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Brexit-Abkommen gescheitert: Die EU bedauert das

Nun hat es Premierministerin May schwarz auf weiß: Es gibt keine Mehrheit für ihren Brexit-Deal im britischen Unterhaus. Ein EU-Austritt ohne Abkommen ist damit noch wahrscheinlicher geworden.

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Die britische Premierministerin Theresa May während einer Rede im Parlament in London. Foto: House Of Commons/PA Wire/dpa
Die britische Premierministerin Theresa May während einer Rede im Parlament in London. Foto: House Of Commons/PA Wire/dpa

LONDON. Das britische Parlament hat das zwischen Brüssel und London ausgehandelte Brexit-Abkommen abgelehnt. Mit 432 zu 202 Stimmen votierten die Abgeordneten am Dienstagabend in London gegen den Deal von Premierministerin Theresa May.

May ist bereit, sich nach der Niederlage mit ihrem Brexit-Deal bereits an diesem Mittwoch im Parlament einem Misstrauensvotum der Opposition zu stellen. Das sagte May am Dienstag kurz nach Bekanntwerden des Abstimmungsergebnisses. Unmittelbar danach stellte Labour-Chef Jeremy Corbyn den Misstrauensantrag.

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Fähren im Ärmelkanal: Die britische Regierung hat Verträge mit Reedereien abgeschlossen, um mögliche Engpässe nach dem Brexit mithilfe von gecharterten Fähren abzufedern. Foto: Gareth Fuller/PA Wire
Fähren im Ärmelkanal: Die britische Regierung hat Verträge mit Reedereien abgeschlossen, um mögliche Engpässe nach dem Brexit mithilfe von gecharterten Fähren abzufedern. Foto: Gareth Fuller/PA Wire

Der Machtkampf zwischen der Regierung und dem Parlament über den Brexit-Kurs dürfte sich nun noch weiter verschärfen. Großbritannien will die Europäische Union bereits am 29. März verlassen. Gibt es bis dahin keine Einigung, droht ein Austritt aus der Staatengemeinschaft ohne Abkommen. Für diesen Fall wird mit chaotischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche gerechnet.

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Werbetafel einer Wechselstube zum Tausch von Pfund und Euro an der Grenze zwischen der Republik Irland und der britischen Region Nordirland. Foto: Brian Lawless
Werbetafel einer Wechselstube zum Tausch von Pfund und Euro an der Grenze zwischen der Republik Irland und der britischen Region Nordirland. Foto: Brian Lawless

May hatte unmittelbar vor der Abstimmung leidenschaftlich für das von ihr ausgehandelte Brexit-Abkommen mit der EU geworben. »Eine Stimme gegen diesen Deal ist eine Stimme für nichts mehr als Unsicherheit, Spaltung und das sehr reale Risiko eines «No Deal»«, sagte sie. Ein Ja sei der einzig sichere Weg, einen ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der EU zu verhindern. »Dies ist das wichtigste Votum, an dem jeder von uns in seiner politischen Karriere teilnehmen wird«, sagte May. Diese Entscheidung werde jeder der Parlamentarier verteidigen und mit ihr für viele Jahre leben müssen.

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Im Hafen von Dover droht nach einem ungegeregelten Brexit das blanke Chaos. Foto: Gareth Fuller/PA Wire
Im Hafen von Dover droht nach einem ungegeregelten Brexit das blanke Chaos. Foto: Gareth Fuller/PA Wire

Das zwischen May und Brüssel ausgehandelte Abkommen sieht eine Übergangsphase bis mindestens 2020 vor. In diesem Zeitraum würde im Prinzip alles beim Alten bleiben.

Der Deal stößt aber nicht nur in der Opposition auf Ablehnung, sondern auch in weiten Teilen der Regierungsfraktion und bei der nordirischen DUP, von deren Stimmen die konservative Minderheitsregierung abhängig ist.

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Schuss ins eigene Bein: Brexit-Gegner zeigen vor dem Parlament in Westminster, was sie vom EU-Austritt erwarten. Foto: Yui Mok/PA Wire
Schuss ins eigene Bein: Brexit-Gegner zeigen vor dem Parlament in Westminster, was sie vom EU-Austritt erwarten. Foto: Yui Mok/PA Wire

Vor allem die als Backstop bezeichnete Garantie für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland ist umstritten. Die Regelung soll im Notfall die Einführung von Grenzkontrollen verhindern. Befürchtet wird sonst ein Wiederaufflammen des Konflikts in der früheren Bürgerkriegsregion.

Der Backstop sieht vor, dass das ganze Land so lange in einer Zollunion mit der EU bleibt, bis eine andere Lösung gefunden worden ist. Nordirland müsste zudem in Teilen des Binnenmarkts bleiben. Das stößt auf Widerstand bei der DUP. Sie lehnt jegliche Sonderbehandlung der Provinz ab.

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Ein pro-europäischer Demonstrant vor dem Parlament. Foto: Jonathan Brady/PA
Ein pro-europäischer Demonstrant vor dem Parlament. Foto: Jonathan Brady/PA

Brexit-Hardliner bei den Tories befürchten, dass Großbritannien durch die Regelung dauerhaft im Orbit der EU gehalten werden könnte. Ex-Außenminister Boris Johnson warnte sogar davor, dass sein Land sich zum »Vasallenstaat« der EU entwickele. Solange Großbritannien die Außenzölle der EU anwendet, kann London keine Handelsabkommen mit Drittländern - zum Beispiel den USA - abschließen.

Unklar ist, wie die Regierung nun vorgehen will. Theoretisch muss sie nach dem Willen des Parlaments bis zum kommenden Montag (21. Januar) einen Plan B vorlegen. Ob das geschehen wird, ist aber unklar.

Jacob Rees-Mogg
Jacob Rees-Mogg ist einer der ärgsten innerparteilichen Geggner der britischen Premierministerin Theresa May. Foto: Stefan Rousseau/PA Wire
Jacob Rees-Mogg ist einer der ärgsten innerparteilichen Geggner der britischen Premierministerin Theresa May. Foto: Stefan Rousseau/PA Wire

Das Brexit-Abkommen war am 25. November von den Staats- und Regierungschefs der übrigen 27 EU-Staaten gebilligt worden. Zuvor hatten die Unterhändler 17 Monate lang an dem Deal gearbeitet. Die EU hat deutlich gemacht, dass es keine Nachverhandlungen geben wird.

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So könnte der weitere Fahrplan bis zum Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union aussehen:

21.01.: Nach der Ablehnung ihres Brexit-Deals muss Premierministerin Theresa May einem Beschluss des britischen Parlaments zufolge spätestens in drei Sitzungstagen - also am 21. Januar - einen Plan B vorlegen. Es ist aber unklar, ob die Regierung an diese Frist rechtlich gebunden ist.

31.01.: Spätestens sieben Sitzungstage später - also am 31. Januar - muss die Regierung über den Plan B abstimmen lassen. Die Abgeordneten könnten den Plan B ändern und eine engere Anbindung an die EU fordern oder sogar ein zweites Referendum.

29.03.: An diesem Tag um 23 Uhr britischer Zeit tritt das Vereinigte Königreich aus der Staatengemeinschaft aus - falls der Brexit nicht auf Wunsch Großbritanniens verschoben wird.

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