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RBB-Krise: Rundfunkratsvorsitzende tritt zurück

Die Krise rund um die abberufene Intendantin Patricia Schlesinger führt zu einer weiteren personellen Konsequenz beim RBB - an der Spitze des Kontrollgremiums Rundfunkrat.

Friedericke von Kirchbach
Friederike von Kirchbach, Vorsitzende des RBB-Rundfunkrates, tritt zurück. Foto: Gerald Matzka
Friederike von Kirchbach, Vorsitzende des RBB-Rundfunkrates, tritt zurück.
Foto: Gerald Matzka

Die Vorsitzende des RBB-Rundfunkrats, Friederike von Kirchbach, tritt angesichts der Krise des öffentlich-rechtlichen ARD-Senders mit sofortiger Wirkung zurück.

Das teilte die 67-Jährige am Samstag in einer Erklärung mit. Damit gibt es nun eine weitere personelle Konsequenz in der Affäre um Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen die abberufene Intendantin Patricia Schlesinger.

Von Kirchbach teilte mit: »Der RBB steht vor einem Neuanfang. Nach zehn Jahren als Vorsitzende des Rundfunkrates möchte ich dazu einen Beitrag leisten und stelle mein Amt zur Verfügung.« Das Gremium habe mit der Abberufung von Schlesinger als Intendantin den Weg für neue Strukturen und Personen in dem ARD-Sender frei gemacht. »Für alles, was jetzt kommt, sehe ich neue Verantwortliche in der Pflicht, deshalb trete ich zurück«, hieß es weiter.

Es geht ihr um Selbstkritik

Sie betonte zugleich, in der aktuellen Debatte um den RBB und das öffentlich-rechtliche System solle es nicht um Personen gehen, für sie stehe die Sache im Vordergrund. »Dazu gehört die selbstkritische Betrachtung unserer Arbeit im Rundfunkrat in der Vergangenheit. Diese Diskussion jetzt noch mit angestoßen zu haben, ist mir wichtig.« Sie sei andererseits nicht bereit, ihre berufliche Integrität als Pfarrerin und Seelsorgerin in Frage stellen zu lassen, das geschehe öffentlich und sei für sie nicht hinnehmbar. Noch vor Tagen hatte von Kirchbach in einer Sondersitzung im brandenburgischen Landtag zur Causa Schlesinger gesagt, dass der Rundfunkrat hinter ihrer Arbeit stehe.

Die ARD-Intendantinnen und -intendanten haben das Vertrauen in die amtierende Geschäftsleitung des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) in der Aufarbeitung der Affäre um die abberufene Senderchefin Patricia Schlesinger verloren. »Wir, die Intendantinnen und Intendanten der ARD, haben kein Vertrauen mehr, dass der geschäftsführenden Leitung des Senders die Aufarbeitung der diversen Vorfälle zügig genug gelingt«, teilte ARD-Chef Tom Buhrow am Samstag mit. Nach dpa-Informationen soll mangelnde Aufklärung bei dem umstrittenen Bonus-System für Führungskräfte eine Rolle gespielt haben.

Schlesinger sieht sich seit Wochen Vorwürfen der Vetternwirtschaft und des Filzes ausgesetzt. Sie wies diese zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt. Eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei läuft. Am Freitag hatte das Online-Medium »Business Insider« neue Vorwürfe gegen Schlesinger wegen deren Personalpolitik veröffentlicht. Ein Detail des Berichts war auch, dass von Kirchbach zwei Managerinnen in der aktuellen RBB-Geschäftsleitung getraut haben soll.

Der Rundfunkrat arbeitet ehrenamtlich

Von Kirchbach stand dem Kontrollgremium seit 2013 vor, seit 2007 war sie Mitglied. Entsandt wurde sie von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Der stellvertretende Rundfunkratsvorsitzende, Dieter Pienkny, übernimmt die Amtsgeschäfte vorerst kommissarisch. Die Legislaturperiode des ehrenamtlichen und unabhängigen Gremiums endet zu Jahresende. Der Rat setzt sich aus Vertretern verschiedener Organisationen, Institutionen, Verbänden und Politik zusammen. Er soll die Breite der Gesellschaft repräsentieren.

Der Rundfunkrat ist eines der Kontrollgremien in dem öffentlich-rechtlichen Sender, er hat die Programmarbeit im Blick. Das Gremium wählt auch den Intendanten. Am Montag hatten die Rundfunkratsmitglieder Schlesinger abberufen. Der Verwaltungsrat als zweites Kontrollgremium behandelt nun die konkrete Vertragsauflösung. Am Montag will er sich in Berlin treffen. Im Raum steht auch die Frage nach einer Abfindung für Schlesinger.

© dpa-infocom, dpa:220820-99-456394/6