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Gruppenvergewaltigung: Täter kommen ins Gefängnis

Fünf Freunde aus dem Ruhrgebiet locken Schülerinnen an abgelegene Orte und vergewaltigen sie. Jetzt müssen alle Täter ins Gefängnis. Bei der Urteilsverkündung werden die Folgen für die Opfer deutlich.

Gerichtssaal
Einer der Angeklagten kommt in den Gerichtssaal. Foto: Marcel Kusch
Einer der Angeklagten kommt in den Gerichtssaal. Foto: Marcel Kusch

ESSEN. »Die ersten Tage danach waren so schlimm, dass ich gar nicht mehr wusste, ob ich noch leben wollte.« Im Prozess um die Gruppenvergewaltigungen von Schülerinnen im Ruhrgebiet schildert ein 16 Jahre altes Opfer die dramatischen Folgen. Das Essener Landgericht verhängt Haftstrafen gegen die fünf Angeklagten.

Andere Opfer seien in der Schule nicht mehr klargekommen, hätten sich nicht mehr alleine nach draußen getraut, wiederholte Richter Volker Uhlenbrock die Zeugenaussagen bei der Urteilsbegründung. Der Prozess fand mit Rücksicht auf die Intimsphäre der Opfer teilweise ohne Öffentlichkeit statt.

Die mit drei Jahren und neun Monaten Haft mildeste Strafe wurde gegen einen 24-jährigen Gelsenkirchener verhängt. Er ist auch der einzige, der nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wurde. Die anderen vier erhielten Jugendhaftstrafen von zweimal vier Jahren, einmal fünf Jahren und einmal sechs Jahren und drei Monaten. Die unterschiedliche Strafhöhe hängt laut Urteil mit den verschiedenen Tatbeteiligungen und den unterschiedlich gewerteten Geständnissen zusammen. Die Angeklagten haben die deutsche Staatsangehörigkeit.

Landgericht Essen
Die Zeugenvernehmungen vor Gericht fanden wie das Plädoyer der Staatsanwaltschaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Foto: Bernd Thissen
Die Zeugenvernehmungen vor Gericht fanden wie das Plädoyer der Staatsanwaltschaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Foto: Bernd Thissen

Die Täter, die sich selbst »Skorpione« nannten, gingen, wie die Ermittlungen und der Prozess ergaben, stets so vor: Einer der Angeklagten spielte den Lockvogel, die anderen kamen scheinbar zufällig hinzu. Die Opfer, mit denen man flüchtig bekannt war, wurden unter einem Vorwand in ein Auto gelockt.

Dann wurden die Teenager an abgelegene Orte gefahren. Ihnen wurden die Handys abgenommen, die Türen waren verriegelt. Sobald sich ein Mädchen weigerte, wurde gedroht: »Wenn du jetzt nicht mit jedem von uns schläfst, brechen wir dir den Arm, schlagen dich grün und blau und werfen dich ins Gebüsch.«

»Die Angeklagten haben die schutzlose Lage ihrer Opfer ausgenutzt«, sagte Richter Uhlenbrock. Die Taten nannte er »frauenverachtend, abscheulich und besonders erniedrigend«. Empathie habe es nicht gegeben. »Das Flehen und Weinen der Mädchen, ihr Bitten und ihr Würgereiz - alles hat ihnen nicht geholfen«, verdeutlichte er bei der Urteilsverkündung die Hemmungslosigkeit der Täter. Die Angeklagten hätten ihre Opfer nacheinander vergewaltigt - meist noch im Auto.

Für ihre Taten hatten die jungen Männer zwei WhatsApp-Gruppen gegründet, in denen sie sich verabredeten und sich später auch mit ihren Taten brüsteten. »Spinnen GE« hieß die eine, »Scorpions MC 1%« die andere. »Einen Skorpion machen« ist dem Urteil zufolge auch oft das Stichwort gewesen, um wieder ein Mädchen zu vergewaltigen.

Dass das Wort »Skorpion« als eine Art Geheimcode verwendet worden ist, sei kein Zufall gewesen: »Man sieht von vorne freundlich aus und sticht dann von der Seite überraschend zu«, so Uhlenbrock. Genau so seien die Angeklagten vorgegangen, was sich durch den WhatsApp-Chat belegen lasse. »Es ist bestes Skorpion-Wetter«, hieß es in einer der beim Urteil verlesenen Kurznachrichten zum Beispiel. »Ab in den Wald.«

Im Prozess ging es um sechs Mädchen und junge Frauen, die älteste war zur Tatzeit gerade 18 Jahre alt. Sie schilderten laut Richter unter Tränen das Geschehen und die Folgen. In dem nicht öffentlichen Teil des Prozess soll die Situation einmal so bedrückend gewesen sein, dass auch zwei Angeklagten die Tränen kamen.

»Es fiel schwer, den Ausführungen des Gerichts zu folgen«, sagte selbst Verteidiger Hans Reinhardt nach der Urteilsverkündung am Montag. Im Vorfeld des Prozesses hatten Ermittler nicht ausgeschlossen, dass es noch deutlich mehr Opfer der Vergewaltigungen gegeben haben könnte.

Die 17 bis 24 Jahre alten Angeklagten sind miteinander verwandt, darunter zwei Brüder. Drei von ihnen hatten im Prozess schnell Geständnisse abgelegt, zwei waren laut Urteil zumindest teilgeständig. Allerdings feixte und grinste einer der Angeklagten, als Richter Uhlenbrock ihnen die einzelnen Taten vor Augen führte. Die im Gerichtssaal anwesenden drei jungen Frauen, die zu den Opfer gehörten, zeigten keine Regung. »Ich hoffe, sie können jetzt einen Abschluss finden«, sagte Jan Czopka, einer ihrer Anwälte. (dpa)