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Rätselraten mit Seehofer

Die CSU setzt auf zwei Dinge: dass Horst Seehofer nicht nur als Parteichef geht, sondern anschließend auch als Innenminister - selbst wenn er das öffentlich nicht sagen will. Oder kommt alles anders?

Horst Seehofer
Ortstermin: Horst Seehofer, noch CSU-Chef und Bundesinnenminister, lässt sich ein neues Fahndungs- und Kompetenzzentrums der Polizei zeigen. Foto: Monika Skolimowska
Ortstermin: Horst Seehofer, noch CSU-Chef und Bundesinnenminister, lässt sich ein neues Fahndungs- und Kompetenzzentrums der Polizei zeigen. Foto: Monika Skolimowska

MÜNCHEN. Ganz am Ende setzt Horst Seehofer sein bekanntes schelmisches Lächeln auf. »War das klar genug?«, fragt er und nickt den Journalisten im sächsischen Bautzen zu.

Der CSU-Chef und Bundesinnenminister ist am Montag gekommen, um ein Fahndungs- und Kompetenzzentrum der Polizei zu eröffnen - und das, obwohl er mit seiner Rückzugsankündigung die bundesweiten Schlagzeilen beherrscht. Ein paar Sätze will er dazu nun auch sagen, »zur Klarstellung«.

»Ich werde das Amt des Parteivorsitzenden der CSU niederlegen. Diese Entscheidung steht fest«, bestätigt er zum einen. Wann genau, das werde »im Lauf dieser Woche der Öffentlichkeit mitgeteilt«. »Der Wechsel gehört zum Leben, auch für mich«, sagt der 69-Jährige, um dann allerdings weitere Sätze hinzuzufügen, die in Teilen der CSU schon wieder für neue Unruhe sorgen. »Völlig unberührt davon ist mein Amt als Bundesinnenminister, und das bleibt es auch«, betont Seehofer. »Ich bin Bundesinnenminister und werde das Amt weiter ausüben.«

Wie bitte? So fragen angesichts der Meldungen aus Bautzen am Montag viele in der CSU. Hat Seehofer nicht am Vorabend in einer internen Sitzung seinen Rücktritt angekündigt - und zwar von beiden Ämtern?

Fakt ist, dass Seehofers Rücktritt als CSU-Chef quasi unmittelbar bevorsteht. Anfang 2019 soll es einen Sonderparteitag geben, auf dem ein Nachfolger gewählt wird - voraussichtlich Markus Söder. Den genauen Zeitplan will Seehofer selbst mitteilen, so wurde es in Beratungen der engsten CSU-Spitze am Sonntagabend besprochen. Zu groß war der interne Druck auf Seehofer, den Vorsitz endlich abzugeben.

Seehofer macht in dieser internen Runde aber deutlich, dass er auch als Bundesinnenminister aufhören will, wie mehrere Teilnehmer nach seinen Äußerungen vom Montag noch einmal bestätigen. Zwar nennt er keinen Zeitpunkt, macht aber klar, dass er ohne den Parteivorsitz auch nicht lange Minister bleiben will. »Das war am Sonntagabend ganz klar«, betont einer aus der engsten Parteispitze. Seehofer sprach nach Teilnehmerangaben ja schon davon, dass sich der neue CSU-Chef um die Neuaufstellung der CSU in Berlin kümmern müsse.

Die Frage also ist: Tritt Seehofer am Montag wieder einmal von einem Rücktritt zurück, jedenfalls teilweise? Wie schon im Sommer, im Streit mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Asylpolitik? »Bei ihm weiß man nie«, sagt ein CSU-Vorstandsmitglied. Zu oft schon hat Seehofer mit seinen Volten Partei und Öffentlichkeit überrascht.

Während die einen also am Montag den Kopf schütteln oder nur mühsam ihren Zorn hinunterschlucken können, wird in der Partei auch darauf hingewiesen, dass Seehofer genau so handeln müsse - weil er ja bis ins neue Jahr hinein im Amt bleiben will, als Minister noch länger als als CSU-Chef. Wolle der 69-Jährige nicht komplett eine »Lame Duck« sein, dürfe er öffentlich beim Innenministerposten nicht wackeln.

Wie brisant das ist, zeigen Forderungen nach einem sofortigen Abgang. »Jeder Tag, den Horst Seehofer weiter Innenminister bleibt, ist ein Tag zu viel«, sagt Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dem Berliner »Tagesspiegel«. Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) meint in der »Rheinischen Post« (Dienstag): »Es ist nicht souverän, Zeit zu schinden und noch einige Monate im Amt zu bleiben.«

Klar ist, dass Seehofer den Zeitpunkt seines Abgangs als Minister selbst bestimmen will. Da ist er in der eigentlich komfortablen Lage, dass es in der CSU niemanden gibt, der als natürlicher Nachfolger gilt. In der Union insgesamt fällt eigentlich nur der Name Alexander Dobrindt - doch der will dem Vernehmen nach Landesgruppenchef bleiben. Und Joachim Herrmann ist lieber Innenminister in Bayern.

Stephan Mayer, als Seehofers Staatssekretär qua Amt eigentlich prädestiniert, scheidet nach verbreiteter Ansicht in der CSU für ein solches Riesen-Ministerium aus - zumal er dort keinen glücklichen Start hatte. Auch über einen möglichen Tausch von Ministerien zwischen CDU und CSU wird in Berlin schon gemunkelt.

FDP-Fraktionsvize und -Innenexperte Stephan Thomae glaubt, »dass Seehofer nicht gehen will, solange nicht klar ist, wann Angela Merkel als Kanzlerin aufhört«. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, konstatiert ebenfalls: »Die Lage ist derzeit etwas unübersichtlich, ob und wie lange Horst Seehofer sein Amt als Bundesinnenminister wahrnehmen will.« SPD-Chefin Andrea Nahles gibt sich bei »Anne Will« jedoch gelassen: »Wir schauen mal, wer kommt.«

Die Frage, die sich viele in der CSU stellen, ist aber ohnehin, ob es einen Ministerrücktritt Seehofers im kommenden Jahr überhaupt noch braucht. Oder ob die Bundesregierung nicht vorher am Ende sein könnte. Mit Spannung blicken die Christsozialen erst einmal auf die CDU, wo die Kanzlerin im Amt bleiben will, aber im Dezember ein neuer Parteichef gewählt werden soll. Ob das auf Dauer so funktioniert? Da soll es CSU-intern durchaus große Zweifel geben.

Und selbst wenn es in der CDU funktionieren sollte, lässt das noch keine Rückschlüsse auf die CSU zu: Es gilt in der Partei weithin als unvorstellbar, dass Seehofer sich dauerhaft in eine Abhängigkeit nicht nur von der Kanzlerin, sondern zusätzlich auch von Markus Söder begeben könnte. Der Ministerpräsident dürfte bald der große starke Mann der CSU sein. Seit Sonntagabend steht fest: Seehofers Tage sind gezählt - bald. (dpa)