Palma (dpa) - Mallorca macht in diesen Tagen weltweit Schlagzeilen. So mancher Tourist ist angesichts der dramatischen Bilder von schmierigen Schlammmassen, verwüsteten Häusern und eingestürzten Brücken verunsichert.
Am Dienstagabend waren in einer Region im Nordosten der Urlaubsinsel ohne Vorwarnung mehr als 230 Liter Wasser pro Quadratmeter vom Himmel gefallen - es gibt Tote, Chaos und Schäden in Millionenhöhe. Nur 60 Kilometer weiter westlich, wo Urlauber an der Playa de Palma die Oktobersonne genießen, ist von dem Drama aber nichts zu spüren.
Das Thermometer an der Partymeile Ballermann zeigt angenehme 21 Grad, der Himmel ist blau, nur am Horizont haben sich über dem Meer ein paar Wolken aufgetürmt. Viele Feriengäste in den mallorquinischen Tourismushochburgen hatten von der Flutkatastrophe zunächst gar nichts mitbekommen. Erst durch Medien, soziale Netzwerke oder Anrufe besorgter Verwandter hörten sie von der Tragödie.
»Hier an der Playa hat es ja nur ein wenig geregnet«, sagt Irene aus Nordrhein-Westfalen, die zum ersten Mal auf der Insel ist. »Ich habe erst am Mittwochmorgen einen Anruf von meiner besorgten Nichte bekommen. Ein Arbeitskollege hatte sie beim Frühstück gefragt, ob sie «das mit Mallorca» mitbekommen habe«, erzählt die ältere Dame. »In manchen Medien wurde das ja offenbar so dargestellt, als sei auf der ganzen Insel Weltuntergang angesagt.«
»Was da alles passiert ist, haben wir erst aus den Medien erfahren«, sagen auch zwei Männer aus Jülich, die an der Playa de Palma Ferien machen. Die Holländerin Ellen, die mit einer Radgruppe auf der Insel unterwegs ist, berichtet ebenfalls, sie habe von der Katastrophe durch Verwandte in den Niederlanden gehört. »Das Dorf Sant Llorenç des Cardassar kenne ich nicht, aber wir waren oft in der Gegend zwischen Manacor und Artà im Inselosten mit den Fahrrädern unterwegs.« Was dort passiert sei, sei »einfach schrecklich«.
Die Region um Sant Llorenç des Cardassar war besonders schlimm von dem Sturzregen betroffen, der Straßen in reißende Flüsse verwandelt und Autos wie Spielzeug mitgerissen hatte. Bislang wurden zwölf Leichen geborgen, darunter drei Deutsche, zwei Briten und eine Holländerin. Ein achtjähriger Junge wird noch vermisst - die Helfer befürchten, dass er ins Meer gespült worden sein könnte. Die Suche soll nun mit Booten vor der Küste fortgesetzt werden.
Tatsächlich hatte das Naturereignis ein örtlich sehr begrenztes Gebiet heimgesucht. Dennoch macht sich die Inselregierung Sorgen, dass verunsicherte Touristen wegen der Bilder aus dem Katastrophengebiet ihren Urlaub stornieren könnten. Und es ist nicht das erste Mal, dass Mallorca in diesem Jahr Schlagzeilen macht, die Urlauber beunruhigen: Seit Mai hatte die Sichtung von Giftquallen der Gattung »Portugiesische Galeere« an verschiedenen Küstenabschnitten mehrmals Alarm ausgelöst. Ende Juni entdeckten Forscher vor der nahe liegenden Insel Cabrera einen riesigen Hai, bei dem es sich um einen Weißen Hai gehandelt haben könnte.
Das Tourismusministerium sah sich nach der Flut nun genötigt, eine Stellungnahme herauszugeben. »Das betroffene Gebiet im Nordosten der Insel ist sehr klein. Der Rest von Mallorca wurde nicht von Überschwemmungen heimgesucht«, wird dort der Leiter der Balearischen Tourismusagentur ATB, Jaume Alzamora, zitiert.
In den wichtigsten touristischen Zentren herrsche »absolute Normalität, Hotels sind geöffnet, Infrastrukturen funktionieren«, so Alzamora weiter. »Es gibt somit keinen Grund zur Beunruhigung - jeder kann unbesorgt seinen geplanten Urlaub auf unserer schönen Insel fortsetzen und bedenkenlos antreten.«
Allerdings hätten trotz aller Entwarnungen bereits »Hunderte« Touristen ihre Mallorca-Reise abgesagt, berichtete die Zeitung »El Mundo«. »Bei mir wurden bereits sechs Reservierungen storniert«, zitierte das Blatt einen Hotelbesitzer aus Cala Millor. Es herrsche große Verwirrung, »denn viele glauben, dass es überall auf Mallorca Überschwemmungen gegeben hat, obwohl das natürlich gar nicht so ist.«
Toni Horrach, Chef der Hotelkette HM Hotels, die elf Häuser auf der Insel hat, sieht die Situation hingegen gelassen. »Wir haben wegen der Unwetter keine Einbrüche in den Urlauberzahlen gehabt«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. »Wir denken, dass die Urlauber wissen, dass sie auf der Insel sicher sind.«