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G7 wollen Preisdeckel für russisches Öl durchsetzen

Trotz westlicher Sanktionen verdient Russland mit Ölexporten Milliarden - während Verbraucher hierzulande unter hohen Energiepreisen leiden. Die G7-Staaten wollen dem einen Riegel vorschieben.

Russland - Öl
Tanks von Transneft, einem staatlichen russischen Unternehmen, das die Erdöl-Pipelines des Landes betreibt. Foto: Stringer
Tanks von Transneft, einem staatlichen russischen Unternehmen, das die Erdöl-Pipelines des Landes betreibt.
Foto: Stringer

Die G7 wirtschaftsstarker Demokratien wollen dafür sorgen, dass Russland weniger an seinem Öl verdient - und damit eine Finanzierungsquelle für den Krieg gegen die Ukraine austrocknen. Das Ziel ist ein internationaler Preisdeckel auf Importe von russischem Öl.

In einer gemeinsamen Erklärung forderten die G7-Finanzminister am Freitag alle ölimportierenden Länder auf, sich dieser Maßnahme anzuschließen. »Wir streben eine breite Koalition an, um die Effektivität zu maximieren«, erklärten sie. Ob das gelingt, ist allerdings zweifelhaft.

Maßnahme gegen die Inflation

Im Kern will man Russland dazu zwingen, Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis an große Abnehmer wie Indien zu verkaufen. Die Hoffnung ist, dass das zum einen die globalen Ölmärkte entspannt und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Energiepreise abfedert. Kombiniert mit einer Ausweitung der Produktion in den Erdöl exportierenden Ländern könne der Preisdeckel »wirklich die Inflation sehr deutlich eindämmen«, sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Berlin.

Zugleich würde Russland dadurch nicht mehr von Preisanstiegen für Öl profitieren und damit seine Kriegskasse füllen können. »Russland erzielt gegenwärtig hohe Gewinne aus dem Export von Rohstoffen wie Öl und dem wollen wir entschieden entgegentreten«, betonte Lindner. »Wir wollen also die Einnahmen Russlands einschränken und gleichzeitig den wirtschaftlichen Schaden für unsere Gesellschaft reduzieren.«

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die geplanten neuen Energiesanktionen als ein Zeichen der Unterstützung für sein vom Krieg gezeichnetes Land. »Die Zeit für die Sanktionen ist längst überfällig«, sagte der Staatschef in einem am Freitag in Kiew verbreiteten Video. »Die Sanktionen werden nicht nur den Fluss der Petro-Dollars und Gas-Euros nach Moskau begrenzen, sondern auch Gerechtigkeit wiederherstellen für alle Europäer, die von Russland erpresst werden mit einer künstlich heraufbeschworenen Preiskrise auf dem Energiemarkt.«

Russland drohte für den Fall einer Umsetzung mit Gegenmaßnahmen. Man werde dann nur noch an Länder liefern, die zu Marktbedingungen arbeiteten, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut Staatsagentur Tass. Länder, »die sich einer möglichen Preisobergrenze anschließen, werden nicht zu den Empfängern von russischem Öl gehören«. Peskow sprach von einer absurden Entscheidung im Interesse der USA.

Der Preisdeckel muss global organisiert werden

Den Plänen der G7-Finanzminister zufolge soll der Seetransport von Rohöl und Erdölprodukten russischen Ursprungs weltweit nur noch möglich sein, wenn das Öl unter einem bestimmten Preis gekauft wurde. Funktionieren könnte der Preisdeckel, indem wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen für Öltransporte an die Einhaltung der Regelung geknüpft werden. Diese sind weitgehend in westlicher Hand, etwa in Großbritannien.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zuletzt betont, ein Preisdeckel wirke nur, wenn er global organisiert sei. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte am Donnerstag in der ZDF-Sendung »Maybrit Illner«, »eine große Zahl von Ländern international« sei nötig. »Das scheint sich jetzt abzuzeichnen, dass wir dieses Ziel erreichen«. Auf die Frage, ob auch China dabei sei, sagte sie: »Nicht alle sind an Bord.«

Lindner warb für die Regelung: »Davon können natürlich insbesondere auch die Staaten mit geringerem Einkommen profitieren, die sonst die gestiegenen Preise in Dollar kaum bezahlen können.« Russisches Öl werde nicht komplett vom Markt genommen, Haushalte und Betriebe könnten weiter versorgt werden, die Einnahmen des russischen Präsidenten Wladimir Putin aber würden gekappt.

Die G7 selbst verpflichteten sich mit der Erklärung, den Preisdeckel in ihren eigenen Staaten rasch umzusetzen. In der EU wurden ein Öl-Embargo gegen Russland und ein Verbot von Dienstleistungen für Schiffstransporte bereits beschlossen. Beim Preisdeckel setze man auf Einstimmigkeit der 27 Mitgliedsländer, hieß es. Angestrebt werde eine Umsetzung im zeitlichen Rahmen des sechsten EU-Sanktionspakets.

Von der Leyen kann sich auch Deckel für Gas vorstellen

Auf eine genaue Höhe der Preisobergrenze legten sich die Finanzminister der G7 zunächst nicht fest. Das hänge auch von technischen Fragen ab. Der Deckel solle transparent kommuniziert und seine Wirkung eng beobachtet werden.

Die USA rechnen damit, dass die Preisobergrenze Russland deutlich schaden wird. »Sie wird sowohl Russlands Fähigkeit beeinträchtigen, seinen ungerechtfertigten Krieg in der Ukraine zu führen, als auch den Verfall der russischen Wirtschaft beschleunigen«, erklärte US-Finanzministerin Janet Yellen. Zur »Gruppe der 7« gehören neben Deutschland und den USA auch Kanada, Großbritannien, Frankreich, Japan und Italien.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen brachte zusätzlich zum Ölpreisdeckel eine Preisobergrenze auch für russisches Gas ins Spiel. »Ich bin der festen Überzeugung, dass es jetzt Zeit ist für einen Preisdeckel auf russischem Pipeline-Gas nach Europa«, sagte sie auf einer Klausur der Unionsfraktion. Zuvor hatte die EU-Kommission in einem Entwurf von einem Preisdeckel am Großhandelsmarkt innerhalb der EU als Notfallmaßnahme abgeraten, da dies Angebot und Nachfrage verzerren könnte.

© dpa-infocom, dpa:220902-99-600392/13