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Missbrauchskomplex um Zwölfjährige: Mann räumt Vorwürfe ein

Wegen sexueller Gewalt an einem Kind und der Verbreitung von Aufnahmen dessen, steht ein Münchner vor Gericht. Zum Prozessauftakt räumt er die Vorwürfe gegen ihn ein.

Prozess in München
Der Angeklagte soll sich schwer an einem damals 12-jährigen Mädchen vergangen haben. Foto: Tobias Hase
Der Angeklagte soll sich schwer an einem damals 12-jährigen Mädchen vergangen haben.
Foto: Tobias Hase

Er soll eine Zwölfjährige nach einer Online-Absprache in einem Wald südlich von München vergewaltigt und Videoaufnahmen von der Tat verbreitet haben. Ein 35-jähriger Münchner hat vor dem Landgericht München I diese Vorwürfe gegen ihn voll eingeräumt.

Der Fall ist Teil eines größeren Missbrauchskomplexes. Ein anderer Mann, der das Mädchen im Internet für Sex angeboten haben soll, steht derzeit in Flensburg vor Gericht.

Der Angeklagte soll bei den Taten im Frühjahr 2021 »billigend in Kauf« genommen haben, dass es sich um ein Mädchen unter 14 Jahren handelte. Via Chat wurden demnach zwischen ihm und dem mutmaßlichen Haupttäter konkrete sexuelle Handlungen - auch gegen den Willen des Kindes - und das Filmen der Tat vereinbart. (Az. 20 KLs 459 Js 160109/21)

Vorwurf der sexuellen Gewalt

Für die Verhandlung am Montag war das Opfer nicht geladen. Einem Nebenklagevertreter zufolge hatte das Mädchen von einer schweren Depression berichtet. Die Verhandlung fand im Grundsatz öffentlich statt, immer wieder mussten Zuschauer und Presse den Saal jedoch verlassen, wenn Videos der Tat an der damals Zwölfjährigen gezeigt wurden.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem in München Angeklagten unter anderem schweren sexuellen Missbrauch von Kindern, Vergewaltigung und die Verbreitung kinderpornografischer Schriften vor. Der Angeklagte gab alles »ohne Einschränkung zu«. Er zeichnete von sich selbst das Bild eines beruflich Gescheiterten.

Coronabedingt sei er im Frühjahr 2020 entlassen worden, die Suche nach einem neuen Job scheiterte. Er habe sich in einer Lebensphase befunden, in der er seinen Kompass gänzlich verloren habe. Er bat um »Verzeihung für etwas eigentlich Unverzeihliches« und gab an, seit Wochen in Therapie zu sein.

Ein als Zeuge geladener Polizist berichtete von der Durchsuchung der Wohnung des Mannes und von sichergestellten Videos, die ihn beim Sex mit anderen Frauen zeigten. Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters räumte der Beschuldigte ein, die Videos heimlich aufgenommen zu haben. Zumindest in einem Fall sei dabei auch eine Vergewaltigung gespielt worden, sagte der Ermittler.

Weitere Fälle möglich

Das Gericht beschäftigte sich zudem eingehend mit der Frage, ob der Beschuldigte in weiteren Fällen mit Kinderpornografie in Zusammenhang gebracht werden könnte. Ein als Zeuge geladener IT-Gutachter konnte aber keine entsprechenden Dateien auf den Geräten des Beschuldigten feststellen. 

Im gesamten Komplex werden insgesamt neun Männer beschuldigt, das Mädchen missbraucht zu haben. Einer von ihnen, ein 33-Jähriger, wurde bereits im Februar in München zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt, einem anderen wird am Münchner Amtsgericht der Prozess gemacht.

Der mutmaßliche Haupttäter, der in Flensburg vor Gericht steht, hatte das Mädchen nach Angaben der Staatsanwaltschaft im Januar 2021 über die Online-Plattform Snapchat angeschrieben und sich dabei als 17-Jähriger ausgegeben. Nach wenigen Tagen intensiven Chattens fragte er das Kind, ob es bereit wäre, mit anderen Männern Sex zu haben. Das Mädchen willigte ein - weil es Gefühle für den Chatpartner entwickelt hatte, wie es in der Anklage zu dem bereits abgeurteilten Verfahren hieß - und aus »kindlicher Neugier«.

Die Ermittlungen gegen diesen Haupttäter waren zufällig ins Rollen gekommen, weil der Angeklagte über Soziale Netzwerke auch zufällig einem Klassenkameraden der Zwölfjährigen Sex mit ihr angeboten haben soll, wie ein Gerichtssprecher in Flensburg sagte. Der Mitschüler meldete dies der Schule.

Für den Prozess vor der Jugendschutz-Kammer des Landgerichts München I sind drei Verhandlungstage angesetzt, ein Urteil könnte kommenden Montag fallen.

© dpa-infocom, dpa:220307-99-421502/4