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Kein Coronavirus bei China-Rückkehrern

Bei mehr als 40.000 Menschen in China ist das neue Coronavirus inzwischen nachgewiesen worden. In Berlin können zurückgeholte Deutsche zunächst aufatmen - anders als die Menschen auf einem Kreuzfahrtschiff in Japan. Auch ein Studienergebnis bereitet Sorgen.

Coronavirus - Berlin-Köpenick
Die in der DRK-Klinik in Berlin-Köpenick untergebrachten China-Rückkehrer sind einer ersten Untersuchung zufolge nicht mit dem Coronavirus infiziert. Foto: Gregor Fischer/dpa
Die in der DRK-Klinik in Berlin-Köpenick untergebrachten China-Rückkehrer sind einer ersten Untersuchung zufolge nicht mit dem Coronavirus infiziert. Foto: Gregor Fischer/dpa

Peking/Yokohama/Berlin (dpa) - Die 20 China-Rückkehrer in Berlin sind einer ersten Untersuchung zufolge nicht mit dem neuen Coronavirus infiziert. »Wir sind erleichtert«, teilte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) mit.

Alle Tests seien negativ ausgefallen. Die Deutschen und ihre Familienangehörigen hatten sich in der schwer vom Coronavirus betroffenen chinesischen Stadt Wuhan aufgehalten.

Die Inkubationszeit könnte bei dem Erreger vorläufigen Analysen zufolge in seltenen Fällen bis zu 24 Tage betragen - und damit 10 Tage mehr als bisher angenommen. Im Schnitt betrage der Zeitraum zwischen Ansteckung und ersten Symptomen wohl drei Tage, ergab eine Auswertung des Experten Zhong Nanshan nach Angaben der Zeitung »China Daily«. Der Leiter des nationalen Expertengremiums zur Eindämmung der Lungenkrankheit hatte mit seinem Team 1099 Fälle aus 552 Krankenhäusern in China untersucht.

Ohne genaue Kenntnis der Methode lasse sich zunächst nicht sagen, wie gesichert die neuen Erkenntnisse seien, sagte der Coronavirus-Experte Christian Drosten von der Berliner Charité. »Eine häufige Fehlerquelle bei scheinbar sehr langen Inkubationszeiten ist eine unbemerkte zwischenzeitliche Exposition.« Nur unter sehr kontrollierten Bedingungen lasse sich ausschließen, dass Betroffene dem Erreger mehrfach hintereinander ausgesetzt waren. Einen Grund zur Änderung von Richtlinien sehe er daher zunächst nicht. Auch Guan Weijie, Mitglied des chinesischen Expertengremiums, sagte, es gebe derzeit keinen Grund, die übliche Quarantänezeit von 14 Tagen zu verlängern.

Zwei Wochen sollen auch die Rückkehrer in Berlin - 16 Erwachsene und 4 Kinder - auf dem Gelände der Kliniken des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Stadtteil Köpenick in Quarantäne bleiben. Ein erstes Screening ohne Virusnachweis sei keine hundertprozentige Garantie, dass sich nicht doch noch eine Infektion einstelle, hatte der Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes, Christian Reuter, erläutert. Es war die zweite Rückholaktion: Vor gut einer Woche waren über 100 deutsche Staatsbürger und Angehörige in Frankfurt am Main angekommen. Bei zwei Passagieren war das Virus nachgewiesen worden.

Insgesamt seien bereits mehr als 500 EU-Bürger aus China zurück in ihre Heimatländer gebracht worden, sagte der Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, am Montag in Brüssel. Die EU sei in ständigem Kontakt mit den chinesischen Behörden.

In China stieg die Zahl erfasster Infektionen und Todesfälle unvermindert weiter. Landesweit wurden am Montag 97 weitere Tote bestätigt - so viele wie zuvor noch nie an einem Tag. Damit sind dort inzwischen mehr als 900 Menschen an der neuartigen Lungenerkrankung gestorben. Die Zahl der Nachweise stieg um 3062 auf 40.171 Fälle. Außerhalb des chinesischen Festlands sind in mehr als zwei Dutzend Ländern mehr als 300 Infektionen bestätigt, davon 14 in Deutschland.

