JAKARTA. Bei der Tsunami-Katastrophe in Indonesien sind vermutlich mehr als tausend Menschen ums Leben gekommen. Nach der jüngsten Zwischenbilanz der Behörden von Sonntag gab es auf der Insel Sulawesi mindestens 832 Tote.
Die Regierung fürchtet, dass die Zahl der Todesopfer durch die Flutwelle und die vorigen Erdbeben in die Tausende geht. Zunehmend gibt es Kritik, weil das bestehende Tsunami-Warnsystem nicht funktioniert haben soll.
Nach Angaben der nationalen Katastrophenschutzbehörde starben allein in Palu, der größten Stadt an der Westküste von Indonesiens viertgrößter Insel, mindestens 821 Menschen. Mehr als 500 wurden schwer verletzt. Dutzende werden noch vermisst. Darunter sind mehrere Ausländer, auch drei Franzosen. Die Suche nach Überlebenden wird immer mehr zu einem verzweifelten Wettlauf gegen die Zeit.
Hinweise auf deutsche Opfer hat das Auswärtige Amt nicht. Auf Sulawesi sind - im Unterschied zu Indonesiens beliebtester Insel Bali - verhältnismäßig wenig ausländische Touristen unterwegs. Ein Deutscher, der in der Gemeinde Donggala Tauchurlaub machte, ist nach Angaben der lokalen Behörden wohlauf.
An der Westküste gibt es noch viele Orte, wo die Menschen größtenteils von der Fischerei leben. Insgesamt ist ein Küstenstreifen von etwa 300 Kilometern betroffen. Möglicherweise sieht es in Gebieten weiter im Norden - näher am Zentrum des Bebens - noch schlimmer aus. Wegen zerstörter Straßen und Kommunikationsleitungen ist es schwer, dort hinzukommen.
Mehr als 48 Stunden nach der Katastrophe gab es nur aus Palu - einer Stadt mit mehr als 350.000 Einwohnern - ein einigermaßen klares Bild der Lage. Von dort stammt auch eine Handy-Aufnahme des Tsunami, die sich übers Internet weltweit verbreitete. Zu sehen ist, wie eine mächtige Welle auf die Küste zurollt und dann Menschen, Boote, Autos und ganze Häuser mit sich reißt. Auch eine 250 Meter lange Brücke steht nicht mehr.
Viele Bewohner wurden am Strand von dem Tsunami überrascht. Dort sollte am Abend ein Festival stattfinden. Grund für die hohen Opferzahlen ist möglicherweise auch, dass das Warnsystem nicht richtig funktionierte. Der Sprecher von Indonesiens Katastrophenschutzbehörde, Sutopo Nugroho, bestätigte: »Es gab keine Sirene. Viele Menschen waren sich der Gefahr nicht bewusst.«
Das nationale Zentrum für Meteorologie und Geophysik hatte nach dem schlimmsten Beben der Stärke 7,4 am Freitagabend zwar eine Tsunami-Warnung ausgegeben, hob sie nach nur einer halben Stunde aber wieder auf - aus Sicht von Kritikern viel zu früh. Die Behörde verteidigte sich mit dem Hinweis, dass das Wasser zu diesem Moment schon weder auf dem Rückzug gewesen sei.
Am Sonntag machte sich auch Indonesiens Präsident Joko Widodo in Palu ein Bild der Lage. Er appellierte an seine Landsleute, Geduld zu haben. Aus dem Ausland trafen zahlreiche Hilfsangebote ein. Zuspruch kam unter anderem von Papst Franziskus und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Indonesien liegt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde. Für die mehr als 260 Millionen Einwohner sind Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche keine neue Erfahrung. Beim Tsunami an Weihnachten 2004 starben dort mehr als 160.000 Menschen, so viele wie in keinem anderen Land der Region. Insgesamt kamen damals in den östlichen Anrainerstaaten des Indischen Ozeans etwa 230.000 Menschen ums Leben.
Nach einem heftigen Erdbeben entwickelte sich im März 2011 auch in Japan ein Tsunami. Mehr als 18.000 Menschen kamen durch die Flutwelle ums Leben oder werden bis heute vermisst. In der Folge kam es außerdem zum Atomunfall von Fukushima.