GOSLAR. Radfahrer sollen nach dem Willen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) künftig auch bei Rot rechts abbiegen dürfen.
»Wir fordern einen Grünpfeil nur für Radfahrer«, sagte Sprecherin Stephanie Krone vor Beginn des 57. Deutschen Verkehrsgerichtstags in Goslar. Dort geht es unter anderem um Gefahren, denen Fußgänger und Radfahrer durch abbiegende Lastwagen ausgesetzt sind.
Ein Verkehrszeichen zum freien Rechtsabbiegen bei Rot nur für Radfahrer wäre Baustein einer Verkehrswende pro Rad, sagte Krone. Der bundesweit seit 1994 bestehende Grünpfeil auch für Kraftfahrzeuge dagegen bringe Sicherheitsrisiken für Radler und Fußgänger mit sich, weil viele Autofahrer nicht wie vorgeschrieben anhielten.
Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat einen Pilotversuch angekündigt, mit dem sie den Grünpfeil nur für Radler in Zusammenarbeit mit mehreren Städten testen will. Ein solcher Pilotversuch sei »ein Schritt in die richtige Richtung«, sagte ADFC-Sprecherin Krone. In den Niederlanden, Frankreich und Belgien seien solche Verkehrszeichen schon lange mit Erfolg im Einsatz.
Unterstützung erhält der ADFC von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). »Die gefährlichsten Unfälle mit Fahrradfahrern in Städten sind sogenannte Abbiegeunfälle, bei denen Radfahrer unter ein rechts abbiegendes Fahrzeug geraten«, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende Michael Mertens. »Hier kann die Grünpfeilregelung Sinn machen. Der Fahrradfahrer ist dann eben schon weg, wenn der Lkw abbiegt.«
Auch von anderen Experten erhält der Fahrrad-Club Zustimmung. »Ich kann mir gut vorstellen, dass dadurch die Sicherheit vergrößert werden kann«, sagt zum Beispiel der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein, Jörg Elsner. »Bekanntlich dürfen Radfahrer vor Ampeln wartende Fahrzeuge rechts überholen. Wenn sie dann zuerst anfahren dürfen und nicht gleichzeitig mit dem Pkw, könnte das Unfälle vermeiden.«
Der Grünpfeil für Radfahrer würde »die schon heute von vielen Radfahrern gelebte Praxis des Rechtsabbiegens bei Rot legalisieren«, sagte ein ADAC-Sprecher. Der Grüne Pfeil würde es Radfahrern ermöglichen, einen Kreuzungsbereich zu verlassen, bevor Kraftfahrzeuge losfahren. Für Straßen ohne Radfahrstreifen oder einen eigenen Radweg wäre der Grüne Pfeil nach Ansicht des ADAC allerdings ungeeignet, weil Radler sich dann rechts an Fahrzeugen vorbei schlängeln und sich so erst recht in den Gefahrenbereich des toten Winkels begeben würden.
Während sich der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) zurückhaltend gibt und zunächst die Ergebnisse der BASt-Studie abwarten möchte, sieht der Automobilclub ACE einen Grünen Pfeil nur für Radfahrer von vornherein kritisch. »Eine einheitliche Regelung für alle Verkehrsteilnehmer ist zu bevorzugen. Die unterschiedliche Behandlung sorgt dagegen zusätzlich für Verwirrung und Unsicherheit im Straßenverkehr«, sagte eine Sprecherin.
Auch die Unfallforscher der Versicherer (UDV) sind skeptisch. »Eine Grünpfeil-Regelung nur für Radfahrer würde Fußgänger gefährden oder behindern«, sagte UDV-Leiter Siegfried Brockmann. Ein Modellversuch sei zur abschließenden Beurteilung trotzdem sinnvoll.
Die Bundesanstalt für Straßenwesen will den Versuch in Bamberg, Darmstadt, Düsseldorf, Köln, Leipzig, München, Münster, Reutlingen und Stuttgart durchführen. Im Jahr 2020 soll dann anhand der Erfahrungen beschlossen werden, ob der Grünpfeil nur für Radfahrer bundesweit eingeführt werden soll oder nicht.
Wichtiger als der Grünpfeil wäre für den ADFC allerdings eine allgemeine Verbesserung der Rad-Infrastuktur. »Was wir brauchen, sind breite, eigenständige Radwege in durchgängigen Netzen und sogenannte geschützte Kreuzungen«, sagte Sprecherin Krone. »Dabei wird der Radweg separat und durch Betonelemente getrennt von der Kfz-Fahrbahn um die Ecke geführt, so dass das sichere Abbiegen jederzeit möglich ist.« (dpa)