Peking (dpa) - Ein Treffen von Außenminister Heiko Maas mit Joshua Wong in Berlin genügte, um die lange gepriesenen deutsch-chinesischen Beziehungen auf einen Tiefpunkt fallen zu lassen. Der 22 Jahre alte Aktivist ist das »Gesicht der Demokratiebewegung« in Hongkong.
Am Tag nach seinem Treffen mit Maas Anfang September am Rande einer Veranstaltung im Dachgarten-Restaurant des Bundestags erklärte Wong der Bundespressekonferenz seine Mission: »Wir protestieren, bis wir eines Tages freie Wahlen haben. Wenn wir uns jetzt in einem neuen Kalten Krieg befinden, dann ist Hongkong das neue Berlin.«
Er ist ein mächtiger Wortführer der Protestbewegung in der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Schon als 13 Jahre alter Schüler zog Wong gegen Pläne für eine patriotische Erziehung an Hongkongs Schulen zu Felde. Hunderttausend folgten seinem Ruf. Die Regierung musste das Vorhaben aufgeben. 2014 wurde Wong als Anführer der »Regenschirmbewegung« für mehr Demokratie auch international bekannt. Schon dreimal kam Wong wegen seines politischen Engagements in Haft.
Wich der junge Protestführer im September in Berlin noch Journalistenfragen nach der Gewaltbereitschaft der Demonstranten aus, verteidigte Wong in einem Interview der »Süddeutschen Zeitung« jetzt auch gewaltsame Mittel: »Mit rein friedlichem Protest werden wir unser Ziel nicht erreichen«, sagte Wong. »Allein mit Gewalt allerdings auch nicht. Wir brauchen beides.« Er selber will heute nur die »Stimme der Demonstrierenden« sein.
Er ist Mitbegründer der Demosisto-Partei. Als Kandidat für die - zumindest bisher noch - für Sonntag geplante Wahl der Bezirksräte wurde Wong aber nicht zugelassen, weil ihm unterstellt wird, heimlich die Unabhängigkeit Hongkongs zu wollen. Den Vorwurf hatte Wong aber schon 2017 in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur als Schmutzkampagne abgetan: »Ich gehöre nicht zu denen, die für eine Unabhängigkeit eintreten, aber wir müssen die Meinungsfreiheit schützen, so dass auch eine Diskussion darüber erlaubt sein muss.«
Nach der Eskalation der vergangenen Tage appellierte Wong über die »Bild«-Zeitung an die Deutschen und alle Europäer, den politischen Druck zu erhöhen: »Es reicht nicht mehr aus, dieses brutale Vorgehen zu verurteilen, das sich live vor unseren Augen abspielt.« Die EU-Länder sollten Sanktionen verhängen. An die Deutschen, die Peking ohnehin gerade »ins diplomatische Tiefkühlfach« gepackt hat, wie Experten sagen, hat Wong eine eigene Botschaft: »Deutschland sollte die wirtschaftlichen Vereinbarungen mit einem rücksichtslosen Regime überdenken, das sich nie an die Regeln hält.«