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Blumen und bleibende Werte bei der Landesgartenschau in Überlingen

Ein Jahr später als geplant hat in Überlingen die erste Landesgartenschau am Bodensee eröffnet.

Der Uferpark mit mehreren direkten Zugängen ans Wasser ist ein sechs Hektar großer bleibender Gewinn für Überlingen.
Der Uferpark mit mehreren direkten Zugängen ans Wasser ist ein sechs Hektar großer bleibender Gewinn für Überlingen. Foto: Mirjam Sperlich
Der Uferpark mit mehreren direkten Zugängen ans Wasser ist ein sechs Hektar großer bleibender Gewinn für Überlingen.
Foto: Mirjam Sperlich

ÜBERLINGEN. Sogar für die Überlinger selbst war das Gartenschaugelände gesperrt, während sie auf die Eröffnung warten mussten. Jetzt stehen ihnen bis Sonntag, 17. Oktober, fünf miteinander vernetzte Ausstellungsbereiche offen.

Die Villengärten: Als erweiterter Kurpark mitten in der Stadt gelten sie als das Herzstück der Landesgartenschau. In 13 Mustergärten zeigen regionale Betriebe, was sie können, auch Friedhofsgärtner und Baumschulen haben ihren Bereich. Ein besonderes Erlebnis sind die vier sogenannten schwimmenden Gärten. Das leichte Schwanken auf den hölzernen Plattformen stellt die Seetauglichkeit der Besucher auf die Probe. Pinkfarbene Sitzgelegenheiten laden ein, Platz zu nehmen – den See, Enten und Schwimmer im Blick.

Angebot für GEA-Abonnenten

Für seine Abonnenten bietet der GEA am Donnerstag, 16. September, eine Leserfahrt zur Landesgartenschau nach Überlingen an. Im Preis inkludiert sind der Eintritt, die Busfahrt, eine Führung mit Sektempfang sowie Kaffee und Kuchen. Für weitere Details achten Sie auf die Anzeige im Blatt Mitte August. (GEA)

Uferpark: Im Westen der Stadt wurde eine naturnahe Uferlandschaft mit mehreren direkten Zugängen ans Wasser geschaffen – ein sechs Hektar großer bleibender Gewinn für Überlingen. Zuvor stützte eine sechs Meter hohe Mauer aus Beton eine Straße, eine Gewerbegebiet und einen Campingplatz – ein Bild erinnert an den tristen Anblick. Heute lädt der Uferstreifen nicht nur zum Spaziergang durch ein Blumenmeer ein. Sitz- und Liegegelegenheiten auf der Wiese und an der Böschung, eine Strandbar, wo man mit Blick auf den verschneiten Säntis eine kühlen Cocktail trinken oder in einer der Riesenschaukeln ins Himmelblau abheben kann, sorgen für Urlaubsstimmung. Auch ein Kneipp-Anlage, in der man bei Mittelhochwasser nasse Füße bekommt, gehört zum Uferpark.

Seebühne: Auf einem Unterbau aus zehn Schwimmpontons schwebt die Sparkasse-Bodenseebühne. 120 Quadratmeter groß, mit Platz für (theoretisch, ohne Pandemiebedingungen) 700 Zuschauer und allem technischem Equipment wie Beschallungsanlage und Beleuchtung. Aktuell dürfen 250 Karten vergeben werden, für Veranstaltungen müssen Platzkarten gebucht werden.

Die schwimmenden Gärten sind ein ganz besonderes See-Erlebnis. Foto: Mirjam Sperlich
Die schwimmenden Gärten sind ein ganz besonderes See-Erlebnis.
Foto: Mirjam Sperlich

Bürgerbeteiligung:  Gartenschauen haben immer eine lange Vorgeschichte, Überlingen hat sich in 2009 beworben und 2010 den Zuschlag bekommen. Um die Akzeptanz bei einschneidenden Baumaßnahmen zu erhöhen (die Zustimmung bei einer Bürgerbefragung in 2014 lag bei 60 Prozent), waren Bürger:innen mehrfach zu Baustellenbegehungen mit Geschäftsführer Roland Leitner eingeladen. Nach der Gartenschau ist er wieder Amtsleiter für Stadtentwicklung und Grün. Lebhaft erinnert er sich an eine Dame, die sich heftigst empörte über die Aufschüttung am Uferpark, wo der abgetragene Beton und viel Erdreich zu einem fünf Meter hohen Hügel aufgeschüttet wurde. Nachhaltiges Bauen war ein Grund für diese Maßnahme. Ein weiterer der Perspektivwechsel, den dieser Höhenunterschied verursachte, und der auch die Kritikerin besänftigte.

Ehrenamtliche: Sie klappen Liegestühle auf und zu, sammeln Fallengelassenes und Blätter auf, wischen am Morgen Bänke und Stühle trocken. 600 ehrenamtliche Helfer:innen, zu erkennen an ihren pinkfarbenen Jacken, sind im Einsatz auf dem Gelände und an den Einlässen. Wo sie können, helfen sie Besuchern gerne weiter. Wer sich zu mindestens 60 Stunden Mitarbeit verpflichtet, bekommt eine Dauerkarte.Blumenflor. Um die Blumenbeete, die nach Plänen der Hamburger Gartengestalterin Petra Pelz angelegt wurden, kümmern sich professionelle Gärtner. Garten- und Landschaftsbauer Bernhard Halmer koordiniert die Arbeit der sieben Betriebe, die mit je 20 Mitarbeitern abwechselnd von 6 Uhr morgens an im Einsatz sind und Verblühtes absammeln, Lücken schließen, gießen. In den Wechselflor-Beeten wird im Laufe des Juni der Frühlingsflor durch den Sommerflor ausgetauscht. Dank des kühlen und regnerischen Frühlings waren die Tulpen und Narzissen länger schön als erwartet. Derzeit werden also Zwiebelblumen, Bellis, Blaukissen, Mohn und Anemonen in allen Farben ausgetauscht durch Tausende Löwenmäulchen, Angelonien, Celosien, Cleomen, Cosmeen, Dahlien, Rittersporn, Ziertabak, Phlox, Zinnien , Goldmarie, Salvien, Rudbeckien, Verbenen und andere.