Die Dauer der Behandlung von Patienten im Hospital liegt außerhalb der schwer betroffenen Provinz Hubei in der Regel bei neun Tagen, berichtete Jiao Yahui, Vizedirektor für Krankenhausverwaltung der Gesundheitskommission. In Hubei mit der schwer heimgesuchten Provinzhauptstadt Wuhan dauert der Aufenthalt mit im Mittel 20 Tagen mehr als doppelt so lange. Ursache seien die strengeren Regeln für eine Entlassung. So werde für genesene Patienten auch nach zwei negativen Tests noch eine Beobachtung im Krankenhaus von zehn bis zwölf Tagen angeordnet, sagte Jiao Yahui. Das liege auch daran, dass Patienten dort engeren Kontakt mit anderen schwer Erkrankten hätten.

An Bord des unter Quarantäne gestellten Kreuzfahrtschiffes »Diamond Princess« im japanischen Yokohama wurden 66 weitere Infizierte nachgewiesen, 45 davon waren Japaner. Damit erhöhte sich die Zahl der in Kliniken gebrachten Infizierten auf 136, wie der japanische Fernsehsender NHK am Montag berichtete. Die übrigen der insgesamt 2666 Passagiere und 1045 Crewmitglieder sollen nach derzeitigem Plan bis zum 19. Februar an Bord bleiben. Unter ihnen sind auch zehn deutsche Staatsangehörige - von denen nach Angaben der deutschen Botschaft in Tokio bisher keiner mit dem Virus infiziert ist.

In der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong durften unterdessen 3600 Passagiere und Besatzungsmitglieder nach tagelanger Quarantäne ein Kreuzfahrtschiff verlassen. Die »World Dream« war vergangenen Mittwoch festgesetzt worden, nachdem bei drei früheren Passagieren das Virus nachgewiesen worden war.

In Hongkong suchte die Polizei am Montag nach zwei Menschen, die sich nicht an die verpflichtende Quarantäne hielten, wie die örtliche Gesundheitsbehörde mitteilte. Sieben weitere wurden demnach verwarnt, weil sie Quarantänebestimmungen missachtet hatten. Hongkong hatte am Freitag festgelegt, dass alle vom chinesischen Festland Einreisenden eine 14-tägige Quarantäne in einem Hotel oder ihrem Zuhause einhalten müssen. Wer einmal dagegen verstößt, erhält eine Verwarnung. Beim zweiten Mal bekommt der Betroffene ein Tracking-Band zur Überwachung seines Aufenthaltsortes. Beim dritten Mal drohen bis zu sechs Monate Haft und umgerechnet 3200 US-Dollar Strafe. In Hongkong sind bisher rund 40 Infektionen erfasst.

Strenger werden die Bestimmungen auch in anderen Ländern. Die britische Regierung etwa stuft das neuartige Coronavirus nun als »ernste und unmittelbare Gefahr für die Volksgesundheit« ein und verschärft damit die Schutzmaßnahmen. Menschen können nun gezwungen werden, in Quarantäne zu gehen, wie das Gesundheitsministerium am Montag in London mitteilte.

Zuvor war bekannt geworden, dass sich ein Brite im Januar in Singapur mit der Lungenkrankheit infiziert hatte und inzwischen mit Fällen in England, Frankreich und Spanien in Verbindung gebracht wird. Er war nach einer Konferenz in Südostasien nach Europa geflogen und hatte sich mit anderen Personen ein Chalet in einem Skigebiet in den französischen Alpen geteilt. Darunter sollen auch vier Briten gewesen sein, bei denen das Virus nun nachgewiesen worden ist. Einer der Betroffenen arbeitet britischen Medien zufolge in einer Praxis im südenglischen Brighton, die nun vorsorglich geschlossen wurde. Die Zahl der Fälle in Großbritannien ist von vier auf acht gestiegen, wie das Gesundheitsministerium am Montag in London bestätigte.

Die weltweit führende Mobilfunkmesse Mobile World Congress (MWC) in Barcelona droht wegen des neuen Coronavirus zu einer Geisterveranstaltung zu werden. Mit Amazon sagte das vierte Großunternehmen seine Teilnahme ab. Zuvor hatten bereits der schwedische Telekomausrüster Ericsson, der südkoreanische Elektronikkonzern LG und der Chiphersteller Nvidia abgesagt. Der MWC gilt als weltweit wichtigste Veranstaltung der Mobilfunkbranche. Der Veranstalter GSMA erwartete ursprünglich mehr als 100.000 Besucher und mehr als 2800 Aussteller.