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Bund und Länder wollen längeren Lockdown bis Mitte Februar

Zum 16. Mal beraten Bund und Länder über weitere Maßnahmen gegen die Pandemie. Dass sich die Menschen weiter stark einschränken müssen, ist unumstritten. Doch die Virusmutationen schüren Zweifel, ob die bisherigen Regeln reichen.

»Verlängerung«
»Frau Merkel schickt uns in die Verlängerung! Durchhalten ist angesagt!« steht auf einer Tafel am neben einem geschlossenen Geschäft im hessischen Friedberg. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
»Frau Merkel schickt uns in die Verlängerung! Durchhalten ist angesagt!« steht auf einer Tafel am neben einem geschlossenen Geschäft im hessischen Friedberg. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

BERLIN. Wegen der weiter hohen Infektionszahlen und aus Sorge vor Mutationen des Coronavirus wollen Bund und Länder den Lockdown in Deutschland verlängern.

Die eigentlich bis Ende Januar befristete Regelung soll bis zum 14. Februar fortgesetzt werden, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag von beiden Seiten aus den Bund-Länder-Beratungen. Damit bleiben etwa die Gastronomie, Freizeiteinrichtungen sowie der Einzelhandel geschlossen. Ausnahmen gelten weiterhin zum Beispiel für Supermärkte.

Eine Einigung auf ein gesamtes Beschlusspapier gab es am frühen Abend allerdings noch nicht. Umstritten war vor den Beratungen gewesen, inwieweit der Lockdown noch verschärft werden soll. SPD-Länder hatten eine Reihe von Änderungen an einer Beschlussvorlage angemeldet, die zuvor an mehrere Länder verschickt worden war. Im Raum stand auch eine Verlängerung des Lockdowns an Schulen bis Mitte Februar. Nach dpa-Informationen wurde darüber länger diskutiert.

Diskutiert wurden unter anderem eine Vorschrift zum Tragen medizinischer Masken wie FFP2- und OP-Masken in Bussen und Bahnen sowie in Geschäften. Daneben erwägen Bund und Länder, mehr Druck auf Arbeitgeber zu machen, um mehr Homeoffice zu ermöglichen.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant die Einführung verbindlicher Homeoffice-Vorgaben über eine neue Verordnung. Der entsprechende Entwurf, der auch schärfere Regeln am Arbeitsplatz selbst vorsieht, liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Demnach sollen Arbeitgeber ab einer sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz von 50 verpflichtet werden, »den Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung (Homeoffice) auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen«.

Im Betrieb soll zudem eine Mindestfläche von zehn Quadratmetern pro Beschäftigtem in einem Raum nicht unterschritten werden, »soweit die auszuführenden Tätigkeiten dies zulassen«. Zuvor hatte auch das Nachrichtenportal »The Pioneer« darüber berichtet. Die Verordnung lässt aber auch Spielräume. Sollten die Maßnahmen nicht vollständig umsetzbar sein, müsse der Arbeitgeber seine Beschäftigten durch andere Maßnahmen schützen - etwa durch Lüften und Abtrennungen zwischen Arbeitsplätzen. In den vergangenen Tagen hatte es Aufrufe an die Wirtschaft gegeben, Beschäftigten angesichts der Corona-Lage, dort wo es möglich ist, Homeoffice anzubieten.

In einer Experten-Anhörung am Montagabend hatten mehrere Wissenschaftler für härtere Lockdown-Maßnahmen plädiert. Sie hätten die drohende Gefahr durch das mutierte Virus beschrieben, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Die Gesundheitsämter meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) am Dienstagmorgen 11.369 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages. Darüber hinaus wurden 989 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet, wie das RKI bekanntgab. Vor genau einer Woche hatte das RKI 12.802 Neuinfektionen und 891 neue Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet.

Die Infektionslage bietet damit zwar erste Lichtblicke, die Zahlen sind nach Experteneinschätzung aber noch viel zu hoch, um Lockerungen wagen zu können. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) liegt derzeit bundesweit noch bei mehr als 130 - als Zielwert, bis zu dem Gesundheitsämter die Nachverfolgung stemmen können, gelten 50.

Sorge bereiten Virusvarianten wie B.1.1.7., die nach derzeitigem Stand wesentlich ansteckender sind und die - bisher wohl noch auf recht kleinem Niveau - auch schon in Deutschland kursieren. Ein Aufheben des Lockdowns würde ihnen Experten zufolge freie Bahn verschaffen.

Berlins Regierender Bürgermeister und Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller (SPD), sprach sich im Vorfeld im ARD-»Morgenmagazin« für eine deutlichere Reduzierung der Kontakte aus. Ziel sei zudem, die Menschen dort besser zu schützen, wo Abstände nicht eingehalten werden könnten.

Kritik an der Pandemie-Politik kam aus der Opposition. Die FDP drängte am Dienstag darauf, den Bundestag an den weiteren Entscheidungen zu beteiligen. »Die wesentlichen Fragen müssen im Parlament entschieden werden«, sagte FDP-Chef Christian Lindner im ARD-»Morgenmagazin«. Bei den Maßnahmen, die zur Debatte stünden, gehe es um weitreichende Freiheitsbeschränkungen. Deshalb müsse über die wissenschaftliche Grundlage, aber auch über mögliche mildere Mittel gesprochen werden.

Die Fraktion der Linken forderte die Bundesregierung auf, in der kommenden Sitzungswoche des Bundestags eine Regierungserklärung abzugeben. In einem Schreiben an Kanzleramtschef Helge Braun, das der dpa vorliegt, warf der Parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte der Bundesregierung vor, das Parlament im Vorfeld nicht an den Vorschlägen zur Eindämmung der Pandemie beteiligt zu haben. (dpa)