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Mal auf Malle abschalten: Von welchen Problemen sich Kanzler Merz erholt

Bundeskanzler Friedrich Merz erholt sich im Kurzurlaub von seinen Problemen. Welche das sind.

Friedrich Merz (CDU) und seine Frau Charlotte gehen zum Flieger.  FOTO: KAPPELER/DPA
Friedrich Merz (CDU) und seine Frau Charlotte gehen zum Flieger. FOTO: KAPPELER/DPA
Friedrich Merz (CDU) und seine Frau Charlotte gehen zum Flieger. FOTO: KAPPELER/DPA

BERLIN. Es gibt verschiedene Arten, auf die Querelen in der Regierungskoalition und die aufgeregte »Stadtbild«-Debatte zu reagieren. Kanzler Friedrich Merz gönnte sich bis Montag ein langes Wochenende auf Mallorca und spielte dort Golf. Ein entsprechender Bericht der Mallorca-Zeitung, die ein paar Worte mit Merz wechselte, wurde vom Kanzleramt auf Nachfrage nicht kommentiert. Derweil vergrößerte sich einer Forsa-Umfrage zufolge die Unzufriedenheit mit der Regierung und ihrem Chef. Die Erhebung kommt dabei zu dem überraschenden Schluss, dass eine Mehrheit im Land wichtigere Probleme sieht als die Migrationsfrage und das »Stadtbild«. Es läuft nicht für Merz, und dafür gibt es Gründe:

- Politik am Bürger vorbei

Forsa-Chef Manfred Güllner ist SPD-Mitglied, im Unions-Lager werden die Analysen des Meinungsforschers deshalb mit einigem Argwohn betrachtet. Güllners Zahlen allerdings, eingebettet in einen über Jahrzehnte gehobenen Datenschatz, lügen nicht. Was er und seine Experten für das neue RTL/ntv-Trendbarometer ermittelt haben, stellt die »Stadtbild«-Debatte auf den Kopf. Es sei keineswegs so, dass die Merz-Äußerungen zur Migration »das wichtigste Anliegen der Menschen« seien, schreibt Güllner. Probleme wie die Gefährdung des Wirtschaftsstandorts Deutschland, der mangelnde soziale Zusammenhalt oder die als nicht sonderlich erfolgreich bewertete Politik der schwarz-roten Koalition insgesamt werden demnach als schwerwiegender eingeschätzt. Mit anderen Worten: Merz und seine Regierung machen Politik am Volk vorbei. Die Folge: Die Unzufriedenheit mit dem Kanzler erreichte bei Forsa einen neuen Höchststand. Außerdem steht die AfD bei 26 Prozent und damit einen Punkt vor der Union. Die SPD fällt auf magere 13 Prozent. Auch die eigenen Leute sind alarmiert. Wie die Zeit berichtet, hat sich in der CDU eine neue Plattform gegründet. Die Mitglieder gehen auf Distanz zu Merz – insbesondere zu seinem Kurs bei Migration und AfD. In einer Erklärung heißt es: »Es darf keine Politik auf dem Rücken von Minderheiten geben.«

- Schlechtes Regierungs-Management

Im Wahlkampf hatte Merz eine schlanke Regierung mit schnellen Entscheidungswegen versprochen. Das besonders zum Ende hin als Gemurkse empfundene Gebaren der Ampel-Regierung sollte sich nicht wiederholen. Aus dem Dickschiff Regierung ist allerdings immer noch kein flotter Kreuzer geworden. Die Kommunikation läuft auf Arbeitsebene zwischen den Ministerien gut – dort begegnen sich Menschen, die teils schon viele Jahre unter verschiedenen Regierungen ihrer Arbeit nachgehen, die sich kennen und ihren Job beherrschen. Auf Führungsebene versagt Schwarz-Rot hingegen immer wieder. Ein krasses Beispiel war die Wehrpflicht-Debatte: Eine Entscheidung, die ohnehin immer wieder nach hinten verschoben worden war, scheiterte in letzter Minute am Einspruch von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Merz und die Union traf es völlig unvorbereitet, sie agierten hilflos. Ein anderes Beispiel ist das Bürgergeld: Auf SPD-Seite hätten die Parteispitze um Bärbel Bas und Lars Klingbeil mit etwas mehr Gespür für die Vorgänge an der Basis frühzeitig wissen können, dass es Ärger in Form einer Unterschriftensammlung geben wird. Die Führung war sich ihrer selbst zu sicher, die Warnung an den Koalitionspartner blieb aus.

- Problemfeld Außenpolitik

In der Außenpolitik geht es einerseits darum, in Konflikten wie dem Gaza-Krieg Position zu beziehen. Wenn Menschen in Not sind, dann ist es für ein reiches Land wie Deutschland immer noch eine selbstverständliche Pflicht, Hilfe zu leisten. Auch das gehört zur Außenpolitik. Eine originäre Aufgabe des Auswärtigen Amtes ist aber, das geht oft unter, die Förderung der deutschen Wirtschaftsinteressen in der Welt. Die schlechten Kenndaten der deutschen Unternehmen, die viele Menschen mehr sorgen als Probleme bei der Migration, haben also direkt damit zu tun. Was die wichtigen Handelsbeziehungen zu den USA angeht, verdecken die Vorgänge rund um die Ukraine und Gaza den Streit über Strafzölle und andere Handelshemmnisse. Beseitigt sind sie gleichwohl nicht. Weder Merz noch Außenminister Johann Wadephul (CDU) konnten im direkten Kontakt erzielen.

Ein Tiefpunkt scheint mit Blick auf China erreicht. Der von deutscher Seite abgesagte Besuch des Außenministers deutet auf schlecht funktionierende Gesprächskanäle hin. In Regierungskreisen verlautete zuletzt, Merz wolle im Oktober nach Peking fliegen. Das bestätigt sich offensichtlich nicht. Immerhin bleibt dem Kanzler so Zeit fürs Golfen auf Mallorca. (GEA)