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EU will Dauer von Privatinsolvenzen verkürzen

Die Hoffnung auf einen schnelleren Neustart nach einer Pleite hat sich für viele Verbraucher bislang nicht erfüllt. Die Bilanz der Insolvenzrechtsreform fällt mager aus. Das könnte sich nun ändern.

Privatinsolvenz
Antrag zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Die EU will die Dauer von Privatinsolvenzen verkürzen. Foto: Alexander Heinl
Antrag zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Die EU will die Dauer von Privatinsolvenzen verkürzen. Foto: Alexander Heinl

FFRANKFURT. Verbraucher in der Schuldenfalle können hoffen: Sie sollen nach einer Pleite künftig schneller die Chance auf einen schuldenfreien Neuanfang bekommen. Die EU will die Laufzeit von Privatinsolvenzen auf drei Jahre verkürzen.

Dies ist in bestimmten Fällen in Deutschland zwar möglich. Allerdings schaffen es bislang nur die wenigsten Betroffenen. Zuletzt waren es nach Daten der Wirtschaftsberatung Crif Bürgel 5,8 Prozent. Aus Sicht von Insolvenzrechtsexperten sind die Hürden für die meisten zu hoch.

Denn nur, wer innerhalb von drei Jahren mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen sowie die Kosten des Verfahrens für das Gericht und den Insolvenzverwalter stemmt, kann vorzeitig von der Restschuld befreit werden. Die reguläre Laufzeit einer Privatinsolvenz in Deutschland beträgt aktuell sechs Jahre.

Das könnte sich nun ändern. Europäisches Parlament, Rat und Kommission haben sich jüngst auf eine Verkürzung auf drei Jahre geeinigt. Die entsprechende Richtlinie dürfte voraussichtlich im Sommer vorliegen. »Sie sollte zügig in deutsches Recht umgesetzt werden«, mahnte Kai Henning, Fachanwalt für Insolvenzrecht. »Die Richtlinie sieht vor, dass der Schuldner innerhalb von drei Jahren eine Entschuldung erreichen können muss. Die bisherige deutsche Regelung wird so nicht bleiben können.«

Das Bundesjustizministerium erklärte auf Anfrage, man werde sich nach der endgültigen Verabschiedung der Richtlinie so schnell wie möglich an die Umsetzung machen.

Von den neuen Vorschriften dürften allerdings nur Verbraucher profitieren, die in Zukunft in die Schuldenfalle geraten. »Eine Anwendung des künftigen Systems auf Altfälle wäre sehr ungewöhnlich«, sagte Henning, der Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist. Die Experten hatten bereits in der Vergangenheit einen Erlass der restlichen Schulden grundsätzlich nach drei Jahren ohne jede Quote gefordert - auch um die Justiz zu entlasten.

Nach Berechnungen von Crif Bürgel erreichten seit Inkrafttreten der Insolvenzrechtsreform im Sommer 2014 insgesamt 7,4 Prozent der Betroffenen einschließlich ehemals Selbstständiger die Restschuldbefreiung nach drei Jahren. Crif Bürgel wertete Daten der Amtsgerichte aus.

Durchschnittlich sind die Betroffenen den Angaben zufolge mit rund 30 000 Euro verschuldet. Zwischen den Altersgruppen gibt es aber große Unterschiede. Unter 25-Jährige stehen im Schnitt mit knapp 11 000 Euro in der Kreide. Ihnen gelinge es überproportional häufig, schon nach drei Jahren die restlichen Schulden erlassen zu bekommen.

Bei Älteren ist der Berg der Verbindlichkeiten meist deutlich größer, etwa wegen des Kaufs einer Immobilie. Über 61-Jährigen, die Privatinsolvenz anmeldeten, hatten demnach im Schnitt ein Minus von 45 000 Euro angehäuft.

Betroffene müssen während der Laufzeit der Insolvenz den Teil ihres Einkommens, der über das Existenzminimum hinausgeht, abgeben. Besitztümer, sofern sie nicht lebensnotwendig sind, werden gepfändet.

Nach Daten der Auskunftei Creditreform rutschten im vergangenen Jahr 68 600 Privatleute (ohne ehemals Selbstständige) in die Pleite. Das waren 4,7 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Hauptgründe hierfür sind nach Einschätzung von Creditreform sinkende Arbeitslosenzahlen und steigende Bruttolöhne. (dpa)