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»Im Westen nichts Neues« feiert in Toronto Weltpremiere

Die Verfilmung des Literaturklassikers von Erich Maria Remarque schildert die Gräuel des Ersten Weltkriegs aus der Sicht eines jungen Soldaten. Beim Filmfestival in Toronto wird der Film erstmals gezeigt.

»Im Westen nichts Neues«
Schauspieler Felix Kammerer im Spielfilm »Im Westen nichts Neues«. Foto: Reiner Bajo
Schauspieler Felix Kammerer im Spielfilm »Im Westen nichts Neues«.
Foto: Reiner Bajo

Es ist die Angst in den Augen der jungen Soldaten, die im deutschen Kriegsdrama »Im Westen nichts Neues« tiefer einschlägt als die Granaten im Schützengraben. Bereits in den ersten Momenten des zweieinhalbstündigen Epos von Regisseur Edward Berger, das am Montagabend (Ortszeit) beim 47. Toronto International Film Festival (TIFF) Weltpremiere gefeiert hat, zog sich ein emotionales Raunen durch das Royal Alexandra Theatre.

Bergers Film über den Schrecken des Krieges, wurde in Toronto mit großem Applaus honoriert. »Wir sind sehr geehrt, unseren Film, der mitten im Covid-Lockdown entstand, hier vorstellen zu dürfen«, sagte Berger, der gemeinsam mit Lesley Paterson und Ian Stokell den Klassiker von Erich Maria Remarque adaptiert hat.

»In Deutschland stehen wir unserer Kriegsgeschichte und auch dem Militär kritischer gegenüber als andere Länder. Für uns hat es viel mit Schande, Schuldgefühlen und Schmerz zu tun. Genau das wollten wir herüberbringen«, erklärte Berger nach der Weltpremiere.

Deutscher Beitrag im Rennen um den Oscar

»Im Westen nichts Neues«, der 2023 als deutscher Beitrag ins Rennen um den Oscar geht, schildert die Gräuel des Ersten Weltkriegs aus der Sicht des jungen Soldaten Paul Bäumer (Felix Kammerer). Der Jugendliche meldet sich freiwillig zum Kriegsdienst und gibt sich dafür als älter aus als er ist. Doch dann holt ihn und seine Freunde Albrecht (Aaron Hilmer) und Frantz (Moritz Klaus) an der Westfront schnell die grausame Realität ein. Auf die Euphorie folgen brutale Kämpfe, erdrückender Schmerz und immer mehr Momente der puren Verzweiflung.

In radikalen und schonungslosen Bildern gelingt Berger dabei ein ernüchterndes Bild der »Lost Generation«, der Jugend des Ersten Weltkriegs, deren Hoffnungslosigkeit in stumpfen und weit aufgerissenen Augen in Nahaufnahme über die Leinwand zieht. »Dieser Verlust der jugendlichen Begeisterung war uns wichtig. Deshalb haben wir lange und aufwendig gecastet. Wir wollten frische Gesichter, die wir in anderen Filmen noch nicht gesehen haben«, so der Regisseur.

Zwei Rollen allerdings habe Berger bereits beim Schreiben besetzt, erklärte er in Toronto: »Als Matthias Erzberger hatte ich von Anfang an Daniel Brühl im Kopf, ebenso wie ich den Part des Stanislaus Katczinsky für Albrecht Schuch geschrieben habe.« Schuch, der in Toronto sichtlich gerührt von der Begeisterung der Zuschauer seine Schauspielkollegen vertrat, schwärmte von der Kollegialität hinter den Kulissen. »Das war auch auf der Leinwand spürbar. Zwischen Waffentraining und Kostümproben wurden wir zu einem engen Schauspiel-Team«, so Schuch.

Brühl spielt einen deutschen Diplomaten, der versucht, einen Friedensvertrag mit den Alliierten auszuhandeln, um weitere Kriegsopfer zu vermeiden. Als Gegenpol zu Erzbergers Diplomatie platziert Berger ruhmsüchtige, arrogante Entscheidungsträger wie General Friedrich (Devid Striesow), der die jungen Soldaten gnadenlos ins Gefecht schickt.

Netflix-Produktion zunächst im Kino

Untermalt werden die eindringlichen Szenen von der Musik des Komponisten Volker Bertelmann. »Ich habe mich an meine Jugend erinnert und an die Entscheidung, den Wehrdienst zu verweigern. Manchmal kamen mir die Tränen. Denn die jungen Männer damals hatten keine Wahl. Und trotzdem behielten sie eine tiefe Hoffnung in sich. Das versuchte ich auch in der Musik herüberzubringen – diese Bandbreite an hohen und tiefen Emotionen«, so Bertelmann.

Der Film läuft am 29. September in den Kinos an, ab dem 28. Oktober ist die Netflix-Produktion auf dem Streamingdienst zu sehen.

© dpa-infocom, dpa:220913-99-736397/3