Ein Bild erinnert an die Ufermauer vor der Renaturierung des Bodenseeufers. Im Hintergrund die Seebühne. Foto: Mirjam Sperlich
Ein Bild erinnert an die Ufermauer vor der Renaturierung des Bodenseeufers. Im Hintergrund die Seebühne.
Foto: Mirjam Sperlich

Dunkles Kapitel: Teile des Uferparks wurden auf geschichtsträchtigem Boden angelegt. Um die Friedrichshafener Rüstungsbetriebe im Zweiten Weltkrieg vor Luftangriffen zu schützen, sollten diese unterirdisch bombensicher untergebracht werden. Zwangsarbeiter aus dem nahen KZ Aufkirch mussten im Molassefelsen ein mehr als vier Kilometer langes Stollensystem ausheben. Der Abraum wurde mit Loren aus den Stollen geschaffen, in den See gekippt und dadurch 50 Meter Gelände aufgeschüttet. Ein in den Boden eingelassenes Lesezeichen erinnert an das Schicksal der mehr als 800 KZ-Häftlinge.

Viele Gelegenheiten zum Spielen und Ausruhen Foto: Mirjam Sperlich
Viele Gelegenheiten zum Spielen und Ausruhen
Foto: Mirjam Sperlich

Spielen und Lernen: Neben vielen Sitzgelegenheiten gibt es auch ein großes Spaß- und Bewegungsangebot für jüngere Besucher. In Spiel- und Kletterparks können sich Kinder und Jugendliche ausprobieren. Slack linen, klettern, sich verstecken, balancieren – all das bieten Spiellandschaften am Uferpark und im Villengarten. Fischerboote mit Fangnetzen nehmen Bezug zum Bodensee. Schaukel- und Schwingmöglichkeiten, Rutschen, Rutschstangen, Wipp- oder Wackelspiele sind integriert. »Wir wollten nicht einfach Geräte nebeneinanderstellen, sondern Erlebnislandschaften schaffen«, erklärt Leitner. Viel zu entdecken gibt es auch in den Pavillons der Taucher, Fischer, Förster und anderer.

Im Rosenobelgarten gibt es Anregungen für Kleingärtner. Foto: Mirjam Sperlich
Im Rosenobelgarten gibt es Anregungen für Kleingärtner.
Foto: Mirjam Sperlich

Ruhige Ecke: Nach den lebhaften Spielplätzen wird es in Richtung Westen zunehmend ruhiger. Ins Gartenschaugelände einbezogen wurde die um 840 errichtete Silvesterkapelle in Goldbach, deren karolingische Wandmalereien als die ältesten im Bodenseeraum gelten. Der kleine Kirchgarten ist ein Bienenparadies und der Übergang in den naturnahen Bereich mit Wildblumenwiese und Insektenhotels.

600 ehrenamtliche Helfer sind im Einsatz, manche mit Besen und Bollerwagen. Foto: Mirjam Sperlich
600 ehrenamtliche Helfer sind im Einsatz, manche mit Besen und Bollerwagen.
Foto: Mirjam Sperlich

Gärten in der Stadt: Die Menzinger Gärten und der Rosenobelgarten sind hinter dicken, alten Mauern versteckte Kleinode an den innerstädtischen Hängen. Bisher waren sie einer Gruppe von Kleingärtnern vorbehalten, für die Landesgartenschau wurden sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In den Rosenobelgärten haben Kleingärtner und Landwirte ihre Bühne, besonders die Landfrauen haben diesen Bereich geprägt mit ihren Blumen und Gemüsepflanzungen. Der Rosenobelturm, Teil der mittelalterlichen Befestigungsanlage, wurde wieder begehbar und zu einem Aussichtsturm gemacht, von dem man den Blick über Stadt und Umgebung hat. Ein Iris-Farbkreis auf der Plattform steht seit Kurzem in voller Blüte.

Oberhalb der Menzinger Gärten. Foto: Mirjam Sperlich
Oberhalb der Menzinger Gärten.
Foto: Mirjam Sperlich

Hanglage: Auch die Menzinger Gärten bieten eine tolle Aussicht über die Überlinger Altstadt mit ihrem Münster, den prunkvollen Bürgerhäusern und den Hafen. An den steilen Hängen wurde wieder Wein angepflanzt, schließlich geht der Überlinger Wohlstand zu einem großen Teil auf den Handel mit Wein zurück. Neben blumigen Gartenbildern, Nutzgärten mit Gemüse, Duft- und Kräuterpflanzen sind an den Hängen auch ein Faulenzer- und ein Fürstengarten angelegt.

Blumenschau: Die ehemaligen Kapuzinerkirche wurde zu einem Mekka für Liebhaber floraler Kunst. Alle 14 Tage werden dort die Mitglieder des Fachverbands Deutscher Floristen (FDF) ein anderes blumiges Thema in Szene setzen, dass einem die Augen übergehen. Das alte Gemäuer wird vorübergehend zur Bühne für gewagte Pflanzenarrangements. (GEA)