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»Sabine« stürmt über Deutschland und lähmt den Verkehr

Das befürchtete Sturmtief »Sabine« hat Deutschland erreicht. Bahnreisende müssen sich auf große Behinderungen einstellen - der Fernverkehr ist bundesweit gestoppt. Auch Fans von Fußball und Andrea Berg bekommen die Auswirkungen zu spüren.

Sturmtief Sabine
»Unwetter: Fernverkehr bundesweit eingestellt« steht auf der Anzeigentafel am Bahnhof Göttingen. Foto: Swen Pförtner/dpa
»Unwetter: Fernverkehr bundesweit eingestellt« steht auf der Anzeigentafel am Bahnhof Göttingen. Foto: Swen Pförtner/dpa

Offenbach/Berlin (dpa) - Das seit längerem angekündigte Sturmtief »Sabine« hat Deutschland erreicht.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) verzeichnete am Sonntagabend im Westen und Nordwesten schwere Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten von 90 bis 100 km/h, vereinzelt sogar orkanartige Böen von 100 bis 115 km/h, wie die Meteorologen auf Twitter schrieben. Für weite Teile Deutschlands galt die zweithöchste Unwetterwarnstufe, in einigen Regionen Baden-Württembergs und Bayerns die höchste.

Die Bahn entschied sich, »beginnend in NRW nach und nach alle Züge des Fernverkehrs bundesweit an größeren Bahnhöfen enden zu lassen«, wie sie in einem eigens für den Sturm eingerichteten Presse-Blog schrieb. Auch der Luftverkehr war stark beeinträchtigt.

Am Montag fällt an vielen deutschen Schulen der Unterricht aus, etwa in vielen Großstädten des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen sowie in Teilen Hessens und Bayerns. In Baden-Württemberg können Eltern ihre Kinder vom Unterricht befreien lassen, falls es Gefahren auf dem Schulweg gibt.

Das Sturmtief sollte die ganze Nacht von Norden nach Süden durch das Land ziehen. Die stärksten Böen wurden mit einer Kaltfront erwartet, die zuerst ab etwa 21 Uhr am Sonntagabend den Nordwesten Deutschlands erreichen sollte und auch einzelne Gewitter mit sich bringen könnte, wie Meteorologe Marcus Beyer in einem am späten Sonntagnachmittag auf Youtube veröffentlichten DWD-Video sagte. Bis Montagmorgen soll die Kaltfront Süddeutschland erreichen.

Durch das Unwetter könnten laut DWD Bäume entwurzelt werden und Dachziegel auf die Straße fliegen. Auch größere Schäden an Gebäuden könne es geben. »Sabine« ist laut DWD ein Winterorkan, wie er etwa alle zwei Jahre vorkommt. So stark wie »Kyrill« (2007) oder »Lothar« (1999) werde »Sabine« nicht.

Wegen des aufziehenden Orkans strichen Flughäfen wie Frankfurt/Main, Düsseldorf, München, Berlin-Tegel, Köln/Bonn, Stuttgart, Dortmund, Hannover und Bremen Dutzende Starts und Landungen. Auch am Amsterdamer Flughafen Schiphol fiel viel aus.

Die Deutsche Bahn hatte schon vorsorglich den Ausfall zahlreicher Zugverbindungen angekündigt. Die wichtigen Hauptstrecken waren aber bis Sonntagnachmittag frei, wie die Bahn in ihrem Presse-Blog berichtete. Am späten Abend hieß es dann, der Fernverkehr der Deutschen Bahn werde bis mindestens 10 Uhr am Montagvormittag eingestellt bleiben. »Erst nach Schadaufnahme im Rahmen von Erkundungsfahrten und erforderlichen Reparaturarbeiten werden ab voraussichtlich 10 Uhr die Strecken für den Fernverkehr sukzessive wieder freigegeben«, schrieb die Bahn in ihrem Internetauftritt.

