätte deshalb im Kabinett sein Veto einlegen müssen.

Wirtschaftsminister Habeck seinerseits warf den Vorgängerregierungen unter Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mangelndes Engagement für den Kampf gegen die Erderwärmung vor. »Abstrakt fanden wir Klimaschutz gut, und damit konnte man in der Ära Merkel auch durchkommen, aber es wurde nie wirklich konkret, und jetzt wird es halt konkret«, sagte Habeck am Wochenende bei einer Veranstaltung der Tageszeitung »taz« in Berlin. »Wir müssen uns jetzt um das Konkrete kümmern. Und deswegen knirscht es so.« Zugleich warnte er davor, Klimaschutz als »Milieuthema« zu begreifen: »Wir können darüber streiten, was die besten Konzepte sind, aber wir sollten nicht darüber streiten, dass wir alle verantwortlich sind, Konzepte vorzulegen. Und das, glaube ich, bricht gerade auf.«

© dpa-infocom, dpa:230423-99-419012/4