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Freiburg löst mit fleischlosem Schulessen Kontroverse aus

Freiburg geht bei der Verpflegung von Kindern einen besonderen Weg. In Kitas und Grundschulen gibt es künftig nur noch ein vegetarisches Einheitsmenü. Es gibt Kritik - aber auch Zustimmung.

Schulmensa in Freiburg
Ab dem Schuljahr 2023/2024 soll in Grundschulen und Kitas nur noch ein Gericht angeboten werden, das vegetarisch ist. Foto: Philipp von Ditfurth
Ab dem Schuljahr 2023/2024 soll in Grundschulen und Kitas nur noch ein Gericht angeboten werden, das vegetarisch ist.
Foto: Philipp von Ditfurth

Der Freiburger Beschluss für ein vegetarisches Einheitsmenü an Kitas und Grundschulen hat eine Kontroverse über richtige Kinderernährung ausgelöst. Das Stuttgarter Agrarministerium ging deutlich auf Distanz und teilte auf Anfrage mit, zu einer ausgewogenen Ernährung gehöre auch Fleisch. Eine ausschließlich vegetarische Ernährung als Vorgabe unterstütze das von Ressortchef Peter Hauk (CDU) geführte Ministerium deshalb nicht.

Der Freiburger Gemeinderat hatte am Dienstagabend mit grün-linker Mehrheit beschlossen, in städtischen Kitas und Grundschulen vom kommenden Schuljahr an nur noch vegetarisches Essen auszugeben. Zudem werden die Preise für Schulessen vom Schuljahr 2023/24 an schrittweise erhöht.

Die Ernährungsexpertin Gertrud Winkler begrüßte den Kurs der südbadischen Großstadt. »Im Hinblick auf Nachhaltigkeit wurde eine zukunftsweisende Entscheidung gefällt«, sagte die Professorin von der Hochschule Albstadt-Sigmaringen der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch.

Teils heftige Kritik

»Aus wissenschaftlicher Sicht spricht nichts dagegen, in Kitas und Grundschulen für eine gesunde Ernährung nur vegetarische Gerichte anzubieten«, sagte Winkler. »Man kann in dieser Altersklasse - einen abwechslungsreichen Speiseplan vorausgesetzt - den Nährstoffbedarf mit vegetarischer Ernährung decken.«

Der Freiburger Vorstoß hatte teils heftige Kritik geerntet, unter anderem von Elternbeiräten. Dabei ging es vor allem um die Preiserhöhung für das Mittagessen. Der Vorschlag wurde im Gemeinderat mit 27 Stimmen angenommen, es gab 14 Gegenstimmen. Die Stadt machte vor allem Kostengründe geltend.

Bisher gibt es in Freiburg zwei Essensvarianten, wobei auch Fleisch und Fisch auf die Teller kommen. Auf längere Sicht sei es möglich, die Regelung mit dem Einheitsmenü auch auf weiterführende Schulen anzuwenden. Der Anteil von Bio-Produkten bei der Schul- und Kita-Verpflegung soll auf 30 Prozent steigen - bisher sind es 20 Prozent.

SPD: Kitas und Grundschulen sollen frei entscheiden

»Kinder sollen in ihrer Entwicklung die Möglichkeit haben, einen eigenen Geschmack zu entwickeln und sich auszuprobieren. Dazu gehört auch der Verzehr von Fleisch«, teilte das baden-württembergische Agrarministerium mit. Verminderte Mengen seien dabei durchaus angebracht. Dem Ministerium sei keine andere Stadt oder Kommune im Land bekannt, die eine komplett fleischlose Kost in Kitas und Schulen anbiete.

Zu dem Einwand des Ministeriums sagte Hochschullehrerin Winkler: »Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der Kinder zu Hause Fleisch und Wurstwaren bekommt.« Somit sei auch dem Argument des Ministeriums Genüge getan. Winkler ist in Sigmaringen Studiendekanin für die Bereiche Lebensmittel, Ernährung und Hygiene.

Kitas und Grundschulen sollten frei entscheiden können, was bei ihnen auf den Teller kommt, forderte die oppositionelle SPD im Stuttgarter Landtag. Um einkommensschwache Familien und Alleinerziehende zu entlasten, müsse das Mittagessen an Schulen und Kitas kostenfrei sein, forderte der Bildungsexperte der Fraktion, Daniel Born.

Freiburg verfolgt eine ehrgeizige Nachhaltigkeitspolitik und findet dabei aus eigener Sicht weltweit Beachtung und Anerkennung. In den Kantinen der Stadtverwaltung geht es bereits »fleischsensibel« und regional zu. Geführt wird die Kommune von Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos).

© dpa-infocom, dpa:221018-99-173526/7