METZINGEN/STUTTGART. Erst Fußballprofi, dann Astronaut – das war der Plan von Marvin Pieringer als Dreijähriger. Zumindest die erste Hälfte hat der Metzinger mittlerweile erfüllt: Als Stammspieler des 1. FC Heidenheim hat der 25-Jährige nicht nur in der Bundesliga Fuß gefasst, sondern auch internationale Erfahrung in der Conference League gesammelt. Doch der Weg dorthin war alles andere als geradlinig – so ungewöhnlich, dass der SWR den Stürmer in die Sendung »Sport im Dritten« einlud, um mit ihm und alten Weggefährten auf Spurensuche zu gehen.
In der B-Jugend des SSV Reutlingen drohte Pieringer noch ausgemustert zu werden. Doch er biss sich durch – und das zahlte sich aus. Mit 18 Jahren verhalf ihm der damalige Co-Trainer des Oberligisten zum ersten Durchbruch. »Wir haben den Tipp bekommen, dass es in der A-Jugend einen talentierten Stürmer gibt«, erinnert sich Volker Grimminger in einem Einspieler des SWR. »Wir haben ihn uns im Training angeschaut und gesehen, dass er ein absolutes Monster ist. Er war emotional, präsent und er hat geliefert.« Mit sechs Toren in 20 Ligaspielen zog Pieringer die Aufmerksamkeit des SC Freiburg auf sich und wechselte 2018 in deren zweite Mannschaft.
Marvin Pieringer schätzt die Nähe zur Heimat in Metzingen
»Er ist ein toller Junge, der sehr akribisch gearbeitet hat«, sagt Julian Schuster. Der heutige Cheftrainer der Freiburger war damals ein sogenannter Verbindungstrainer zwischen dem Bundesligateam und der Reserve und hat die Entwicklung von Pieringer aufmerksam verfolgt. »Er hat sich selbst Zeit gegeben, Schritt für Schritt besser zu werden und alles aus sich herauszuholen. Mich freut's total, dass er in der Bundesliga angekommen ist.« Nach 21 Toren in 60 Regionalligaspielen nahm der Metzinger Umwege über die Zweitligisten Würzburger Kickers, Schalke 04 und SC Paderborn - bis er schließlich 2023 in der Bundesliga bei Heidenheim landete.
»Ohne diese ganzen Stationen wäre ich sicherlich nicht da, wo ich heute bin«, reflektiert Pieringer. »Ich konnte überall etwas für mich mitnehmen.« Auf der Ostalb habe er zwar »ein paar Monate gebraucht, um mich zurechtzufinden«, doch mittlerweile fühle er sich sehr wohl: »Ich bin auf jeden Fall angekommen.«
Einen großen Beitrag dazu leistet die Nähe zu seiner Heimat: »Ich brauche nicht lange bis zu meinen Eltern und habe hier auch noch meine Freunde von früher. Das ist ein riesiger Pluspunkt.« Im Studio erreichte Pieringer zudem eine Videobotschaft aus der Heimat. »Ich freue mich sehr, was du bisher erreicht hast. Mach weiter so, Junge«, sagte Hassan Uslu, sein U19-Trainer in Reutlingen. Pieringer zeigte sich sichtlich gerührt: »Es ist schön, so viele bekannte Gesichter zu sehen.«
Besonders froh ist der Stürmer darüber, dass er nicht den typischen Weg über ein Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) eines Profi-Clubs gegangen ist. »Ich wäre nicht der Typ gewesen, mit 14 oder 15 von zu Hause wegzugehen. Ich bin glücklich, dass ich meine Jugend mit meinen Freunden verbringen konnte.« Der selbsternannte »Spätstarter« hat es auch ohne diesen Weg bis zum Stammspieler in der Bundesliga geschafft.
In der aktuellen Saison ist Pieringer mit vier Toren und drei Vorlagen der Topscorer der Heidenheimer. »Ich habe die Runde sehr gut angefangen«, sagt er. Doch im November bremste ihn eine Verletzung am Sprunggelenk aus. Nach einer zweiwöchigen Pause habe er Zeit gebraucht, um wieder in Form zu kommen: »Ich hinke meinen Erwartungen noch hinterher. Ich hatte erwartet, dass es direkt so weitergeht, wie es aufgehört hat.« Die Schuld dafür sucht Pieringer jedoch nicht bei seiner Mannschaft, die nach zehn Niederlagen in den vergangenen zwölf Ligaspielen auf Relegationsplatz 16 abgerutscht ist. »Ich suche die Fehler immer bei mir. Ich bin mit mir selbst am härtesten.«
Tim Kleindienst, Nationalspieler bei Borussia Mönchengladbach und ehemaliger Mitspieler, traut »Piere« zu, die Heidenheimer aus dem Tabellenkeller zu hieven: »Ich hoffe, dass er noch einmal einen Flow kriegt, ein paar Tore macht und so die Mannschaft ein bisschen tragen kann.« Auch Pieringer selbst ist optimistisch: »Wir glauben alle daran, dass wir es schaffen können.«
Ein kleines Erfolgserlebnis nahm der Stürmer bereits aus dem SWR-Studio mit: In einem Duell an der Dartscheibe gegen einen Zuschauer setzte er sich knapp durch. (GEA)