KARLSRUHE. Wer raubkopierte Filme bei YouTube hochlädt, riskiert Schadenersatz-Forderungen - sofern er sich aufspüren lässt. Welche Auskünfte geschädigte Firmen dabei von der Internet-Plattform erwarten können, soll jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Streit aus Deutschland klären.
Das gab der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag bekannt. Die Richter fragen nach einer Klage des Filmverleihers Constantin die Luxemburger Kollegen um Rat. Das Verfahren wird deshalb ausgesetzt.
Constantin will drei Nutzern auf die Spur kommen, die 2013 und 2014 die Kinofilme »Parker« und »Scary Movie 5« bei YouTube einstellten. Die dafür Verantwortlichen verbergen sich hinter Decknamen. Anders als in Internet-Tauschbörsen hinterlassen Nutzer auf Plattformen wie YouTube nicht sichtbar ihre IP-Adresse. Mehr weiß nur der Betreiber.
Wer YouTube aktiv nutzen will, muss beim Mutterkonzern Google ein Konto eröffnen. Dafür braucht es einen Namen, eine E-Mail-Adresse und das Geburtsdatum. Um Videos zu veröffentlichen, die länger als 15 Minuten sind, musste man früher auch eine Mobilfunknummer angeben.
Eine 1990 ins noch ältere Urheberrechtsgesetz eingefügte Vorschrift verpflichtet Plattform-Betreiber, den Geschädigten »Namen und Anschrift« herauszugeben. Beides liegt YouTube nach eigenen Angaben zumindest nicht in geprüfter Form vor. Constantin will deshalb die E-Mail-Adressen und Telefonnummern sowie die verwendeten IP-Adressen wissen. Aber ist das durch die Formulierung im Gesetz gedeckt?
Dabei spielt auch eine EU-Richtlinie eine Rolle. Dort ist von »Namen und Adressen« die Rede. Der EuGH soll nun klären, was das umfasst.
Die BGH-Richter sind der Meinung, dass sich die Regelung heutzutage auf E-Mail-Adressen und Telefonnummern erstrecken könnte. Schließlich würden Smartphones auch für Kurznachrichten per SMS oder WhatsApp genutzt - und damit für schriftliche Kommunikation. Wer eine Telefonnummer beantragt, muss immer seinen echten Namen angeben.
Mit der IP-Adresse ließe sich beim Provider herausfinden, von welchem Anschluss aus der Film hochgeladen wurde. Hier ist der BGH aber skeptisch: Die IP-Adresse führe zu einem bestimmten Gerät und nicht zu einer Person, gab der Senatsvorsitzende Thomas Koch zu bedenken.
YouTube will nach früheren Angaben in erster Linie Rechtssicherheit bei der Frage, welche Daten herauszugeben sind. Brisanter für das Unternehmen ist ein zweites BGH-Verfahren, das bereits beim EuGH liegt. Dort streitet ein Musikproduzent dafür, dass die Plattform selbst für den finanziellen Schaden aufkommen muss, den ihre Nutzer durch das unberechtigte Einstellen fremder Werke anrichten.
Bisher sperrt YouTube solche Inhalte nur, wenn sie gemeldet oder mit Hilfe einer speziell entwickelten Software aufgespürt werden. Eine derzeit laufende Reform des EU-Urheberrechts könnte Plattformen wie YouTube bald stärker in die Pflicht nehmen. Geschützte Werke müssten lizenziert werden - oder gar nicht erst hochgeladen. Viele glauben, dass das nicht ohne die umstrittenen Upload-Filter möglich sein wird. (dpa)