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Aktuell Kommentar

Kirchen-Urteil aus Karlsruhe ist rechtlich richtig, aber gesellschaftlich schwierig

Das Bundesverfassungsgericht hat ein Urteil zum Arbeitsrecht gekippt. Kirchliche Träger dürfen künftig Religionszugehörigkeit zur Einstellungsbedingung machen. Das Urteil birgt nicht nur gesellschaftlichen Zündstoff, sondern dürfte unter dem Strich ein Eigentor für den Arbeitgeber Kirche werden, kommentiert GEA-Nachrichten-Chef David Drenovak.

Das Bundesverfassungsgericht hat ein Grundsatzurteil zu kirchlichem Arbeitsrecht gekippt.
Das Bundesverfassungsgericht hat ein Grundsatzurteil zu kirchlichem Arbeitsrecht gekippt. Foto: Foto: dpa
Das Bundesverfassungsgericht hat ein Grundsatzurteil zu kirchlichem Arbeitsrecht gekippt.
Foto: Foto: dpa

REUTLINGEN. Manchmal muss sich der Bürger wirklich wundern, was roten Roben da in Karlsruhe beschließen. Das aktuelle Kirchen-Urteil fällt wohl wieder einmal in die Kategorie, dass Recht und Gerechtigkeit oft zwei Paar Schuhe sind. Was von Jura-Experten als rechtlich richtig gelobt wird, birgt gesellschaftlichen Zündstoff und sorgt bei zahlreichen Menschen auf der Straße für Kopfschütteln. Jeder Arbeitgeber, der Unterschiede aufgrund der Religion machen würde, hätte nicht nur die Justiz, sondern ein breites Bündnis der Gesellschaft am Hals. Man stelle sich nur einmal vor, Mercedes würde von heute auf morgen keine Katholiken mehr einstellen - undenkbar.

Die Kirchen genießen in Deutschland ohnehin genügend Sonderrechte, und manchmal machen diese sogar Sinn. Doch jetzt erscheint es einmal mehr so, als ob sie mehr Staat im Staate sind, als das von vielen gewünscht oder zumindest noch geduldet wird. Den Glauben vor die Qualifikation zu stellen, ist nicht mehr zeitgemäß und wird von großen Teilen der Bevölkerung nicht mehr geduldet. Besonders weil viele Einrichtungen zwar kirchliche Träger haben, aber zu einem Großteil durch die öffentliche Hand finanziert werden, angefangen von Kindergärten über Seniorenheime und was es da sonst noch alles gibt.

Die erste Freude bei den Verantwortlichen der Diakonie über den gerichtlichen Erfolg und ihre nun höchstrichterlich gesicherte Entscheidungsfreiheit wird allerdings schnell verfliegen. Im hart umkämpften Arbeitsmarkt vergraulen sie so eine große Menge an Fachkräften. Nicht zu vergessen der Schaden in der Außenwirkung. Wer sich so rückständig in einer modernen Welt gibt, muss sich nicht wundern, dass sonntags die Kirchen leer bleiben und immer mehr Menschen aus den Glaubensgemeinschaften austreten.

david.drenovak@gea.de