Gestrandete Bahnreisende sollen im Rahmen ihrer Fahrgastrechte Hotelgutscheine und Taxigutscheine erhalten. In größeren Bahnhöfen sollen zudem sogenannte Übernachtungszüge bereitgestellt werden, wie DB-Konzernsprecher Achim Stauß im Berliner Hauptbahnhof sagte. Bundesweit seien mehrere Tausend Bahnmitarbeiter zusätzlich im Einsatz.

Etliche Fährverbindungen zu den Nordseeinseln wurden eingestellt. Und auch Fußballspiele fielen aus, etwa das rheinische Bundesliga-Derby Mönchengladbach gegen Köln. Schon am Samstag war der Skisprung-Weltcup in Willingen (Hessen) abgesagt worden. Im westfälischen Halle wurde ein Konzert der Schlagersängerin Andrea Berg abgesagt. Die Klassik Stiftung Weimar warnte vor dem Besuch ihrer historischen Park- und Gartenanlagen. Es bestehe die Gefahr, dass Äste von teils mehr als 200 Jahre alten Bäume abbrechen oder Bäume umstürzen.

In Großbritannien und Irland, wo »Sabine« den Namen »Ciara« trägt, kam es zu erheblichen Schäden. Hier wurden Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 Kilometern pro Stunde gemessen. Mehrere Flüsse traten wegen der starken Regenfälle über die Ufer. Umgestürzte Bäume blockierten Straßen und Schienen. Zahlreiche Zugverbindungen und Flüge wurden gestrichen. Der Hafen von Dover stellte den Fährbetrieb ein. Zehntausende Haushalte in Großbritannien und Irland hatten vorübergehend keinen Strom.

Zunächst war der Sturm auch noch Spaß: Winddicht eingepackt stemmten sich in St. Peter-Ording an der Nordsee (Schleswig-Holstein) zahlreiche Eltern mit ihren Kindern sowie Hundehalter mit ihren Vierbeinern gegen die Böen. Auch Kite-Surfer nutzten den heftigen Wind.

Auch in anderen europäischen Ländern gab es Vorkehrungen. Der französische Wetterdienst rief mehr als 40 Départements im Nordosten des Landes zu erhöhter Alarmbereitschaft auf. An der nordwestlichen Küste Frankreichs wurde zudem vor Überschwemmungen gewarnt. In Belgien kam es zu Verkehrsbehinderungen durch auf Bäume gestürzte Straßen. Der niederländische Wetterdienst forderte Autofahrer auf, nicht mit Anhängern und Wohnwagen zu fahren.

Der Fußballverband KNVB sagte für Sonntag alle Spiele der Profiligen ab. In England wurde die für Sonntag angesetzte Partie zwischen Meister Manchester City und West Ham United angesichts der Gefahren verschoben. Die Queen verzichtete auf ihren Gottesdienstbesuch, um Schaulustige nicht zu gefährden.

Sturmblog Deutsche Bahn

Verkehrsmeldungen Deutsche Bahn

Deutscher Wetterdienst

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DWD bei Youtube

DWD-Wetterlexikon über Sturm

Windwarnskala des DWD

Die ersten Ausläufer des Tiefs »Sabine« haben am Sonntag Sturm-Touristen an Schleswig-Holsteins Nordseeküste gelockt. Winddicht eingepackt, stemmten sich im nordfriesischen St. Peter-Ording zahlreiche Eltern mit ihren Kindern sowie Hundehalter mit ihren Vierbeinern gegen die schweren Böen. Auch Kite-Surfer nutzten den heftigen Wind.

Die Nordfriesen im Ort bereiteten sich eher gelassen auf das Unwetter vor: Nur die vorsorglich auf den Kopf gedrehten Standkörbe auf den Terrassen der Restaurants und die eingeholten Flaggen an den Fahnenmasten der Hotels zeigten den Respekt der Einheimischen vor dem Sturm.