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Aktuell Bundeskanzlerin

Merkel wird nicht die Vertrauensfrage stellen

Hat die Kanzlerin noch das Vertrauen der Koalitionsfraktionen? Nein, sagt die FDP und fordert, die Vertrauensfrage zu stellen. Ja, heißt es in der Koalition - auch bei der SPD. Und was meint Angela Merkel?

Schwere Zeiten
Angela Merkel kommt nach der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus dem Bundestag. In der Sitzung wurde der neue Fraktionsvorsitzende der Union gewählt. Foto: Bernd von Jutrczenka
Angela Merkel kommt nach der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus dem Bundestag. In der Sitzung wurde der neue Fraktionsvorsitzende der Union gewählt. Foto: Bernd von Jutrczenka

Berlin (dpa) - Kanzlerin Angela Merkel sieht trotz ihrer überraschenden Niederlage bei der Wahl des Vorsitzenden der Unionsfraktion keine Notwendigkeit, die Vertrauensfrage im Parlament zu stellen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte auf die Frage, ob sie dies für erforderlich halte: »Nein.«

CDU-Vize Armin Laschet sieht das genauso. »Sie hat das Vertrauen der Fraktion«, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident im ZDF-»Morgenmagazin«. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Carsten Schneider, zeigte sich davon überzeugt, dass der neue Fraktionschef Ralph Brinkhaus »größtes Interesse hat, dass diese Bundesregierung stabil arbeitet«. Dieser versicherte, er werde die Kanzlerin unterstützen.

Die FDP bekräftigte hingegen ihre Forderung, Merkel müsse im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Die Fraktion sei ihr entglitten, die CDU-Chefin könne insgesamt ihren Führungsanspruch nicht mehr durchsetzen, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, im ZDF-»Morgenmagazin«. Das Land habe Anspruch auf eine handlungsfähige Regierung. Zuvor hatte dies bereits FDP-Partei- und Fraktionschef Christian Lindner gefordert.

Brinkhaus bemühte sich nach seiner Wahl, die Wogen in der Union zu glätten. Laschet sagte weiter, er erwarte, »dass in Berlin jetzt das Theater der letzten Monate mal beendet wird«. Wenn Brinkhaus »es schafft, da einen neuen, frischeren Stil in die Bundestagsfraktion zu bringen, mit neuen Ideen, dann kann das am Ende der CDU nur nutzen«.

Die Unionsfraktion hatte am Dienstag nach 13 Jahren ihren Vorsitzenden Volker Kauder überraschend gestürzt und den bisherigen Vize Brinkhaus zum Nachfolger gewählt. Laschet hatte sich gegen den aus seinem Bundesland stammenden Brinkhaus und für Kauder eingesetzt, der auch von der Kanzlerin sowie von CSU-Chef Horst Seehofer und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt unterstützt wurde.

CDU-Innenexperte Armin Schuster sieht nach der Ablösung Kauders die Weichen für Merkel bis zur nächsten Bundestagswahl gestellt. Merkel sei durch die Wachablösung an der Spitze der Unionsfraktion eher gestärkt als geschwächt, sagte Schuster der Deutschen Presse-Agentur. Die Kanzlerin habe jetzt die Chance, »diese Zeit der Wachablösung, des Übergangs in die Zukunft« aktiv zu moderieren. Die CDU/CSU müsse 2020 eine hervorragende Aufstellung haben für das Wahlkampfjahr 2021.

Merkel könne auf dem Wahlparteitag der CDU Anfang Dezember in Hamburg auf ihrer Habenseite verbuchen, dass sie in den vergangenen Monaten zukunftsweisende Personalentscheidungen gefällt habe, sagte Schuster. Er führte die Ernennung von Merkels Kritiker Jens Spahn zum Minister sowie jene von Annegret Kramp-Karrenbauer zur Generalsekretärin an. In der Fraktion denke er an den stellvertretenden Vorsitzenden Carsten Linnemann. Nun gebe es auch einen neuen Fraktionsvorsitzenden.

Ein westfälischer »Revoluzzer« übernimmt die Unions-Fraktion

Die Verfassung sieht den Weg der Vertrauensfrage ausdrücklich vor, um eine Neuwahl zu ermöglichen: »Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen«, heißt es in Artikel 68 des Grundgesetzes. Zuletzt hat SPD-Kanzler Gerhard Schröder diesen Weg gewählt. Wie geplant verlor er die Abstimmung am 1. Juli 2005. Nach der darauf folgenden Bundestagswahl musste er sein Amt an Angela Merkel (CDU) abgeben.