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Pro Widerspruchslösung: Eine Erklärung ist zumutbar

Organspende
Einem Spender wird in einer Operation eine Niere entnommen, die für eine Transplantation vorgesehen ist. Der Bundesgerichtshof(BGH) urteilt am Dienstag über Schmerzensgeld-Klagen zweier Organspender gegen Ärzte der Uniklinik Essen. Foto: Jan-Peter Kasper
Einem Spender wird in einer Operation eine Niere entnommen, die für eine Transplantation vorgesehen ist. Der Bundesgerichtshof(BGH) urteilt am Dienstag über Schmerzensgeld-Klagen zweier Organspender gegen Ärzte der Uniklinik Essen. Foto: Jan-Peter Kasper

Kann es eine Gesellschaft hinnehmen, dass jedes Jahr bis zu 2 000 Menschen auf der Warteliste für ein neues Organ stehen und sterben – auch, weil viele Menschen es versäumt haben, zuverlässig zu dokumentieren, ob sie Herz, Nieren oder Hornhäute spenden wollen. Sicher nicht. Deshalb ist der Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und anderen folgerichtig. Die Widerspruchslösung steht der freien Entscheidung jedes Einzelnen nicht entgegen. Der Staat darf seinen Bürgern in so einer existenziellen Frage aber zumuten, sich zu erklären. Denn um mehr geht es nicht.

Es ist nicht so, dass der Gesetzentwurf Menschen zum Ersatzteillager macht, wie Kritiker der Lösung befürchten. Ein Nein ist auch künftig ein Nein. Ohne seine Gründe offenlegen zu müssen, kann auch bei dieser Lösung jeder für sich ausschließen, Organspender zu werden. Die Widerspruchslösung wäre aber ein Ausweg aus einem moralischen Dilemma. Die medizinischen Möglichkeiten sind so weit fortgeschritten, dass Organtransplantationen nicht nur Überleben sichern, sondern auch Lebensqualität ermöglichen. Die Chancen der Medizin sind riesig. Wer sie in Anspruch nehmen will, muss sich aber auch darüber klar werden, dass er in diesem konkreten Fall etwas dafür tun muss – zumindest sich eindeutig entscheiden.

Es gibt indessen noch ganz handfeste Gründe. Es ist wahrscheinlicher, eines Tages selbst ein Spenderorgan zu benötigen, als zum Spender zu werden. Deshalb ist eine breite Debatte über das Thema wichtig. Zudem hat der Entwurf einen weiteren großen Vorteil: Endlich wird zentral dokumentiert, wer Organspender sein will und wer nicht.

 

brigitte.gisel@gea.de