Logo
Aktuell Sport

75 Prozent der Verbände laut DOSB gefährdet

Dem organisierten Sport droht als Folge der Corona-Krise ein Milliarden-Schaden. Dies geht aus einer vom DOSB in Auftrag gegebenen Studie hervor. Es brennt an allen Ecken: Topligen im Basketball, Handball oder Eishockey hoffen auf Nothilfe vom Bund.

Alfons Hörmann
DOSB-Präsident Alfons Hörmann: Vereine brauchen Unterstützung. Foto: Christoph Soeder/dpa
DOSB-Präsident Alfons Hörmann: Vereine brauchen Unterstützung. Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN. Der Deutsche Olympische Sportbund schlägt Alarm. Die Dachorganisation sieht die Mehrzahl der Vereine und Verbände in akuter Gefahr und zeichnet für den Fall ausbleibender Nothilfe des Bundes ein Bild des Schreckens.

»Ich bin überzeugt, dass wir in wenigen Monaten Szenarien diskutieren, die wenig lustig sind, wenn keine Hilfe kommt«, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann nach einer Befragung im Sportausschuss des Bundestages. Ohne Wettkämpfe und ohne Geld vom Bund werde »Sportdeutschland im kommenden Jahr nicht mehr wiederzuerkennen sein«.

Die von ihm prophezeite Katastrophe würde alle Bereiche des Sports betreffen - von den Vereinen und Verbänden bis hin zu Athleten, Trainern, Veranstaltern oder Profiligen. Um dies mit Zahlen und Fakten zu untermauern, präsentierte Hörmann am Mittwoch im Sportausschuss die Ergebnisse einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte, die die nationalen Verbände und Landessportbünde nach zu erwartenden Schäden durch die Coronavirus-Pandemie befragt hat. Fazit: Die Schäden im organisierten Sport werden Milliardenhöhe erreichen.

Grundlage für diese Hochrechnung sind die Prognosen von den vier Landessportbünden in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin und Sachsen-Anhalt. Daraus ermittelte Deloitte eine durchschnittliche Schadenshöhe pro Verein von 12.000 Euro, die multipliziert mit den 90.000 Vereinen unter dem DOSB-Dach mehr als eine Milliarde Euro ergibt.

Die Sportausschussvorsitzende hat mit dieser Kalkulation einige Probleme. »Für mich persönlich sind da diverse Fragen offen geblieben, vor allem nach der wissenschaftlichen Belastbarkeit der vom DOSB angestellten Hochrechnungen«, sagte Dagmar Freitag. Außerdem sei den Ausschussmitgliedern erst kurz vor der Sitzung eine bewertende Stellungnahme zur Studie vom DOSB zugeleitet worden.

Ärgerlich fand die SPD-Politikerin zudem, dass Nachfragen aus dem Ausschuss von Hörmann abgebügelt worden seien, »mit der Aufforderung, doch das Gegenteil zu beweisen«. Dies sei für eine sachliche Auseinandersetzung mit der Problematik im Sinne der Sache nicht dienlich gewesen. Freitag: »Nachfragen von Parlamentariern zu Forderungen in Milliardenhöhe sind deren Pflicht und keine Zumutung.«

Bei der Deloitte-Befragung nach den Auswirkungen der Pandemie, an der sich 60 von 112 Mitgliedsorganisationen des DOSB beteiligten, zeigte sich, dass die Spitzenverbände mit dem größten Schaden rechnen. Falls das Sporttreiben - inklusive Wettkämpfe - vollumfänglich ab den dritten Quartal 2020 wieder möglich wäre, würden demnach die Ausfälle bei rund 145 Millionen Euro liegen. Wenn es eingeschränkt weiter ginge, läge der Schaden sogar bei 197 Millionen Euro. Mit Blick auf die Olympischen Spielen 2021 in Tokio ist das besorgniserregend.

Düster würde es aussehen, wenn es in diesem Jahr keine Wettkämpfe mehr gäbe. »In diesem Fall gehen nur ein Viertel der Verbände und Organisationen auf nationaler Ebene davon aus, dann ungefährdet ins neue Jahr zu kommen«, betonte Hörmann. Er hält es für eher nicht realistisch, dass es im laufenden Jahr und im kommenden Winter wieder Sportveranstaltungen gibt. »Aus heutiger Sicht muss man da eher ein Fragezeichen setzen.«

Auch die Lage der Vereine in den Profiligen im Handball, Basketball, Volleyball, Eishockey und den Frauenfußball-Bundesligen ist prekär. Darüber herrschte im Sportausschuss Einigkeit. »Es steht für mich außer Frage, dass wir den Teamsportarten außerhalb des Fußballs im professionellen und semi-professionellen Bereich als Überbrückung während der Corona bedingten Einschränkungen helfen müssen«, befand Freitag.

Ausschusskollegen Frank Steffel, Initiator für die Unterstützung dieser Clubs, hat den Koalitionsausschuss vor der Sitzung am Dienstag aufgefordert, eine Härtefallhilfe zu gewähren. »Ich erwarte jetzt vom Koalitionsausschuss, dass er nicht nur Autokonzerne, Fluggesellschaften und der Kultur hilft, sondern diesen wichtigen Teil der Gesellschaft, der Millionen von Menschen jedes Wochenende begeistert, nicht vergisst«, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wolle diese Initiative unterstützen und sich im Koalitionsausschusses für eine finanzielle Hilfe einsetzen, hieß es.

Steffel veranschlagt für eine Nothilfe der 281 Proficlubs rund 200 Millionen Euro. Ohne die Unterstützung drohten zahlreiche Insolvenzen. Da die Einnahmen zu 60 bis 90 Prozent in den Arenen durch Zuschauer und Sponsoren erzielt werden, würden diese wegen des Veranstaltungsverbots voraussichtlich noch Monate wegfallen - und Geisterspiele wären wegen fehlender TV-Gelder keine Lösung.

»Die Probleme der kommenden Saison durch Saisonabbrüche und Insolvenzen und Rückzug von Teams sollte sich die Politik im Wahljahr 2020 ersparen«, sagte Steffel. »Das wird zu Wahlergebnissen führen, die die jetzige Regierung nicht erfreuen würden und die jetzige Mitte wird dadurch eher geschwächt. Da bin ich mir sehr sicher.« (dpa)

DOSB-Mitteilung