Nach dem kompletten Ausfall im vergangenen Jahr feiert die brasilianische Metropole Rio de Janeiro in diesen Tagen einen ungewöhnlichen Karneval.
Die Stadtverwaltung hatte wegen der Corona-Pandemie den Straßenkarneval erneut abgesagt und die berühmten Umzüge im Sambodrom auf April verschoben. Aber der Verband der Sambaschulen von Rio de Janeiro (Liesa) lud dennoch zur (inoffiziellen) Eröffnung des Karnevals mit Mini-Umzügen der zwölf besten Sambaschulen in der »Cidade do Samba«.
Veranstaltungen in geschlossenen Räumen sind von der Stadtverwaltung erlaubt mit dem Argument, Einlasskontrollen und Checks von Impfnachweisen seien dort leichter möglich als auf der Straße. In Brasilien sind mehr als 70 Prozent der Bevölkerung komplett geimpft, ein Impfnachweis wird vielerorts für den Besuch von öffentlichen Einrichtungen fast selbstverständlich verlangt.
»Im vergangenen Jahr gab's noch nicht mal Impfstoff, es war zum Heulen. Jetzt bin ich dreimal geimpft und kann mich ein bisschen amüsieren«, sagte der Karnevalsfan José Flávio Pereira Guerra Júnior.
Blocos ziehen trotz Verbot durch die Straßen
So stehen an den Karnevalstagen in Rio verschiedene Feste auf dem Programm, bei denen die Sambaschulen einladen oder sogenannte Blocos - Sambagruppen, die sonst durch die Straßen ziehen oder auf Plätzen musizieren - in Hotels, Clubs und an anderen Orten auftreten. Ein Treffen von zahlreichen Blocos in einem bekannten Kulturzentrum am Samstag genehmigte die Stadt jedoch kurzfristig nicht.
Einige Sambagruppen zogen den Regelungen zum Trotz durch die Straßen. Die fest geplanten Auftritte gegen einen Eintrittspreis widersprechen dem Geist des spontanen Festes, das der Straßenkarneval in Rio vor der Pandemie war. So waren etwa in sozialen Medien Fotos von einem Bloco am Strand von Flamengo in den frühen Morgenstunden zu sehen. Die Blocos zeichnen sich auch durch eine kreative Art aus, auf aktuelle Ereignisse zu reagieren. Ein Bloco, dessen Name auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin anspielte, war in der Hafengegend Rios am vergangenen Wochenende gestoppt worden.
Flashmob-artige Zusammenkünfte
Einige Einwohner Rios verabredeten sich über soziale Medien und Whatsapp-Gruppen zu solchen Events, um diese wie bei einem Flashmob möglichst geheim und kurzfristig zu gestalten. Andere zogen verkleidet oder wenigstens mit Glitter auf der Suche nach der Karnevalsstimmung los - und sei es nur, um sich dann in Bars zu treffen.
»Ich weiß nicht, was ich von diesem Karneval erwarten soll«, sagte Ana Luiza Gardeazabal. »Es ist alles halb freigegeben, halb verboten. Ich habe Lust, das wiederzubeleben, was wir vergangenes Jahr verpasst haben.« Wieder andere verreisten, etwa in das Küstchenstädtchen Paraty, oder waren wegen der Erdrutsch-Tragödie in Petrópolis jüngst und dem Ukraine-Krieg, der auch in Brasilien Medien und Gespräche bestimmte, gar nicht erst in Feierlaune.
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