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Europäischer Filmpreis geht an »Triangle of Sadness«

Beim Europäischen Filmpreis gewinnt »Triangle of Sadness« die meisten Auszeichnungen. Regisseur Ruben Östlund widmet seine Trophäe einem besonderen Menschen.

Europäischer Filmpreis
Schauspielerin Vicki Berlin (l-r), der schwedische Regisseur Ruben Östlund, Schauspieler Zlatko Buric und Schauspielerin Sunnyi Melles bei der Preisverleihung. Foto: Sebastian Gabsch
Schauspielerin Vicki Berlin (l-r), der schwedische Regisseur Ruben Östlund, Schauspieler Zlatko Buric und Schauspielerin Sunnyi Melles bei der Preisverleihung.
Foto: Sebastian Gabsch

Manchmal gibt es Kinoszenen, die man nicht mehr aus dem Gedächtnis bekommt. Die Satire »Triangle of Sadness« zeigt in langen Aufnahmen, wie sich reiche Menschen auf einem Kreuzfahrtschiff übergeben. Bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises hat die Produktion nun gleich vier Auszeichnungen gewonnen - so viele wie kein anderer Film. Regisseur Ruben Östlund bedankte sich am Samstagabend im isländischen Reykjavik.

Als der 48-Jährige den Regiepreis entgegennahm, sagte er, er wolle die Auszeichnung der Schauspielerin Charlbi Dean widmen. Sie spielt in dem Film eine modelnde Influencerin. Dean war im Sommer überraschend im Alter von 32 Jahren gestorben.

Der Film »Triangle of Sadness« erzählt von einer Luxuskreuzfahrt, die anders endet als gedacht. Die Geschichte setzt sich kritisch mit dem Kapitalismus und der modernen Gesellschaft auseinander. Und sie stellt die Frage, wie überlebensfähig viele Menschen wohl wären, wenn sie plötzlich ohne bisherige Privilegien auskommen müssten. Der Film hat in diesem Jahr bereits die Goldene Palme in Cannes gewonnen.

Die Europäische Filmakademie zeichnete die Produktion nun als besten Film aus. Preise gab es zudem für Regie, Drehbuch und Darsteller Zlatko Burić. Die Auszeichnung für die beste Schauspielerin ging an Vicky Krieps. Die Luxemburgerin wurde für ihre Rolle in »Corsage« geehrt - in dem Film der österreichischen Regisseurin Marie Kreutzer spielt sie Kaiserin Elisabeth, auch bekannt als Sisi.

Krieps war per Video zugeschaltet. Als ihr Name verkündet wurde, fasste sich die 39-Jährige kurz an die Stirn und die Kappe, die sie unter einem Kapuzenpullover trug. Sie sagte, sie habe keine gute Beziehung zu Auszeichnungen. »Ich möchte dies allen Frauen auf der ganzen Welt widmen, die gesehen und gehört werden müssen, die sich befreien und von diesen tiefen, tiefen Wunden heilen müssen, die wir seit Generationen tragen.« Sie müssten heilen, damit Männer und Frauen wieder zusammenkommen könnten.

Die Zeit der Frauen hat gerade erst begonnen

Die Kölner Schauspielerin Meltem Kaptan, die ebenfalls nominiert war, ging wie andere Kandidatinnen leer aus. Regisseurin Margarethe von Trotta (»Hannah Arendt«) wurde für ihr Lebenswerk geehrt. Im Saal standen Gäste auf und applaudierten für die deutsche Filmemacherin. Die 80-Jährige erinnerte daran, dass vor ihr erst zwei Regisseurinnen diese Auszeichnung bekommen hätten. Sie glaube, die Zeit der Frauen habe gerade erst begonnen.

Der Europäische Filmpreis zählt zu den renommiertesten Auszeichnungen der Branche. Die rund 4400 Mitglieder der Filmakademie konnten in einigen Kategorien über Preisträgerinnen und Preisträger abstimmen, ähnlich wie bei den Oscars in den USA.

Die Auszeichnung für den besten Dokumentarfilm ging an »Mariupolis 2« von Mantas Kvedaravičius. Der litauische Filmemacher war nach Angaben der Akademie nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs in die Ukraine zurückgekehrt, gefangen genommen und getötet worden. In Island nahm seine Tochter den Preis entgegen. Sie sagte, wie stolz sie auf ihn sei. In einer weiteren Kategorie wurden Filmproduzentinnen und Filmproduzenten in der Ukraine geehrt.

Lockeres Moderatorenduo

Der Europäische Filmpreis wird in der Regel abwechselnd in Berlin und einer anderen europäischen Stadt verliehen. Die Gastgeber in Island zeigten sich während der dreistündigen Verleihung oft selbstironisch. Das Moderatorenduo scherzte, wie schwer es sei, isländische Namen auszusprechen oder dass man sich Zeit bei der Dankesrede lassen solle. Wer brauche schon After-Show-Partys? Ihr Tipp, wie sich Nominierte verhalten sollen, wenn sie verlieren: »Fluchen Sie nicht! Es sind Kameras in der Nähe und die Menschen können Lippen lesen.«

Zwei Preise für »Im Westens nichts Neues«

Als beste Komödie wurde »Der perfekte Chef« mit Schauspieler Javier Bardem geehrt, auch wenn das Filmteam anmerkte, der Film sei doch eher ein Drama. Einige Gewinnerinnen und Gewinner standen bereits vorab fest - so gewann das Filmteam von »Im Westens nichts Neues« zwei Auszeichnungen, für die visuellen Effekte und das Maskenbild. Der Film, der für Deutschland ins Rennen um den Auslandsoscar gehen soll, war in den Hauptkategorien nicht nominiert.

Der Italiener Marco Bellocchio (»Exterior Night«) wurde für innovatives Storytelling ausgezeichnet, der palästinensische Regisseur Elia Suleiman (»Vom Gießen des Zitronenbaums«) für seine Verdienste um das Weltkino. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, schickte ein Video - ihr Programm European Green Deal erhielt einen Nachhaltigkeitspreis.

Für Ruben Östlund war es nicht der erste Europäische Filmpreis. Der Schwede hatte bereits 2017 mit »The Square« abgeräumt. Darin setzte er sich kritisch mit dem Kunstbetrieb auseinander und bekam dafür sogar noch mehr Preise. Sein aktueller Film »Triangle of Sadness« läuft in Deutschland seit Oktober im Kino.

© dpa-infocom, dpa:221210-99-857175/9