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Dammbruch: Helfer finden immer mehr Tote

Eine tödliche Mischung aus Wasser, Geröll und Erde hat Menschen, Tiere und Häuser unter sich begraben. Die Bergung der Opfer aus den zähen Schlammmassen ist schwierig. Israelische Spezialisten wollen nun mit Spezialgerät die Handys der Verschütteten orten.

Suche nach Überlebenden
Ein Hubschrauber fliegt über das Gebiet, wo der Damm gebrochen war. Die Hoffnung schwindet, doch die Suche geht weiter. Foto: Leo Correa/AP
Ein Hubschrauber fliegt über das Gebiet, wo der Damm gebrochen war. Die Hoffnung schwindet, doch die Suche geht weiter. Foto: Leo Correa/AP

BRUMADINHO. Nach dem Dammbruch an einer Eisenerzmine in Brasilien bergen die Einsatzkräfte immer mehr Leichen aus den Schlammmassen.

Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg auf 60, wie die Feuerwehr mitteilte. 292 weitere Menschen wurden noch vermisst. Die Zahl der Toten dürfte demnach weiter steigen. »Unsere Priorität ist es, Überlebende und Opfer zu finden«, sagte der Gouverneur des Bundesstaats Minas Gerais, Romeu Zema.

Unterstützt wurden die lokalen Rettungskräfte von 136 israelischen Soldaten, die an die Unglücksstelle gereist waren. Sie brachten unter anderem Geräte zur Ortung von Handysignalen im Schlamm mit. Die Gegebenheiten im Katastrophengebiet, seien »sehr schwierig und sehr gefährlich«, sagte der Leiter der israelischen Mission, Oberst Golan Vach. Während der Schlamm langsam trocknete, kämpften sich die Einsatzkräfte an bislang unzugängliche Stellen vor. Mit Stäben sondierten sie den Untergrund und gruben nach Verschütteten.

Helfer entdeckten unter anderem einen unter den Schlammmassen begrabenen Bus. Ob und wie viele Menschen in dem Fahrzeug saßen, war zunächst unklar. »Ich wollte helfen, eine Kuh zu retten und sah ein blaues Teil, ich grub und sah, dass es ein Fahrzeug war, vielleicht ein Minibus«, sagte ein freiwilliger Helfer dem Nachrichtenportal G1. Er habe aber kein Werkzeug bei sich gehabt und nicht sehen können, ob in dem Bus Menschen saßen.

Wie es genau zu dem Unfall kam, war zunächst unklar. Der TÜV Süd hatte die Dämme im vergangenen Jahr geprüft, wie das Unternehmen in München auf Anfrage bestätigte. »Wir werden die Ermittlungen vollumfänglich unterstützen und den Ermittlungsbehörden alle benötigen Unterlagen zur Verfügung stellen«, teilte der TÜV Süd mit.

Vale-Präsident Fábio Schvartsman sprach von einer »fürchterlichen Tragödie«. Die Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung ein, um die Verantwortlichen für das Unglück zu ermitteln. »Es wird eine strafrechtliche Verfolgung der Personen geben, die für diesen Unfall verantwortlich sind«, sagte Generalstaatsanwältin Raquel Dodge.

Das Umweltministerium kündigte eine Strafe in Höhe von 250 Millionen Reais (58 Mio Euro) gegen den Konzern an. Insgesamt blockierte die brasilianische Justiz Vermögenswerte von Vale in der Gesamthöhe von elf Milliarden Reais (2,6 Mrd Euro), um die Finanzierung der Aufräumarbeiten und Schadensersatzzahlungen abzusichern. Am ersten Handelstag nach dem Unglück brach der Aktienkurs von Vale am Montag um fast 20 Prozent ein.

Angesichts der Katastrophe und möglicher Umweltschäden, rief die Naturschutzorganisation WWF deutsche Unternehmen dazu auf, Verantwortung zu übernehmen. Deutschland beziehe über 50 Prozent seines importierten Eisenerzes aus Brasilien und zähle zu den größten Abnehmern des Rohstoffs. »Der Dammbruch zeigt, welch unfassbares Leid der Abbau von Rohstoffen verursachen kann«, sagte Jörg-Andreas Krüger vom WWF. »Auch deutsche Unternehmen tragen hierfür Verantwortung, wenn sie Rohstoffe aus solchen Bergwerken importieren.«

Im Jahr 2015 gab es in Minas Gerais schon ein ähnliches Unglück. Bei der »Tragödie von Mariana« kam es in einem Eisenerzbergwerk zu einem Dammbruch an einem Rückhaltebecken. Seinerzeit kamen 19 Menschen ums Leben. Das damalige Betreiberunternehmen Samarco gehörte ebenfalls Vale sowie dem australisch-britischen Konzern BHP. Eine riesige Welle mit Schlamm und schädlichen Stoffen ergoss sich in angrenzende Ortschaften und kontaminierte den Fluss Rio Doce auf rund 650 Kilometern Länge. Bis in den Atlantik floss die braunrote Brühe. (dpa)