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Drach-Prozess: Zweifaches Raubopfer im Zeugenstand

Gleich zwei Mal ist er Opfer von Raubüberfällen geworden, die Thomas Drach zur Last gelegt werden. Jetzt sagt der 62-jährige Mann vor Gericht aus.

Fortsetzung Drach-Prozess
Thomas Drach muss sich wegen mehrerer Überfälle auf Geldtransporter vor dem Landgericht Köln verantworten. Foto: Oliver Berg
Thomas Drach muss sich wegen mehrerer Überfälle auf Geldtransporter vor dem Landgericht Köln verantworten.
Foto: Oliver Berg

So viel Unglück kann man kaum haben: Ein heute 62 Jahre alter Mann wurde laut Anklage gleich zwei Mal Opfer von Raubüberfällen, die dem Reemtsma-Entführer Thomas Drach zur Last gelegt werden.

Am Donnerstag sagte der Transportfirmen-Angestellte zu beiden Taten vor dem Kölner Landgericht aus. Er schilderte dramatische Momente und seine eigene Angst.

Der erste Überfall spielte sich im März 2018 an einer Ikea-Filiale in Köln ab. Als Fahrer sei er an jenem Tag im Transportfahrzeug geblieben, während sein Kollege die Tageseinnahmen - laut Anklage rund 76.000 Euro - in dem Möbelhaus abgeholt habe. »Ich habe gedacht, dass ist ein Ikea-Mitarbeiter«, sagte der 62-Jährige über den damaligen Täter.

Doch dann habe er plötzlich »ein Maschinengewehr mit kurzem Lauf« wahrgenommen, das zunächst durch seinen Kollegen verdeckt gewesen sei. Daraufhin habe er sofort einen Notruf an die Polizei abgesetzt.

Gleich noch einmal

Genau ein Jahr später wurde es noch dramatischer. Diesmal wurden der Geldbote und seine Kollegen am Flughafen Köln/Bonn überfallen, als sie die Wechselgeldkassetten an einer Gepäckwagenstation austauschten. Im Gerichtssaal vorgespielte Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigten eine bewaffnete Person, die auf die Geldboten zukommt und sie bedroht. Währenddessen rauscht von rechts das spätere Fluchtfahrzeug rückwärts in den Bildausschnitt.

Dann fällt einer der Geldboten von einem Schuss getroffen zu Boden. Zwei Geldkassetten werden von den beiden Räubern ins Fluchtfahrzeug bugsiert. Dann rast das Auto davon, die Klappe des Kofferraums noch offen.

An die dramatischen Momente hat der 62-Jährige - er blieb bei dem Überfall körperlich unverletzt - kaum Erinnerungen. Den Schuss auf den Kollegen habe er noch mitbekommen. Und, dass dieser daraufhin zu Boden gegangen sei und sich ans Bein gegriffen habe. Laut Anklage war der Mann so schwer verletzt worden, dass er nur nach einer Notoperation überlebte.

Unscharfe Erinnerungen

»Ich war quasi wie erstarrt«, beschrieb der 62-Jährige die Situation. Seinem Kollegen zu helfen, habe er sich nicht getraut. »Ich fühlte mich wie unter Beobachtung. So, als wenn die Waffe auf mich gerichtet wäre.« Ob dem auch so war, das konnte er nicht sagen. »Ich hab’ das verdrängt«, erklärte er seine unscharfe Erinnerung. Er habe noch lange unter dem Eindruck des Überfalls gestanden und habe Hilfe bei einer Psychologin gesucht.

Laut Anklage war Drach der bewaffnete Täter, sein Mitangeklagter aus den Niederlanden der Fluchtwagenfahrer. Die Beute bei dem Überfall: lediglich Münzgeld in Höhe von 400 Euro.

Drach werden in dem Verfahren noch zwei weitere Überfälle auf Werttransporter in Frankfurt am Main und in Limburg zur Last gelegt. Neben besonders schweren Raubes wirft die Staatsanwaltschaft Drach auch versuchten Mord vor. Er soll insgesamt zweimal auf Wachleute geschossen und sie lebensgefährlich verletzt haben. 

1996 hatte Drach Jan Philipp Reemtsma, den Erben eines Hamburger Tabakkonzerns, entführt und erst nach einer Lösegeldzahlung wieder frei gelassen. Der heute 61-Jährige war für die Tat zu vierzehneinhalb Jahren verurteilt worden.

© dpa-infocom, dpa:220428-99-80406/3