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Boris Becker: »War mit Tennis beschäftigt«

24 Anklagepunkte stehen gegen Boris Becker in London im Raum. Es geht um Konten, Immobilien und Pokale, die der dreimalige Wimbledonsieger seinem Insolvenzverwalter vorenthalten haben soll.

Becker-Prozess
Auf dem Weg zum Gericht: Boris Becker und seine Lebensgefährtin Lilian De Carvalho Monteiro. Foto: Tayfun Salci
Auf dem Weg zum Gericht: Boris Becker und seine Lebensgefährtin Lilian De Carvalho Monteiro.
Foto: Tayfun Salci

Es ist ein stressiges, turbulentes Leben, das Boris Becker lange Zeit führte. Wie viele Konten der frühere Tennis-Star wo besitzt, dass Immobilien in seinem Namen geführt wurden und wo die gewonnenen Trophäen lagern?

Davon hat Becker keine Ahnung, wie er mehrmals zu Protokoll gibt. Am Dienstag hatte der 54-Jährige vor dem Southwark Crown Court in London erneut die Gelegenheit, sich ausführlich zu den Vorwürfen zu äußern. Mit fester Stimme, aber sichtlich nervös und angespannt antwortet Becker dann oft »Das ist korrekt« auf die Angaben seines Anwalts Jonathan Laidlaw. »Das ist nicht korrekt«, erwidert er hingegen Staatsanwältin Rebecca Chalkley.

So will die Anklagevertreterin Becker partout nicht glauben, dass er seine Insolvenz nicht kommen sah. Schon 2015 sei dem früheren Wimbledon-Sieger bewusst gewesen, dass er bankrott sei, sagte Chalkley und zitierte aus einem Schreiben an den 54-Jährigen, in dem eine Bank Millionen Euro zurückfordert. Er bekomme viel Post und habe den Brief nicht gelesen, entgegnet Becker.

Es geht um viel für Becker. Einst bejubelter Wimbledonsieger und Tennis-Wunderkind, haben Affären und Finanzskandale an seinem Image gekratzt. Oft wirkt es, als sei er in seiner Wahlheimat Großbritannien, wo er als Experte für Tennis-Übertragungen beliebt ist, deutlich höher angesehen als in Deutschland. Nun wird ihm ausgerechnet in London, wo er seit Jahren wohnt, der Prozess gemacht.

Die Anklage wirft dem Leimener vor, während seiner Insolvenz Vermögensbestandteile nicht angegeben zu haben. Darunter sind mehrere Tennistrophäen und Auszeichnungen, aber auch Immobilien und Konten. Insgesamt umfasst die Anklage 24 Punkte. Becker könnten theoretisch bis zu sieben Jahre Haft drohen.

Vom Preisgeld ist nichts geblieben

Bereits am Montag hatte er betont, finanzielle Fragen stets seinen Beratern überlassen und auch keine Verträge gelesen zu haben. Insgesamt gut 25 Millionen US-Dollar Preisgeld hat Becker in seiner Karriere von 1984 bis 1999 erspielt. Geblieben ist nichts. 2017 erklärte ein Gericht in London ihn für zahlungsunfähig. Das sei noch immer so, betonte Becker nun.

Im dunkelblauen Anzug und mit weißem Hemd folgte der 54-Jährige hochkonzentriert den Ausführungen seines Anwalts. Immer wieder nahm er einen Schluck aus einer Wasserflasche, mal zupfte er an seinem Kragen. Neben ihm lagen Aktenordner auf dem Boden, in denen er gelegentlich Dokumente nachschlug. Schräg hinter ihm saß seine Partnerin Lilian De Carvalho Monteiro. Auch private Fragen kommen in dem Prozess zur Sprache - es geht unter anderem darum, ob Becker seiner Tochter Anna Ermakowa eine Wohnung gekauft hat.

Am Dienstag ging es zunächst um sein Elternhaus in Leimen, als dessen Inhaber Becker eingetragen war - ohne sein Wissen, wie er beteuert. Auch andere Immobilien wurden erwähnt, auch hier war der Star-Sportler nach eigenen Angaben nicht über die Besitzverhältnisse im Klaren. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Konten. Dass seine Eltern 1989 in seinem Namen ein Konto eröffnet hatten? »Ich war damit beschäftigt, um die Welt zu reisen und Tennis zu spielen«, sagte Becker. Warum er in Belgien drei Konten einer US-Bank besaß, weiß er nicht zu sagen. Vermutlich seien die im Rahmen einer Werbepartnerschaft eröffnet worden.

Was ist mit den Trophäen?

Insolvenzverwalter Mark Ford hätte auch gerne mehrere Auszeichnungen von Becker. Der Tennisstar entziehe die Pokale dem Zugriff. Das bestreitet Becker. Er wisse einfach nicht, wo die Trophäen stehen. Überhaupt handle es sich ja dabei gar nicht um die Originale, die er nach dem Finale noch auf dem Platz in die Hände gedrückt bekam. Agenten oder Betreuer erhielten eine meist deutlich kleinere Replikafassung, erzählte Becker.

Er selbst sei schon wieder auf dem Weg zum nächsten Turnier gewesen. »Die Trophäen selbst waren mir nicht wichtig«, berichtete er. Für ihn sei der Titel an sich wichtiger gewesen. Nun bedauere er diese Sicht. Sollte er die Pokale wiederfinden, werde er sie sofort abgeben, versicherte er.

An diesem Mittwoch will die Staatsanwältin Becker weiter befragen. Über das Ergebnis entscheidet schließlich eine Jury. Mit einer Entscheidung wird in der kommenden Woche gerechnet.

© dpa-infocom, dpa:220329-99-714179/8