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Contra Widerspruchslösung: Der Staat würde übergriffig

Organspende-Bilanz 2019
2019 ging die Zahl der Organspender leicht zurück. Foto: Soeren Stache/dpa
2019 ging die Zahl der Organspender leicht zurück. Foto: Soeren Stache/dpa

Natürlich ist es den vielen Kranken, die dringend ein Spenderorgan brauchen, zu wünschen, dass sich schnell ein passendes findet. Die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot ist viel zu groß. Es muss etwas geschehen. Doch der Staat darf sich deshalb nicht einfach die Organe seiner Bürger aneignen, wenn diese – aus welchen Gründen auch immer – dem nicht widersprochen haben. Eine Organspende muss das bleiben, was sie bisher ist: Eine bewusste, sehr großherzige, ohne äußeren Druck und in völliger Freiheit getroffene Entscheidung des Spenders.

Der Vorschlag des Gesundheitsministers Jens Spahn ist übergriffig. Das Grundgesetz garantiert das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Diese Verfassungsgrundsätze dürfen nicht angetastet werden. Das würden sie aber, wenn Organe einfach entnommen werden, falls der Betroffene oder seine Angehörigen es versäumen zu widersprechen. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass die Widerspruchsnotiz irgendwann verloren geht und dann nicht vorliegt. Schon der Zeitpunkt des Todes ist im Übrigen nicht eindeutig – mancher legt ihn auf die Feststellung des Hirntodes, andere sehen das Sterben eines Menschen erst bei ersten Verwesungszeichen als beendet an. Viele Bürger fürchten nach den Skandalen der Vergangenheit zudem, dass sie als Organspender übereilt für tot erklärt werden. Auch das ist ernst zu nehmen.

Das Konzept der Zustimmungslösung mit regelmäßigen Nachfragen lässt jedem Menschen die volle Freiheit der Entscheidung über seinen Körper. Und es trägt sicher dazu bei, die Zahl potenzieller Spender zu erhöhen.

emanuel.schürer@gea.de