Nach dem Amoklauf in Kopenhagen haben Tausende Menschen vor dem Tatort der drei Todesopfer mit emotionalen Reden, Gesang und einer Schweigeminute gedacht.
»Ein kranker Mann hat das Feuer eröffnet - und mit einem Mal wurde uns unser strahlender Sommer genommen«, sagte Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bei der Feier, die auch der dänische Kronprinz Frederik und sein Sohn Christian besuchten. »Es ist sehr rührend und sehr bewegend, hier zu sein«, sagte der Kronprinz. »Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen.«
Oberbürgermeisterin Sophie Hæstorp Andersen forderte die Bewohner Kopenhagens auf, sich ihre Stadt nicht von der Tragödie nehmen zu lassen: »Wir lassen uns nicht einschüchtern.«
Ein 22-jähriger wird verdächtigt, in einem Einkaufszentrum im Süden der dänischen Hauptstadt am Sonntag drei Menschen getötet und vier weitere durch Schüsse schwer verletzt zu haben. Drei Menschen wurden nach Polizeiangaben außerdem wegen Verletzungen durch mögliche Streifschüsse behandelt. Der mutmaßliche Täter war bereits kurz nach der Tat festgenommen werden. Seine Untersuchungshaft wird er in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung verbringen.
Debatte über den Umgang mit psychisch Kranken
In der Psychiatrie war der Mann nach Angaben der Polizei bereits zuvor bekannt. Der Fall hat in Dänemark eine Debatte über den Umgang mit psychisch kranken Menschen losgetreten. »Man kann alle möglichen Vermutungen anstellen: War der Täter psychisch krank? War er in der Psychiatrie? Hat er um Hilfe gebeten, ist aber nicht verstanden worden?«, sagte Psychiatrie-Professor Poul Videbech von der Universität Kopenhagen im dänischen Fernsehen.
Um zu verhindern, dass solch eine Tat sich wiederhole, müsse gründlich untersucht werden, was ihr vorausgegangen sei: »Aus Rücksicht auf die Opfer, die Hinterbliebenen - und so gesehen auch auf uns alle - müssen wir das Maximale aus so einer schrecklichen Geschichte lernen«, sagte Videbech.
Nach Einschätzung der Vorsitzenden der Dänischen Psychiatrischen Gesellschaft, Psychiatrie-Professorin Merete Nordentoft, wären in der Psychiatrie rund ein Drittel mehr Mitarbeiter nötig, um psychisch Kranke angemessen zu betreuen. »Ich bin einer Meinung mit denjenigen, die da draußen sitzen und denken, dass das System so unter Druck ist, dass solche Dinge passieren können.«
Nach Recherchen des Senders DR soll der mutmaßliche Amokläufer vor der Tat versucht haben, eine Krisen-Hotline zu erreichen. Während der Untersuchungshaft soll der geistige Zustand des Verdächtigen untersucht werden. Details zu seiner Vorgeschichte sind jedoch noch nicht bekannt. Auch das Motiv für die Tat ist noch unklar. Terror soll aber nicht dahinterstecken.
Tatwaffen sollen aus einem Schützen-Club stammen
Bei seiner Festnahme trug der Tatverdächtige ein Gewehr und ein Messer bei sich. Außerdem hatte er nach Angaben der Polizei Zugang zu einer Pistole. Nach Informationen des Fernsehsenders TV2 News sollen die Tatwaffen des Mannes aus einem Schützen-Club stammen. Eine Person aus dem nahen Umfeld des Verdächtigen soll demnach Mitglied in dem Club sein und die Erlaubnis haben, Waffen des benutzten Typs zu Hause aufzubewahren. Die Polizei bestätigte die Angaben zunächst nicht.
Bei dem Angriff starben zwei dänische 17-Jährige - ein Junge und ein Mädchen - und ein Russe mit Wohnsitz in Dänemark. Die Polizei gab in einer Mitteilung an, dass der Mann 46 Jahre alt gewesen sei. Zuvor hatte sie von einem 47-Jährigen gesprochen.
Einer der Teenager hatte in dem Kino gearbeitet, das dem Einkaufszentrum angeschlossen ist. »Mit großer Trauer müssen wir bestätigen, dass einer unserer jungen Kino-Mitarbeiter sein Leben in der schrecklichen und unbegreiflichen Tragödie am Sonntag verloren hat«, teilte der Betreiber Nordisk Film Biografer am Dienstag auf Facebook mit. »Wir sind tief berührt und unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei den Angehörigen.«
Die Kollegen des gestorbenen Teenagers bekämen psychologische Hilfe, hieß es in dem Facebook-Post. Alle Kinos des Betreibers im Land waren am Dienstag geschlossen - »aus Respekt für die Opfer - und um die Situation mit unseren Mitarbeitern zu besprechen«. Das ganze Einkaufszentrum, in dem sich der Angriff ereignet hatte, bleibt noch mindestens bis kommenden Montag geschlossen.
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