BERLIN. Die Geschichte von »Sign O' The Times« schien auserzählt: Na klar, das beste Album von Prince, ein Karriere-Highlight mit unvergesslichen Konzerten im Schlepptau (»Peach & Black«) - eines der großen Meisterwerke der Popmusik. Zumal das Doppelalbum von 1987 mit 16 Titeln schon üppig dimensioniert ist.
Doch das war nur die Spitze des Eisbergs, wie sich jetzt mit der Neuausgabe von »Sign O' The Times« herausstellt. Die Verantwortlichen für das Oeuvre des 2016 mit gerade mal 57 Jahren gestorbenen Crossover-Genies haben den Klassiker remastert - und mit 63 zusätzlichen, teils unbekannten Tracks auf 13 Vinyls oder acht CDs (jeweils mit DVD »Live At Paisley Park 12/31/87«, ein Gig mit Jazz-Ikone Miles Davis) herausgebracht.
Die Super-Deluxe-Edition im Langspielplattenformat mit 120-seitigem Buch lässt nun wohl keine Fragen zum legendärsten Prince-Werk mehr offen (und wenn doch, dann beantwortet sie vermutlich der deutsche »Rolling Stone«, der das Album in den Mittelpunkt seiner Oktober-Ausgabe stellt - Lesetipp!).
Die Entstehung von »Sign O' The Times« fiel in eine Phase des Umbruchs für den Sänger, Songwriter und Multiinstrumentalisten. Der Abschied von der langjährigen Begleitband The Revolution und von seiner Freundin Susannah Melvoin - das waren eigentlich ungünstige Begleitumstände.
Oder doch nicht? »Es gab ständig Konflikte, und all diese Spannungen wurden zu Musik«, erinnerte sich Tontechnikerin Susan Rogers kürzlich in einem BR-Interview. »Jeder Tag sah neue Songs. Einige davon veröffentlichte Prince, andere war er nicht bereit zu teilen. Diese Songs landeten im Tresor.« Und sie erblicken jetzt doch noch das Licht der Öffentlichkeit.
Ein Jahr lang hatte Prince-Experte Duane Tudahl das noch unveröffentlichte Material für ein großes Box-Set gesichtet. »Es ging darum, so viel Musik in guter Qualität zu veröffentlichen wie nur möglich«, erzählte er dem BR. »Auch Tracks, die noch nicht unter Bootleggern kursieren. Und möglichst gründlich zu sein, denn Prince nahm zwei bis drei Songs am Tag auf. Die Aufnahmen sind sogar chronologisch angeordnet. Es ist also so, als ob Prince seine eigene Geschichte erzählt - durch seine Musik.«
Ein besonderer Schatz unter Dutzenden Tresor-Raritäten: »Can I Play With U?«, eine Zusammenarbeit von Prince mit Miles Davis (1926-1991). Sie war eigentlich für dessen Album »Tutu« gedacht - und wurde vom jüngeren der beiden Großmeister damals für nicht besonders gut erachtet.
Matt Fink, Keyboarder von The Revolution, hat daher Zweifel geäußert, ob nun jedes einzelne dieser Stücke von Prince unbedingt herausgebracht werden musste. Er findet aber insgesamt »richtig, dass seine Nachlassverwalter all das Material jetzt veröffentlichen - um sein Vermächtnis am Leben zu halten und seine Relevanz«. (dpa)