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Bluttat bei US-Feiertags-Parade: Verdächtiger gefasst

Etwas mehr als einen Monat ist das Massaker an einer Grundschule in Texas her, das die USA in ihren Grundfesten erschütterte. Nun eröffnet ein Schütze am Unabhängigkeitstag das Feuer auf eine Parade.

Schüsse bei Parade
Beamte ermitteln in der Innenstadt eines Vororts von Chicago. Foto: Nam Y. Huh
Beamte ermitteln in der Innenstadt eines Vororts von Chicago.
Foto: Nam Y. Huh

Ein Schütze hat bei einer Parade anlässlich des Nationalfeiertags in den USA in einem Vorort von Chicago das Feuer eröffnet und mindestens sechs Menschen getötet.

Rund zwei Dutzend Verletzte wurden Polizeiangaben zufolge nach der Tat am Montag in Highland Park im Bundesstaat Illinois in Krankenhäuser gebracht. Der Schütze war auch Stunden später noch nicht gefasst.

Verdächtiger identifiziert

Es scheine, als habe der Täter bei der Parade vom Dach eines Geschäftsgebäudes aus wahllos auf die Menschenmenge geschossen, sagte ein Sprecher des Sheriff-Büros von Lake County. Bei der Schusswaffe, die am Tatort gefunden worden sei, habe es sich um ein »leistungsstarkes Gewehr« gehandelt. Ein Arzt aus einem Krankenhaus in der Nähe des Tatorts sagte, in der Klinik seien 25 Menschen im Alter von 8 bis 85 Jahren mit Schusswunden behandelt worden, darunter mehrere Kinder.

Erst Stunden nach den tödlichen Schüssen gelang es den Ermittlern, einen Verdächtigen zu identifizieren. Der 22-Jährige sei flüchtig, teilte die Polizei am Montagabend (Ortszeit) mit. Er gelte als bewaffnet und gefährlich, die Bevölkerung solle wachsam sein.

Augenzeuge: »Es war herzzerreißend.«

Die Hintergründe der Tat waren zunächst nicht bekannt. Ein Augenzeuge namens Miles Zaremski sagte dem Sender CNN, er habe mehrere Verletzte und leblose Menschen gesehen, die auf dem Boden lagen. »Es war herzzerreißend.« Er habe rund 30 Knallgeräusche gehört. Menschen seien von der Parade geflohen. »Es war einfach chaotisch.«

Die Parade hatte am Montagvormittag (Ortszeit/17.00 Uhr MESZ) begonnen. Kurze Zeit später fielen die ersten Schüsse. »Heute Morgen um 10.14 Uhr wurde unsere Gemeinde durch einen Gewaltakt terrorisiert, der uns zutiefst erschüttert hat«, sagte Bürgermeisterin Nancy Rotering. Der leitende Polizist am Tatort, Chris O'Neill, sagte, Polizisten und Rettungskräfte seien bei der Parade anwesend gewesen und hätten sofort reagiert. Nach der Parade war in Highland Park ein Fest zum Unabhängigkeitstag der USA geplant, das die Bürgermeisterin nach der Bluttat absagte.

Waffengewalt und Amokläufe

Die USA haben seit langem mit einem riesigen Ausmaß an Waffengewalt zu kämpfen. Erst Ende Mai richtete ein 18 Jahre alter Schütze an einer Grundschule in Texas ein Massaker an: Er tötete in der Kleinstadt Uvalde 19 Kinder und 2 Lehrerinnen, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Die Polizei geriet danach in die Kritik, weil sie erst nach langer Verzögerung in den Klassenraum eindrang, in dem sich der Schütze verschanzt hatte. Gut eine Woche zuvor hatte ein 18-Jähriger im texanischen Buffalo zehn Menschen erschossen, die Ermittler gehen von einem rassistischen Motiv aus.

Die Amokläufe entfachten die Diskussion über schärfere Waffengesetze neu. In den USA sind Schusswaffen oft leicht erhältlich. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC wurden 2020 landesweit fast 20 000 Menschen erschossen - mehr als 50 pro Tag.

US-Präsident Joe Biden zeigte sich »schockiert über die sinnlose Waffengewalt, die an diesem Unabhängigkeitstag wieder einmal Trauer über eine amerikanische Gemeinde gebracht hat«. In seiner Mitteilung hieß es: »Ich werde den Kampf gegen die Epidemie der Waffengewalt nicht aufgeben.« Biden und seine Demokraten fordern seit langem schärfere Waffengesetze. Weitreichende Reformen scheitern aber immer wieder am Widerstand der Republikaner im Kongress und am Einfluss der mächtigen Waffenlobby-Organisation NRA.

Neues Gesetz

Im vergangenen Monat beschloss der Kongress unter dem Eindruck der Amokläufe von Texas und anderer Bluttaten parteiübergreifend ein Gesetz gegen Schusswaffengewalt, das aber weit hinter Bidens Reformvorschlägen zurückblieb. Experten werteten die Verschärfung des Waffenrechts zwar als die wichtigste seit Mitte der 1990er. Das Gesetz ist inhaltlich allerdings nur ein überparteilicher Minimalkompromiss, den Kritiker als völlig unzureichend rügen.

Das von Biden Ende vergangenen Monats unterzeichnete Gesetz sieht eine intensivere Überprüfung von Waffenkäufern vor, die jünger als 21 Jahre sind. Zudem geht es darum, Gesetze aus Bundesstaaten auszuweiten, um potenziellen Gefährdern Waffen abnehmen zu können. Illegaler Waffenhandel soll auf Bundesebene bestraft werden können. Zudem sollen Milliarden in psychische Gesundheitsvorsorge und Anti-Gewalt-Programme fließen. Auch für die Sicherheit von Schulen sind weitere Mittel vorgesehen. Das von Biden und seinen Demokraten geforderte Verbot von Sturmgewehren fehlt in dem Gesetz.

Inmitten der Debatte über Schusswaffengewalt hatte das Oberste Gericht der USA das Recht auf das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit im vergangenen Monat ausgeweitet. Der Supreme Court in Washington kippte ein mehr als hundert Jahre altes Gesetz des Bundesstaats New York, wonach man einen triftigen Grund nachweisen muss, um eine Lizenz für das verdeckte Tragen einer Handfeuerwaffe außerhalb des Hauses zu erhalten.

© dpa-infocom, dpa:220704-99-907742/14