Tel Aviv (dpa) - Die Niederlande haben mit der Liebeskummerballade »Arcade« des Interpreten Duncan Laurence (25) den Eurovision Song Contest in Tel Aviv gewonnen. Deutschland landete mal wieder hinten.
Das Duo S!sters setzte mit Platz 24 die deutsche Misserfolgsserie fort, die nur im vergangenen Jahr unterbrochen wurde, als Michael Schulte überraschend auf Platz vier kam.
Der Auftritt von Laurita Spinelli aus Wiesbaden und Carlotta Truman aus Hannover hatte die Startnummer vier und ging bereits kurz vor 21.30 Uhr über die Bühne. Im Prinzip lief alles glatt, aber das beschauliche Lied konnte niemanden so recht begeistern.
Für die Niederlande ist es der fünfte Sieg bei dem Musikwettbewerb - zuletzt gewann das Land vor 44 Jahren. Auf Platz zwei kam Italien, auf Rang drei Russland. Den vierten Platz belegte die Schweiz mit Luca Hänni, der 2012 die RTL-Show »Deutschland sucht den Superstar« gewonnen hatte.
Der Eurovision Song Contest fand in Tel Aviv statt, weil die israelische Sängerin Netta Barzilai im vergangenen Jahr mit ihrem Song »Toy« gesiegt hatte. Wegen der jüngsten Gewalt im Nahen Osten gab es mehrere Aufrufe zum Boykott der Veranstaltung in Israel, keine der Delegationen sagte jedoch ihre Teilnahme ab. Rund 20.000 Polizisten waren während der ESC-Woche im Einsatz. Geschätzt waren wieder 200 Millionen TV-Zuschauer dabei.
Für Misstöne in der Show sorgte die isländische Musik- und Performance-Gruppe Hatari. Für Buhrufe in der Halle sorgte zwar nicht ihr Lied »Hatrið mun sigra« (Hass wird siegen), aber das Hochhalten von schal-artigen Bannern in den Farben der palästinensischen Flagge und mit der Aufschrift »Palestine« (Palästina) bei der Bekanntgabe ihres Punkteergebnisses.
26 Lieder konkurrierten beim Finale. Zum fünften Mal war das ferne Australien als Ehrengast dabei, weil es dort viele Fans der Show gibt. Der Auftritt von Kate Miller-Heidke mit dem Lied »Zero Gravitiy« im Opernstil gehörte zu den spektakulärsten - eine Performance auf einer schwankenden Stange in etwa fünf Metern Höhe erweckte die Illusion, sie schwebe schwerelos über der Erde.
Insgesamt nahmen am ESC in diesem Jahr 41 Länder teil. 15 Beiträge wurden in den beiden Semifinals aussortiert, darunter die Lieder aus Belgien, Polen, Portugal und Österreich.
Neben Deutschland sind als große Geldgeber automatisch Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien fürs Finale gesetzt, ebenso der Gastgeber, also diesmal Israel.
Deutschland hat bisher zweimal den ESC gewonnen: 2010 mit Lena (»Satellite«) und 1982 mit Nicole (»Ein bisschen Frieden«).
Die Zuschauer konnten wie immer über den Sieger mit abstimmen, jedoch nicht fürs eigene Land. Ihr Voting wurde ergänzt von Juroren.
In der Abstimmungspause traten zunächst frühere ESC-Gewinner wie Conchita Wurst (2014 Platz eins für Österreich) und der Schwede Måns Zelmerlöw (Sieger 2015) auf sowie Eurovisions-Stars wie Verka Serduchka (2007 Platz zwei für die Ukraine) und Eleni Foureira (2018 Platz zwei für Zypern). Sie sangen ESC-Hits, darunter auch den israelischen Gewinner-Hit von 1979, »Hallelujah«, mit Gali Atari.
Gegen 23.30 Uhr folgte dann der erste Teil des teuren Auftritts von Madonna. »Ihr seid alle Gewinner. Egal, was passiert«, sagte die Amerikanerin - mit Augenklappe links - an die Teilnehmer gewandt. Gegen Mitternacht sang die Popsängerin dann ziemlich schief ihren 30 Jahre alten Hit »Like A Prayer« sowie als Weltpremiere den neuen Song »Future«. Nach Angaben der britischen PR-Firma Number 10 strategies trug der israelisch-kanadische Geschäftsmann Sylvan Adams die Kosten für Madonnas Auftritt - schätzungsweise rund 1,15 Millionen Euro.
Während Madonnas eher düsterem Auftritt waren auf den Rücken von zwei Tänzern die israelische und die palästinensische Flagge zu sehen. Israel und die Palästinenser streiten seit Jahrzehnten um das Gebiet zwischen dem Mittelmeer und Jordanien. Die Europäische Rundfunkunion (EBU) als Veranstalterin betont immer wieder, dass der ESC unpolitisch sein solle.
2019 war die Punkteverkündung von Jurys und Publikum zum vierten Mal getrennt, zuerst wurden per Schalte in alle 41 Teilnehmerländer die Jurystimmen abgefragt, dann verlasen die Moderatoren die Zuschauervoten.
Von den europaweiten Fernsehzuschauern gab es null Punkte für den deutschen Beitrag, was Moderatorin Bar Refaeli beim Vorlesen leidtat: »I'm sorry«. Beim Jurydurchlauf waren nur 32 Punkte zusammengekommen.
Die Jury-Punkte aus Deutschland gab zum fünften Mal Barbara Schöneberger bekannt. Sie war live von der ESC-Party auf der Hamburger Reeperbahn zugeschaltet. Deutschlands Höchstpunktzahl der Jury ging nach Italien. Für die Zuschauer des Ersten kommentierte inzwischen zum 22. Mal der Musikjournalist Peter Urban (71) die Show. Den ESC gibt es seit 1956.