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Gericht lässt Frankfurter Konzert von Roger Waters zu

Roger Waters darf laut einem Gerichtsbeschluss in Frankfurt auftreten. Die Stadt und das Land Hessen wollen sein Konzert in der Festhalle wegen Antisemitismusvorwürfen verhindern.

Roger Waters
Roger Waters Waters ging gerichtlich gegen das Land Hessen vor. Foto: Lorena Sopêna
Roger Waters Waters ging gerichtlich gegen das Land Hessen vor.
Foto: Lorena Sopêna

Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters darf einer ersten Gerichtsentscheidung zufolge nun doch Ende Mai in der Frankfurter Festhalle auftreten. Das Konzert des 79 Jahre alten Sängers sollte wegen Antisemitismusvorwürfen zunächst abgesagt werden.

Waters hatte gegen den Beschluss geklagt - und am Montag vom Frankfurter Verwaltungsgericht Recht bekommen. »Roger Waters freut sich auf seinen Auftritt in Frankfurt«, erklärte dessen Management in London nach der Entscheidung.

Dagegen wollen die Stadt Frankfurt und das Land Hessen den Auftritt am 28. Mai in der Festhalle verhindern. Das hat auch mit dem Auftrittsort zu tun, denn nach der Pogromnacht 1938 waren dort laut dem Gericht mehr als 3000 jüdische Männer zusammengetrieben, festgehalten und misshandelt worden, um anschließend deportiert zu werden.

Kunstfreiheit als Argument

Das Verwaltungsgericht berief sich in seiner Entscheidung auch auf die Kunstfreiheit. Das Konzert verletze zudem nicht die Menschenwürde der in der Festhalle misshandelten jüdischen Männer und es lasse sich nicht zweifelsfrei eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Geltungs- und Achtungsanspruchs der in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden feststellen, erklärte die Kammer.

Zwar bediene sich der Antragsteller - Roger Waters - im Rahmen seiner Bühnenshow offenkundig einer an die nationalsozialistische Herrschaft angelehnten Symbolik. Gerade vor dem historischen Hintergrund der Festhalle möge die Bühnenshow daher als besonders geschmacklos zu bewerten sein. »Dies zu bewerten ist aber nicht Sache des Gerichts«, sagte eine Sprecherin.

Entscheidend sei allein, dass der Auftritt von Waters nicht die nationalsozialistische Gräueltaten verherrliche oder relativiere oder er sich mit der nationalsozialistischen Rassenideologie identifiziere. »Zudem haben wir keine Hinweise darauf, dass Rogers bei seiner Show Propagandamaterial verwendet«, so die Sprecherin.

Stadt und Land sind gemeinsam Gesellschafter der Messe Frankfurt, die die Halle vermietet. In dieser Funktion haben sie die Messe angewiesen, den Vertrag mit dem Musiker zu kündigen. Waters reichte einen Eilantrag ein, um Zugang zur Halle zu bekommen. »Politiker haben kein Recht, Künstler und ihre Fans mit Auftrittsverboten einzuschüchtern und zu schikanieren«, hatte der Sänger in London den juristischen Schritt begründet. »Ich kämpfe für all unsere Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Redefreiheit.« Zudem erklärte er bereits zuvor, er sei nicht antisemitisch.

Parteien können Einspruch einlegen

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts können die Parteien noch Einspruch beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen. Auf der »Roger Waters - This is not a drill«-Tour gastiert der Künstler auch in München, Berlin, Hamburg und Köln. An den geplanten Auftritten gibt es seit Monaten Kritik.

Waters wird unter anderem kritisiert für seine Nähe zur BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen), die zum Boykott des Staates Israel und seiner Güter wegen der Palästina-Politik aufruft. Bei Konzerten ließ er Ballons in Schweineform mit einem Davidstern aufsteigen.

Kritik auch in anderen Städten

Bereits im März hatte die Stadt München entschieden, das Waters-Konzert in der dortigen Olympiahalle nicht zu verbieten. Es sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich, den Vertrag mit dem Konzertveranstalter außerordentlich zu kündigen, hieß es damals dort. Stattdessen werde die Stadt rund um das Konzert Zeichen für Völkerverständigung, internationale Solidarität und gegen Antisemitismus setzen, ebenso für das Existenzrecht Israels und die Souveränität der Ukraine.

In Köln hatten sich mehrere Stadtrat-Fraktionen, die Synagogen-Gemeinde Köln sowie verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen gegen das Konzert ausgesprochen - der Veranstalter hält aber trotz des öffentlichen Protests daran fest. Die Stadt plant am Tag vor dem Konzert eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung, mit der sie »Stellung gegen Antisemitismus« beziehen will. Auch die Stadt Hamburg kann das in der Elbstadt geplante Konzert nach Angaben der Kulturbehörde nicht absagen, weil es nicht in städtischer Verantwortung stattfindet.

Auch Hessens Antisemitismusbeauftragter Uwe Becker (CDU) hatte die Absage des Frankfurter Konzerts gefordert. Waters habe sich in den zurückliegenden Jahren »immer mehr zu einem hasserfüllten Gegner des Staates Israel entwickelt«, sagte er schon im November 2022. Er nutze seine Bekanntheit, »um in diffamierender Weise gegen den jüdischen Staat zu hetzen und dessen Legitimation in Frage zu stellen«. Waters sei »ein schlimmes Beispiel für aggressiven, israelbezogenen Antisemitismus«.

Reaktion Jüdische Gemeinde Frankfurt

"Das Verwaltungsgericht hat einen für uns nicht nachvollziehbaren Beschluss gefasst, indem es einem ausgewiesenen Antisemiten wortwörtlich eine Bühne in Frankfurt bietet", teilte der Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt nach der Entscheidung mit. "Die Argumentation, das Grundrecht der Kunstfreiheit sei durch die Konzertabsage der Messe-Geschäftsführung verletzt, würde unserem Verständnis nur dann gelten, sofern Antisemitismus nunmehr von der Kunstfreiheit in Deutschland gedeckt wird.

Der Gießener Rechtswissenschaftler Maximilian Roth erklärte am Montag, dass die Entscheidung des Frankfurter Verwaltungsgerichts aus juristischer Sicht so zu erwarten war - gerade mit Blick auf die weit zu fassende Kunstfreiheit. Er gehe aber davon aus, dass Stadt und Land Einspruch einlegen werden.

© dpa-infocom, dpa:230424-99-430470/6