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Harald Schmidt gibt in Wien den Operettenkönig

Kann man noch Operette spielen? Nur mit etwas Abstand, lautet die Botschaft einer Neuinszenierung von »Die Dubarry« in Wien. Für die nötige Ironie sorgt ein deutscher TV-Profi.

Harald Schmidt
Harald Schmidt fühlt sich auf der Theaterbühne wohl. Foto: Rolf Vennenbernd
Harald Schmidt fühlt sich auf der Theaterbühne wohl.
Foto: Rolf Vennenbernd

Die neue Leitung der Wiener Volksoper hat für ihre erste Produktion auf die Entertainer-Qualitäten von Harald Schmidt und auf die Berliner Schnauze der Sopranistin Annette Dasch gesetzt. Die Premiere von »Die Dubarry« mit Dasch in der Titelpartie erntete am Samstagabend viel Applaus.

Schmidt machte in seiner kleinen, aber wichtigen Sprechrolle als König Ludwig XV. das, was er am besten kann: Die Schlüsselszene, in der Frankreichs Herrscher seine spätere Mätresse Dubarry erstmals in Versailles empfängt, legte er im Stil seiner früheren Late-Night-Shows an. »Da hisst auch das Regietheater die weiße Fahne«, witzelte Schmidt (65), nachdem er Dasch beziehungsweise die soziale Aufsteigerin Dubarry als Stargast interviewt hatte.

Mit ironischem Abstand

Schmidt passte somit genau in das Konzept des deutschen Regisseurs Jan Philipp Gloger, der »Die Dubarry« mit ironischem Abstand inszenierte. Dasch durchkreuzt mit ihrem komischen Talent immer wieder die Operettenseligkeit des Werkes, das 1879 von Carl Millöcker komponiert und in den 1920er Jahren von Theo Mackeben mit Schlagerklängen modernisiert wurde.

Als Lucian Krasznec als ihr erster Liebhaber Lavallery zu einer schmachtenden Arie ansetzt, versinkt Dasch vor Fremdscham fast im Boden, und als ihr später der höfische Handkuss beigebracht wird, schreit sie erschrocken: »Leck mir nicht die Hand, du perverse Sau!«

Vor der Premiere half Schmidt kräftig mit, die Werbetrommel für die Inszenierung zu rühren, mit der die neue Intendantin Lotte de Beer ihre erste Spielzeit eröffnete. Die 41-jährige niederländische Opernregisseurin hat sich zum Ziel gesetzt, mit intelligentem, aber dennoch populärem Musiktheater frischen Wind in die Volksoper zu bringen. »Ich werde für Produktionen engagiert, weil es dann 15 Interviewanfragen gibt«, sagte Schmidt der Tageszeitung »Kurier«. »So, wie ich an der Volksoper eingesetzt werde, ist es perfekt: Pressesprecher mit leichter künstlerischer Nebentätigkeit.«

»Ich werde gespielt von Johnny Depp!«

Auf der Bühne wies Schmidt im Rokoko-Kostüm darauf hin, dass derzeit ein Hollywood-Star ebenfalls als Ludwig XV. für eine Verfilmung des Dubarry-Stoffes vor der Kamera steht: »Soviel Eitelkeit muss sein: Ich werde gespielt von Johnny Depp!«

Für das anspruchsvolle Wiener Publikum reicht Blödeln aber nicht aus. Schmidt erntete zwar Lacher und am Ende einige Bravo-Rufe, doch größeren Jubel gab es für Daschs kräftigen Sopran und ihre Spielfreude, sowie für die quirlige Juliette Khalil als Dubarrys Freundin Margot, Marco Di Sapia als eleganten Grafen Dubarry und Krasznec als Kunstmaler Lavallery.

© dpa-infocom, dpa:220904-99-625383/4