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BGH entscheidet im Skandal um minderwertige Brustimplantate

Der Silikon-Skandal um Brustimplantate betrifft viele Frauen. Beim französischen Hersteller ist kein Schadenersatz mehr zu holen. Können sich aber Krankenkassen die Kosten für nötige Operationen vom TÜV Rheinland erstatten lassen?

BGH entscheidet über Schadenersatz
Im Streit um Schadenersatz im Skandal um minderwertige Brustimplantate aus Industrie-Silikon verkündet der Bundesgerichtshof (BGH) sein Urteil. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Im Streit um Schadenersatz im Skandal um minderwertige Brustimplantate aus Industrie-Silikon verkündet der Bundesgerichtshof (BGH) sein Urteil. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

KARSLRUHE. Der Bundesgerichtshof (BGH) will heute seine Entscheidung im Streit um Schadenersatz im Skandal um minderwertige Brustimplantate aus Industrie-Silikon verkünden.

Es handelt sich um einen schwierigen Fall, wie der Vorsitzende Richter des VII. Zivilsenats, Rüdiger Pamp, bei der Verhandlung im vergangenen September gesagt hatte.

Der Revisionsprozess zwischen der AOK Bayern und dem TÜV Rheinland umfasst die Fälle von 26 Frauen. Die AOK hatte die Operationskosten erstattet und will das Geld nun vom TÜV Rheinland zurück.

Die Frauen hatten reißanfällige Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) austauschen lassen. PIP hatte bis 2010 jahrelang Implantate mit für diese Zwecke nicht zugelassenem Industriesilikon verkauft.

Das Unternehmen meldete 2011 Insolvenz an und wurde liquidiert. Der TÜV Rheinland hatte Qualitätssicherung und Dokumentation des Unternehmens geprüft, damit PIP das CE-Kennzeichen anbringen konnte, das Voraussetzung für den Einsatz von Medizinprodukten in Deutschland ist. Bei der Klage geht es um mehr als 50 000 Euro. In den Vorinstanzen hatte die AOK Bayern keinen Erfolg.

Im Juni 2017 hatte der BGH-Senat bereits entschieden, dass einer betroffenen Frau aus Ludwigshafen kein Schadenersatz vom TÜV Rheinland zusteht. Die Prüfer hätten bei der Überwachung von PIP keine Pflichten verletzt. Zuvor hatte sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit dem Fall befasst.

Juristisch entscheidend könnte die Frage sein, ob in dem Fall ein Vertrag mit Bindungswirkung zugunsten Dritter vorliegt und ob der TÜV mit seiner Zertifizierung eine Garantenstellung einnimmt. Nicht nur bei dieser Frage ließen die Richter bei der Verhandlung offen, in welche Richtung sie tendieren. Pamp nutzte wiederholt Formulierungen wie »darüber kann man streiten« oder »das ist fraglich«.

Der Anwalt der AOK hatte in der Verhandlung auf eine Richtlinie der Europäischen Union verwiesen, deren Ziel der Schutz vor Schäden durch Medizinprodukte sei. Seiner Auffassung nach entfaltet der Vertrag zwischen dem TÜV Rheinland und PIP eine Schutzwirkung gegenüber den Empfängerinnen der Produkte.

Die Anwältin des TÜV Rheinland sah das anders. Der TÜV habe das CE-Siegel nicht verliehen, sondern nur bestätigt, dass Qualitätssicherung und Dokumentation dazu geeignet seien, ordnungsgemäße Produkte zu produzieren. Das CE-Siegel sei eine eigene Erklärung des Herstellers. Der TÜV Rheinland habe keine Zwangsmöglichkeiten und könne nicht durchgreifen. (Az. VII ZR 151/18) (dpa)