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Aktuell Urteil

Erzieher quälte Mädchen in Wohngruppe - Gefängnisstrafe

Mehr als 25 Jahre lang wurden in einem Haus in Gifhorn Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen betreut. Doch der Leiter der familienähnlichen Gruppe soll Mädchen sexuell missbraucht und gequält haben. Das Landgericht Hildesheim schickt ihn ins Gefängnis.

Angeklagter
Dem 57 Jahre alten Erzieher wird schwerer sexueller Kindesmissbrauch vorgeworfen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Dem 57 Jahre alten Erzieher wird schwerer sexueller Kindesmissbrauch vorgeworfen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

HILDESHEIM. In einer von einem Pädagogen-Paar aus Gifhorn geleiteten Wohngruppe für hilfsbedürftige Kinder ist es nach Überzeugung des Landgerichts Hildesheim zu sexuellem Missbrauch und Misshandlungen gekommen.

Die Strafkammer verurteilte einen 57 Jahre alten Erzieher am Donnerstag zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass er zwischen 1998 und 2007 zwei Mädchen quälte, indem sie noch als Schülerinnen mehrere übereinander geklebte Windeln tagelang tragen mussten. Laut einem Gerichtssprecher soll der Mann damit seine sexuellen Neigungen ausgelebt haben. Eines der Kinder wurde auch in einen Käfig gesperrt.

Verurteilt wurde der 57-Jährige zudem wegen zweier sexueller Übergriffe auf ein Kind in der Badewanne beziehungsweise in einem Bett. Betroffen war ein Mädchen, das vom Kleinkindalter an 13 Jahre lang in der Gruppe gelebt hatte. Die mitangeklagte 61 Jahre alte Ehefrau erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, hauptsächlich weil sie die Taten zugelassen habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Fall war ins Rollen gekommen, nachdem eine frühere Bewohnerin Anfang 2019 zur Polizei gegangen war.

Die Sozialpädagogin saß für kurze Zeit, ihr Mann ein Jahr lang in Untersuchungshaft. Bis zu ihrer Festnahme hatten sie mehr als 25 Jahre lang die familienähnliche Wohngruppe für teils traumatisierte Kinder geleitet. Ursprünglich war der Erzieher wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs in zwölf Fällen und schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen in vier Fällen angeklagt. Vier junge Frauen traten als Nebenklägerinnen auf.

Vorwürfe in Bezug auf zwei weitere frühere Bewohnerinnen konnten nicht bewiesen werden. Deshalb gab es hinsichtlich dieser Taten einen Freispruch. Vieles spreche zwar dafür, dass es so gewesen sei, wie die beiden Zeuginnen es schilderten, sagte der Gerichtssprecher. Allerdings sei laut Gutachten nicht zu belegen, dass das Geschehen sich wirklich so abgespielt hat. Eine der Frauen hatte von Träumen berichtet, eine andere von Erinnerungen im Zuge einer therapeutischen Aufarbeitung.

Das Tragen der Windeln hatte das Paar dagegen sogar protokolliert. Bei einer polizeilichen Vernehmung hatte der Mann von einer Art Re-Inszenierung zur Aufarbeitung früherer Traumata gesprochen. Als die Übergriffe geschahen, war die Gruppe in Trägerschaft der Diakonischen Heime Kästorf. 2007 wurde das Arbeitsverhältnis mit dem Ehepaar aufgelöst, und es suchte sich einen neuen Träger. Hinweise auf sexuellen Missbrauch gab es laut Diakonie nie. (dpa)