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Forscher haben mehr Daten zu Algenblüte in der Oder

Wissenschaftler haben mehr Daten zur Ausbreitung der Algenblüte in der Oder. Können diese mehr Hinweise auf den Verursacher der Umweltkatastrophe geben? Grünen-Politikerin Baerbock fordert ein Miteinander von Polen und Deutschland.

Wissenschaftler untersuchen den Fischbestand
In einem Kahn, der sich im deutsch-polnischen Grenzfluss Oder spiegelt, sitzt Daniel Hühn, Fischereiwissenschaftler vom IGB Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, um die Hintergründe der Umweltkatastrophe zu untersuchen. Foto: Patrick Pleul
In einem Kahn, der sich im deutsch-polnischen Grenzfluss Oder spiegelt, sitzt Daniel Hühn, Fischereiwissenschaftler vom IGB Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, um die Hintergründe der Umweltkatastrophe zu untersuchen.
Foto: Patrick Pleul

Auf der Suche nach der Ursache für das große Fischsterben in der Oder hat das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) weitere Erkenntnisse gewonnen. Nach Angaben der Wissenschaftler hat sich das Ausbreiten einer massiven Algenblüte im Fluss bereits Anfang August auf der Höhe von Wroclaw (Polen) gezeigt. Das zeigten Auswertungen von Satellitendaten.

Bei einem Besuch in einer Gemeinde an der Oder betonte die Grünen-Politikerin Annalena Baerbock die gemeinsame Verantwortung von Deutschland und Polen für den Fluss. Unterdessen machen Nachrichten nach Beprobungen in der Oder durch das Institut für Binnenfischerei in Potsdam-Sacrow Hoffnung.

Die Wissenschaftler des IGB haben Satellitendaten ausgewertet, die zeigten, dass es vom 3. bis 4. August einen sprunghaften Anstieg der Chlorophyll-Konzentrationen im gesamten Flusslauf gegeben hat. Diese gelten als Anzeiger für die Algenblüte. Auch vom 19. bis 20. Juli seien diese Werte erhöht gewesen, wie das IGB am Donnerstag mitteilte. Ob es sich um die sogenannte Goldalge (Prymnesium parvum) handele, die von den Wissenschaftlern mit Daten nach dem 6. August nachgewiesen wurde, könne nicht gesagt werden, sagte der Gewässerökologe des Instituts, Christian Wolter, der Deutschen Presse-Agentur. »Die Satellitenbilder differenzieren nicht zwischen Arten. Das können auch andere Algen gewesen sein. Man bräuchte aus dem entsprechenden Gebiet Wasserproben, um das nachweisen zu können.«

Woher stammt das eingelassene Salz?

Die Experten des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei sehen deutliche Anzeichen dafür, dass eine giftige Alge schuld am massenhaften Fischsterben ist. Das starke Wachstum der Alge, die eigentlich im Brackwasser gedeiht, gehe wiederum auf einen Salzeintrag in den Fluss zurück, hatte Forscher Tobias Goldhammer gesagt. Woher das Salz stammt, ist noch immer unklar. Auch spielten laut der Wissenschaftler weitere Faktoren eine Rolle, darunter das Niedrigwasser und eine erhöhte Wassertemperatur. Das Institut hatte das Gift im Wasser der Oder nachgewiesen.

Ob die Algenblüten vom Juli und August in direktem Zusammenhang stehen, kann nach Angaben der Forscher noch nicht abschließend beurteilt werden. Deutlich erkennbar sei aber die sehr schnelle Ausbreitung der Blüte, die sich daran anschloss und die ab dem 10. August fast die gesamte Oder umfasste.

19 gesunde Fischarten nachgewiesen

Unterdessen sind bei Beprobungen in einem Oderabschnitt in Brieskow-Finkenheerd bei Frankfurt (Oder) 19 gesunde Fischarten nachgewiesen worden. Das berichtete der Wissenschaftler am Institut für Binnenfischerei in Potsdam-Sacrow (IfB), Daniel Hühn. Dabei sei unter den über 1800 gefangenen Fischen vom Jungfisch bis zu mehrjährigen Fischen alles dabei gewesen. Das Institut in Potsdam forscht unter anderem zu Fischökologie in Binnengewässern.

Man bekomme allerdings bei der Stichprobe nur einen Bruchteil der Fische, die wirklich in der Oder sind, erklärte der Wissenschaftler.

Baerbock besucht Oder-Region

Bei einem Besuch in der Oder-Region mahnte Grünen-Politikerin Annalena Baerbock die gemeinsame Verantwortung auf beiden Seiten des Flusses an. In der Gemeinde Reitwein hatte sich die Außenministerin in ihrer Funktion als brandenburgische Bundestagsabgeordnete ein Bild von der aktuellen Lage gemacht. »Das Wasser kennt keine Grenze, und die Konsequenzen treffen uns alle. Deswegen ist es für mich persönlich entscheidend, dass wir, in Deutschland und in Polen, gemeinsam über die Oder beraten - nicht ohne- oder gar gegeneinander«, sagte Baerbock. Die Zusammenarbeit mit Polen betreffe alle Fragen: die Aufklärung des Fischsterbens, aber genauso Fragen der weiteren Nutzung und des Oder-Ausbaus. »Wir müssen mehr miteinander sprechen, nicht weniger.«

Die genaue Ursache für das Fischsterben ist nach Angaben des Brandenburger Umweltministeriums noch nicht abschließend geklärt. Bis Ende September soll der Abschlussbericht einer deutsch-polnischen Expertengruppe über die Ursachen vorliegen.

Auch wenn noch Unklarheit über die Ursache der Umweltkatastrophe herrsche, würden die Folgen lange Zeit sichtbar sein, so Baerbock. »Wir werden den Umgang mit unseren Flüssen überdenken müssen.« Das sei nicht nur eine deutsche, sondern eine europäische Frage, sagte die Bundestagsabgeordnete, die auch Bundesaußenministerin ist. In Zeiten von großer Dürre und geringen Wasserständen könne Stress etwa durch Einleitungen von Abwasser reduziert werden, damit Flüsse nicht kippten wie die Oder. Die Menschen müssten dafür Sorge tragen, dass Flüsse in einem guten ökologischen Zustand sind.

© dpa-infocom, dpa:220901-99-593103/5