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Pritzker-Preis für David Chipperfield

Design ist kein Selbstzweck, sagt David Chipperfield. Sein Anliegen ist, Möglichkeiten von Orten zu erschließen und ihre historische Bedeutung zu erhalten. Für seine Arbeit - oft in Deutschland - erhält er nun den Pritzker-Preis.

David Chipperfield
David Chipperfield erhält den diesjährigen Pritzker-Preis für Architektur. Foto: Bernd Von Jutrczenka
David Chipperfield erhält den diesjährigen Pritzker-Preis für Architektur.
Foto: Bernd Von Jutrczenka

Der Brite David Chipperfield erhält den diesjährigen Pritzker-Preis für Architektur. »Subtil und doch kraftvoll, gedämpft und doch elegant, ist er ein produktiver Architekt, der radikal in seiner Zurückhaltung ist und seine Ehrfurcht vor Geschichte und Kultur demonstriert«, teilte die Jury am Dienstag mit. Der Pritzker-Preis ist die renommierteste Auszeichnung der Architektur-Branche und mit 100 000 Dollar dotiert.

Chipperfield ist in Deutschland vor allem für die Sanierung der Neuen Nationalgalerie und den Wiederaufbau des Neuen Museums bekannt. Der 69-Jährige teilte mit: »Ich bin so überwältigt, diese außergewöhnliche Ehre zu erhalten und mit den früheren Empfängern verbunden zu sein, die alle so viel Inspiration für den Beruf gegeben haben«.

Neues Museum und Neue Nationalgalerie in Berlin

Vor allem mit der Neugestaltung der Berliner Museumsinsel und einem damit verbundenen sensiblen Umgang mit dem historischen Material machte sich Chipperfield einen Namen in Deutschland. 1997 gewann seine Firma in Zusammenarbeit mit Julian Harrap den internationalen Wettbewerb für den Wiederaufbau des Neuen Museums. Sein Bebauungsplan konzentrierte sich auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Gebäudes. Das Neue reflektiert das Verlorene, ohne es nachzuahmen.

2021 schloss der Architekt dann ein weiteres Großprojekt in Deutschland ab: die Sanierung der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Fünf Jahre lang hatte er mit seinem Team den ikonischen Bau von Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969) mit hochmodernen Mitteln in gewollt alten Stand versetzt.

Die staatlichen Museen in Berlin gehören zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Deren Präsident Hermann Parzinger gratulierte am Dienstag Chipperfield »sehr herzlich«, wie er mitteilte. »Er ist ein außergewöhnlicher Gesprächspartner, der die Debatten um seine Entwürfe immer ernst genommen hat, vermittelt hat, behutsam vorgeht, ohne von Grundideen komplett abzuweichen - und am Ende mit seinen Bauten immer überzeugen konnte.«

Der Brite hat viele weitere Museumsbauten entworfen, in Deutschland etwa auch den Neubau des Museums Folkwang in Essen. Chipperfield ist bekannt für seinen Pragmatismus. Ein gutes Beispiel ist das britische River and Rowing Museum. Es verbirgt sich mitten im Grünen am Ufer der Themse in der Stadt Henley. Tradition in Form von verwittertem Holz trifft dort auf Moderne.

Seine Karriere begann Chipperfield in den 70er Jahren. Er erhielt die Möglichkeit, in den Büros der Architektur-Stars Norman Foster und Richard Rogers zu arbeiten. 1984 machte er sich selbstständig - der Entwurf eines Ladens für den japanischen Modedesigner Issey Miyake brachte den Durchbruch, zuerst in Japan, dann in Europa. Später erhielt er das Bundesverdienstkreuz für seine Arbeit und wurde in den britischen Adelsstand erhoben.

»Design ist ein Werkzeug, das Dinge ermöglicht«

Der nächste Auftrag aus Deutschland wartet schon auf Chipperfield. Er soll für das Auswärtige Amt das frühere Goethe-Haus, ein repräsentatives Palais in Manhattan, für 20 Millionen Euro aus dem Dornröschenschlaf holen. Zu der Arbeit in New York sagte er: »Wir versuchen stets, nicht einfach eine formale Idee zu verfolgen. Design ist kein Selbstzweck. Design ist ein Werkzeug, das Dinge ermöglicht«. Es ginge nicht nur um wunderbare Räume und Fassaden, sondern um die Erschließung der Möglichkeiten des Objektes. Das sechsgeschossige Gebäude im Beaux-Arts-Stil mit hellgrauer Fassade und grünem Kupferdach steht an der Fifth Avenue im Herz von Manhattan gegenüber dem Metropolitan Museum.

Frühere Pritzker-Preisträger waren unter anderem Zaha Hadid, Rem Koolhaas, Norman Foster und Peter Zumthor. Vergangenes Jahr wurde der im westafrikanischen Burkina Faso geborene und in Berlin lebende Architekt Francis Kéré mit dem Preis geehrt.

© dpa-infocom, dpa:230307-99-863856/6